Religiöse Kunst
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Andacht anlässlich der Ausstellung zu Lisl und Hans Kreuz
vor der Madonna beider Künstler im Haus der bayerischen Landwirtschaft am 22. September 2019 in Herrsching
Religiöse Kunst
Haben Sie auch so ein Handy? Praktische Sache – schnell mal ein Foto, Klick, das war´s schon – und dann kann der Schnappschuss auch gleich weitergepostet werden. Oder auch gelöscht. Macht nichts.
Früher hat man anders fotografiert. Den Film musste man noch zum Entwickeln bringen und die Bilder wurden sorgsam eingeklebt, einem Fotoalbum anvertraut. Erinnerungen fürs Leben.
Heute leben wir in anderen Zeiten. Wir erleben eine wahre Bilderflut. Welche Bilder entwickeln dabei noch Kraft, prägen sich ein? Schließen Sie an dieser Stelle ruhig einmal die Augen. Und suchen Sie die Bilder Ihrer Seele auf. Welche Augenblicke haben sich in Ihnen so eingeprägt, dass Sie sie jetzt mit Ihrem inneren Auge schauen und betrachten können…
Und dann sage ich nur ein Wort: „Maria“.
Marienbilder
Maria hat sich sichtbar und spürbar eingeprägt in unserer Seele. Ist das nicht bemerkenswert! Obwohl wir doch mit keinem Wort erfahren, wie sie ausgesehen haben mag. Was sich uns dabei eingeprägt hat, ist eben nicht so sehr das Äußere Mariens, sondern vielmehr ihr Inneres, ihr Wesen.
Marienbilder sind Seelenbilder fürs Leben, die uns der Glaube ins Herz legt. Damit wir sie bewahren – weil sie uns gut tun.
Wir stehen vor einem Marienbild. Wie kommen wir dazu? Dürfen wir uns Bilder machen? Die Frage stellt sich berechtigtermaßen im Glauben an einen Gott, der ja in unsichtbarem Licht wohnt.
Es gab Zeiten des Bilderverbotes und Zeiten der Bilderstürmerei.
Sie alle hatten sich entladen aus dem Unbehagen, wie wir Menschen eigentlich dazu kommen, uns Glaubens-Bilder zu machen. Der jüdische Glaube hatte sich stets vehement gewehrt gegen Götterbilder, die in der heidnischen Umwelt geradezu inflationär gestaltet wurden.
So einfach dürfen wir uns also kein Bild machen. Und doch: Gott, der in unzugänglichem Licht wohnt, hat sich sichtbar gemacht. Das Licht war in der Welt. Und der Logos ist Fleisch geworden. Diese Mitteilung ist das Neue des Neuen Testaments. Und wurde so auch zu einem Auftrag an die Kunst.
Aber wie kann dieser Auftrag umgesetzt werden? Maria kann uns weiterhelfen. Sie war es doch, die dem unsichtbaren Logos Leib und Gestalt gegeben hat. Das ist ein Bekenntnis unseres Glaubens: „das Wort hat Fleisch angenommen durch die Jungfrau Maria“ – „empfangen durch den Heiligen Geist“.
Maria empfing – vom Heiligen Geist. Es war –und das bleibt wichtig- nichts zu machen. Es dreht sich vielmehr alles um Empfänglichkeit. In Maria begegnen wir dem Wesen des Menschen, so wie es von Gott her gedacht ist.
Die Berührung mit der unsichtbaren Welt Gottes beantwortet Maria nicht mit einem schnellen „Ja“. Sie dachte vielmehr darüber nach. Maria- ein Mensch der Betrachtung. Immer wieder hören wir von ihr, dass sie in Ihrem Herzen bewahrte und darüber nachdachte. Dieses innere Empfangen macht erst fruchtbar. Der große Mystiker Meister Eckart sagt: „Hätte Maria nicht zuerst Gottes Sohn geistlich in ihrer Seele geboren, er wäre leiblich nie von ihr geboren worden.“ Und sie spricht sie ihr „Fiat“ – „Mir geschehe“. Nicht: „ich mache“.
Empfänglichkeit ist die Bedingung der Möglichkeit religiöser Kunst. Denn religiöse Kunst ist nicht „machbar“, nicht reproduzierbar. Kunst ist auch mehr als Abbildung. Kunst will ausdrücken. Dazu braucht es aber zunächst und vor allem geistiger, geistlicher Eindrücke, die sich einprägen. Der Künstler ist somit zunächst einmal Betrachter. Betrachtung braucht Zeit am besten Gebetszeit. Der „homo orans“, der „betende Mensch“ ist schließlich der wahrhaft Gottempfängliche. Nicht der „homo faber“, der Macher. Kreativität setzt immer Sensibiltät voraus. Sprechen wir hier bewusst von Inspiration, auf die sich jede Form der Kunst berufen können muss. Die religiöse Kunst ganz besonders.
Glaubensbilder sind wesentlich
Damit wird klar, dass Glaubens-Bilder nicht von außen kommen, sondern Ausdruck dessen sind, was zuinnerst ist. Und damit wesentlich. Jesus selbst hat Bilder gemalt. Die aber nicht am Äußerlichen der Darstellung hängen. Nicht plakativ und dekorativ sind sie, sondern wesentlich. Gerade die Johanneischen Bilder stehen dafür: „Ich bin der Weg, Ich bin die Tür, ich bin der Weinstock, Ich bin das Brot des Lebens, ich bin der gute Hirt.“
Es geht nicht um das Bild an sich, sondern um das Wesentliche für mich, das in ihnen zum Ausdruck kommt. Jesus malt Seelenbilder, die tief blicken lassen in das Wesen seines Seins. In den Bildern Jesu offenbart sich das Sein des Menschen im Dasein Gottes.
So kann es für den religiösen Künstler die Kunst nur geben, wenn er sich einlebt in das Dasein Gottes. Gott erlebt. Damit hat jede religiöse Kunst auch einen expressionistischen Anspruch: Den der expressionistische Maler Dawid Burljuk einmal so formuliert hat: „Leben wird durch das Prisma des Erlebens zum schöpferischen Leben des Lebens.“ Kunst ist nie künstlich.
Seine schöpferische Kraft wird der Glaube -auch in der Kunst- erst entwickeln, wenn wir den Glauben erleben. Nicht nur in Wort und Schrift. Sondern mitten im Leben. Das Leben ist immer auch der beste Glaubensbeweis. Auch und gerade im Schaffen des religiösen Künstlers. Was sich dem Künstlern lebendig eingeprägt hat, das allein kann er glaubhaft ausdrücken.
Prägende Kunst
Das so anrührende Herrschinger Christkind konnte nur erschaffen werden, von einem, der sich wie Hans Kreuz, der sich in das Geheimnis der Menschwerdung hineingekniet hat. Und so auf Augenhöhe mit dem heruntergekommenen Gott und den Pulsschlag seiner Liebe gespürt.
Der so eindrückliche Kreuzweg in der Herrschinger Kirche verdanken wir eigentlich gekreuzigten Christus, der sich in die Seele von Han Kreuz eingeprägt hat. Der selbst auch Stationen des Kreuzes im Leben durchlebt und durchlitten hat. Aber eben mit ihm.
Diesem Eindruck gilt es dann Ausdruck zu verleihen. Nicht äußerlich sondern innerlich. Eben so, dass sich der Ausdruck in der Betrachtung neuerlich einprägen kann. Darin offenbart sich die innere Kraft sakraler Bilder: Der Betrachter wird von dem Bild eingeladen und die Betrachtung führt ihn vom Äußeren des Bildes zum Inneren seines Wesens.
Die sakrale Kunst, die wir Hans uns Lisl Kreuz verdanken, vermag das. Weil sie aus einem Leben aus dem Glauben glaubhaft erwachsen ist. Die prägende Kraft sakraler Kunst findet sich erst dort wirklich bestätigt, wo sie das Leben des Künstlers zuvor geprägt hat. Auf die Hochzeitskarte hatte Hans Kreuz seiner Frau geschrieben: „Ohne Gottes Wille können wir nichts vollbringen, erst aus seiner Gnadenfülle kann unser Tun gelingen.“
Der Begriff des Gnadenbildes kommt damit nicht von ungefähr. Er zeigt, dass dem sakralen Bild eine Kraft innewohnt. Weil es eben nicht von Menschenhand gemacht, sondern mit Gott erschaffen ist. Hier entwickelt sich dann eine Prägekraft, die wirksam wird:
Ein Christuskind, das mir hilft, ein wenig mehr geboren zu werden.
Das Bildnis der Jungfrau, die uns gewinnen will, für Gott empfänglich zu bleiben.
Eine Muttergottes, mit all ihrer guten Hoffnung.
In einem gekreuzigten Christus, der spürbar hilft, das eigene Kreuz anzunehmen.
In einer Pieta, die wirklich tröstet.