Die Logik von Krieg und Frieden
Die Logik von Krieg und Frieden
Gedanken zum Volkstrauertag 2019
Zu Beginn
Wer mit Menschen zusammentrifft, die Krieg erleben mussten, wird nicht viel zu hören bekommen. Nicht wenige schweigen ganz. Weil sie wissen, dass die Grauen des Krieges sich nicht in Worte fassen lassen. Darum wollen wir zu Beginn dieses Gottesdienstes Schweigen. Vielleicht muss unsere Gesellschaft das wieder neu einüben, das Schweigen. Der Schweizer Arzt und Kulturphilosoph Max Picard hat einmal konstatiert: „Nichts hat so sehr das Wesen der Menschen verändert als der Verlust des Schweigens.“
Halten wir darum eine Schweigeminute für im Gedenken der unzähligen Opfer der Kriege und Gewalt und öffnen wir zugleich unser Herz für den Frieden Christi, den die Welt nicht geben kann.
Achte drauf!
„Achte auf deine Gedanken, denn sie sie werden zu Worten.
Achte auf deine Worte, denn sie werden zu Taten.
Achte auf deine Taten, denn sie werden zu Gewohnheiten.
Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden zu deinem Charakter.
Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.“
Zu dieser folgerichtigen Einsicht Konsequenz kommt der jüdische Talmud. Und wir können dazu nur Ja und Amen sagen: „So isch es!“ – und nicht anders. Denn eines ist wohl allen klar: nichts kommt von ungefähr. Es hat schon alles seinen Grund.
Nichts kommt also von ungefähr
In meinen Augen handelt es sich hierbei um einen idealen Leitfaden zur Gewissenserforschung. Ganz persönlich, aber auch gemeinsam im Blick auf das, was wir heute bedenken: „Krieg und Frieden“ in unserem Land und weltweit. Denn was am Ende herauskommt: Krieg oder Frieden, hängt und fängt an mit den Gedanken. Wir erinnern uns: Am Anfang von Krieg und Terror stand immer ein Gedanke… der kommunistischen Gleichmacherei eines Karl Marx, der kaltblütigen Machtphantasien eines Joseph Stalin oder des völkischen Rassenwahns eines Adolf Hitler. Und auch beim IS steht ein Gedanke am Anfang: die Errichtung eines eigenständigen Kalifats. Auch hier gibt es einen Vater des Gedankens: Abu Bakr al-Baghdadi.
Gedanken werden zu Worten in Schriften vom „Kapital“ eines Marx bis hin zu „Mein Kampf“ eines Hitler. Mit Pamphleten und Propaganda werden dann die Massen mobilisiert zu Versammlungen und Aufmärschen. Und irgendwann folgen den Worten dann auch die ersten Taten: Übergriffe, Anschläge… Mit der Zeit entwickelt sich ein System der Unterdrückung heraus. Und keiner kann mehr aus. Daran kann man sich auch gewöhnen, zwangs-läufig. Aus Taten werden Gewohnheiten. Selbst das Unrechtsregime der SED-Diktatur wird 30 Jahre nach dem Fall der innerdeutschen Mauer noch heute von manchen verklärt. Und auch der Nationalsozialismus hat sich mit der Zeit hineingefressen in die Köpfe der Menschen damals – und wabert heute wieder rum. Eine Frage des kollektiven Charakters, des roten, braunen oder wie im Falle des IS schwarzen. Aus diesem menschenverachtenden Charakter ergab sich dann auch ihr Schicksal- der Untergang. Am Ende sind alle ideologischen Unrechtsregime gnadenlos gescheitert. Aber bis dahin haben sie so viele Unschuldige in den Abgrund gerissen. Erst vor 3 Wochen konnte auch Abu Bakr al-Baghdadi gestellt werden…
Und wo kann man nun ansetzen? Am sinnvollsten bei den Gedanken. Jedes ungute Gedankengut war schon immer ein gefährlicher Sprengstoff. Gedanken mit Sprengkraft finden sich mehr und mehr im Internet: Hetze, Verleumdung und offene Drohung. Wer das mit Verweis auf die Meinungsfreiheit durchgehen lässt, handelt fahrlässig. Denn hier sind aus Gedanken schon Worte geworden! Wehret den Anfängen!
Dass es dann auch zu Ausschreitungen kommt, tätlichen Angriffen von rechts und links, oder zu Vergewaltigung und Mordanschlägen von Islamisten, kann nicht wirklich überraschen. Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, weder an nationalvölkische Aufmärsche noch an islamistische Anschläge.
Konkrete Ansatzpunkte
Ein konkretes Signal in die richtige Richtung war für mich unlängst das öffentliche Gelöbnis der Bundeswehr vor dem Berliner Reichstag. Wir brauchen eine wehrhafte Demokratie. Dazu gehören gut ausgestattete Sicherheitskräfte, eine handlungsfähige Justiz und auch eine verteidigungsbereite Bundeswehr. Die sich einem klaren Wertebewusstsein verpflichtet weiß und der Gerechtigkeit und dem Frieden dient.
Zunächst ist dies ein Dienst in und für unser deutsches Vaterland. Aber der Auftrag darf nicht an den Grenzen Deutschlands enden. Denn die Herausforderungen und Bedrohungen Deutschlands haben ihre Ursprünge mittlerweile ganz woanders. Darum ist der Verteidigungsauftrag der Bundeswehr auch mit einem internationalen Mandat zu verbinden. In der Vergangenheit haben wir uns zu sehr auf das Einspringen anderer, allen voran der USA, verlassen. Wir können die Hände nicht mehr einfach in den Schoß legen.
Und auch mit Worten allein ist es nicht getan. Die Verlautbarungen der EU Außenminister zum völkerrechtswidrigen Einmarsch in Nordsyrien sind gewiss richtig, aber sie bleiben ohne Folgen. Und dem türkischen Außenminister Cavusoglu kann der Deutsche Außenminister noch so oft um den Hals fallen. Die Grenze nach Nordsyrien war zu diesem Zeitpunkt völkerrechtswidrig schon längst überschritten. Zur Zeit schickt die Türkei IS Kämpfer und Sympathisanten ungeordnet auch nach Deutschland zurück…
Christliches Denken, Reden und Tun…
Reden wir aber nicht über andere: Eines ist klar, auch wir Christen müssen in die Offensive. Mit den Gedanken, Worten und Werken, die uns Jesus Christus und unser christlicher Glaube zur Verfügung stellt. Erinnern wir uns aktiv an seine Agenda: „Frieden hinterlasse ich euch. Meinen Frieden gebe ich euch.“ Dieser Friedensappell ist weit mehr als eine fromme Ansprache. Es ist der Aufruf Jesu, sich die Gabe des Friedens, persönlich zur Aufgabe zu machen. Es ist ein Friede, den die Welt sich nicht geben kann. Der Blick in die Menschheitsgeschichte gibt Jesus nur Recht! Darum brauchen wir den Glauben an Gott und den Menschen, mit seiner gottgegebenen Würde. Der wir gerecht werden müssen. Und allein Gerechtigkeit schafft Frieden. Aus diesem Bewusstsein folgt ein klarer christlicher Handlungsauftrag. Das uns dann auch zur guten Gewohnheit werden darf. Und schließlich unser Schicksal bestimmen wird. Damit stehen wir nicht an der Front, aber mitten drin in unserer Gesellschaft. Menschenverachtende Ideologen haben zuletzt immer alles niedergerissen. Das ist wahr. Christen dagegen haben immer wieder viel aufgebaut. Auch unser Land aus den Trümmern des Krieges. Auf dem Boden eines Grundgesetzes, das christlich gemauert wurde, erleben wir seit 75 Jahren Frieden. Aber vergessen wir nie: Friede ist kein Selbstläufer. Er ist und bleibt unser christliches Tagwerk. Bekennen wir uns zu unseren christlichen Werten. Treten wir mit Wort und Tat dafür ein, ganz im Sinne Jesu Christi. Und leisten wir damit unseren Beitrag für eine bessere, und das heißt immer auch friedlichere Welt!
Guter Gott, nichts kommt von ungefähr. Und alles, was sich in unserer Umgebung zum Positiven verändern soll, fängt zunächst mit uns an.
- Weil aus Gedanken Worte werden, bitten wir um die Gabe, positiv zu denken. Der Friede braucht Menschen, die an Frieden denken.
- Weil aus Worten Taten werden, bitten wir um einen aufmerksamen Umgang mit unserer Sprache und eine besonnene Wortwahl. Worte können vernichten aber auch ermutigen und aufbauen
- Weil aus Taten Gewohnheiten werden, bitten wir um eine klare Bestandsaufnahme, was sich in unserem Leben und in unserer Gesellschaft an Untugenden eingeschlichen hat.
- Weil Gewohnheiten den Charakter bilden, bitten wir um die Entschlossenheit und die Ausdauer, gegen alte Gewohnheiten anzugehen, wenn sie uns und unserer Umgebung nicht gut tun.
- Weil der Charakter letztendlich das Schicksal bestimmt, bitten wir auch immer um Deine Unterstützung, damit es am Ende gut geht mit uns in dieser Welt.
- Weil Du es bist, der es am Ende recht machen kann, bitten wir um den ewigen Frieden für alle Opfer von Krieg, Terror und Gewalt. Um den Frieden, den die Welt sich nicht geben kann für all unsere Verstorbenen.
Guter Gott, vollende, was du an Gutem in uns begonnen hast. Und lass uns mit dir eintreten für eine bessere und friedlichere Welt.
Amen.