l

Wie kommen wir da wieder raus?

Wie kommen wir da wieder raus?
Gedanken zum Palmsonntag in „anderen Zeiten“

Wie kommen wir da wieder raus?
Frage: wie sind wir da überhaupt rein gekommen? Unvorstellbar! Eines aber ist klar: Für das Virus kann keiner was. Und auch das stimmt: Viren gibt es immer wieder… In Singapore haben sie damit so ihre Erfahrungen gemacht. So stellte unlängst ein Experte nur nüchtern fest: Nicht, ob ein neues Virus kommt, sondern wann es kommt, das ist die Frage. Und es muss gar kein neues sein. Es kann ein altbekanntes, nur eben ein wenig verändertes Virus sein. Die letzte große Grippeepidemie hat vor gerade mal zwei Jahren allein in Deutschland über 25000 Todesopfer gefordert. Wissen wir das noch…?

Diesmal scheint aber alles anders. Denn auf einmal sind alle betroffen – weltweit, weil es alle treffen kann – weltweit. Viele wollten das zunächst nicht glauben: Man hat weiter gefeiert, buchstäblich bis zum Abwinken. Karneval von Rio bis Köln! So was kann man doch nicht einfach absagen. Oder die Berliner Partyszene – dicht machen…?! Den Urlaub haben viele noch genossen bis zuletzt. Und so manche sind „Last minute“ kurzentschlossen noch mal nach Ischgl zum Skifahren. Bis die Stimmung endlich soweit gekippt war, dass selbst das Après-Ski keinen Spaß mehr gemacht hat.

Und jetzt sind wir mitten drin. Und zwar weltweit! Bei Ebola war das noch anders. Wir haben die Epidemie im Fernseher gesehen… Konnten einfach mit der Fernbedienung umschalten. Aber jetzt in Zeiten der Pandemie geht vieles nicht mehr so leicht…

Wann kommen wir da wieder raus?
Das kommt darauf an, was wir jetzt draus machen. Disziplin ist allenthalben gefragt. Damit die einen tun können, was möglich ist. Und die anderen bitte lassen, was nicht mehr möglich ist.

Was diese Wochen am Ende aus uns machen? Auch das hängt von uns ab. Wir sind dem Virus nicht jedenfalls nicht hilflos ausgeliefert. Das Virus hat uns nicht im Griff. Aber es fordert uns heraus. Stellen wir uns deshalb gemeinsam der Herausforderung. Und wachsen wir daran – vor allem wachsen wir wieder mehr zusammen! In den Familien, in unseren Gemeinden, in unserer Gesellschaft – weltweit zusammen.

Vielleicht kommen viele gerade jetzt auch wieder mehr zur Besinnung. Denken nach, denken um…:

Unsere Wirtschaft ist kein Selbstläufer. Aber unser Wohlstand hängt von ihr ab. Und auch unser hervorragendes Gesundheitssystem. Auch die Globalisierung hat ihren Preis. In der Ausbreitung der Infektion, in der Verwundbarkeit von Lieferketten. Da mag man in Indien noch so billig produzieren, am Ende kann es richtig teuer werden.

Und überhaupt hängt so vieles zusammen. Es hängt alles zusammen. Wir hängen alle voneinander ab! Vielleicht geht uns jetzt auf: Wir leben wirklich alle in einer Welt. Wir sind alle betroffen. Auch in Indien, wo im Zuge der Ausgangssperren wohl ungleich mehr Menschen an Hunger sterben werden als an Corona… Es wird nur gut gehen, wenn es allen miteinander besser geht. Vielleicht ist das auch der wichtigste Denkprozess, den das Virus angestoßen hat.

Wir haben schon eine ganze Menge gelernt. Umsicht und Vorsicht. Verzicht, eine neue Bescheidenheit – in der Besinnung auf das Wesentliche. Wir leben wieder deutlich mehr zusammen. Und sind wohl mittlerweile auch dankbarer geworden und demütiger.

Vielleicht brauchen wir in Zukunft nicht noch mehr Spaß, sondern mehr Ernsthaftigkeit. Vielleicht müssen wir müssen nicht immer weg, weil wir es daheim wieder besser aushalten. Wir müssen auf so manches jetzt verzichten. Ob wir nachher wirklich wieder alles brauchen? Oder ob es nicht auch mit weniger geht?

Vor allem brauchen wir weniger Ellenbogen, dafür mehr helfende Hände. Wir brauchen nicht noch mehr Profit. Nein, es muss nicht alles ein Geschäft sein! Es muss für alle reichen. Und wir können regionaler werden statt noch globaler und damit am Ende auch ökologischer.

Was Corona aus uns macht? Not macht erfinderisch! Wenn auf einmal nichts mehr so ist, wir es war, muss man sich was Neues einfallen lassen. Und ich staune, wie viele neue Ideen gerade jetzt auf die Welt kommen. Auch das ist eine Chance in der Krise: Machen wir das Beste draus.

Not lehrt aber auch beten. Und ja, wir brauchen mehr Vertrauen. Zueinander und auch zu Gott. Gottvertrauen. Damit wir nicht panisch hamstern, sondern gelassen bleiben und dann auch überlegt handeln können.

Müssen die Zeiten erst schlechter werden, damit die Kirchen wieder voller sind? Davon halte ich nicht viel. Wir haben immer Grund zu glauben. Und wir sollten die Heilige Woche durchaus in diesem Jahr ganz begehen, in besonderer Weise verbunden mit Jesus. Lernen wir in der Krise von ihm:

Mit Jesus durchgehen – durchstehen.
Wie Jesus in Jerusalem eingezogen ist, wissen wir. Die Leute haben ihn gefeiert. Und wollten wohl auch weiter feiern. Aber wie ist Jesus eigentlich wieder rausgekommen? Davon erfahren wir nichts. Es werden wohl kaum noch Leute auf der Straße gewesen sein. Andere Zeiten… Was tut Jesus? Er zieht sich zurück. Sucht die Nähe zu den Seinen. Im Abendmahlsaal demonstriert er den Jüngern, worauf es immer ankommt. Dass wir einander dienen. Und er geht selbst mit seinem Beispiel der Liebe voraus bei der Fußwaschung. – Wir werden in diesem Jahr nicht die Heilige Kommunion mit ihm teilen können. Aber vielleicht spüren wir umso mehr, wie sehr wir ihn leibhaftig brauchen.

Und auch das werden wir am Gründonnerstag erleben: Jesus war ganz Mensch. Er zeigt Gefühle. Hat Angst und schwitzt Blut. Jesus kann mitfühlen auch mit allen, denen es im Moment schlecht geht, die ums Leben ringen.

Und Jesus hört nicht auf zu beten. Aus Gebet erwächst Vertrauen. Mit dem er dann – ohne zu zittern, das Kreuz auf sich nimmt. Und seinen Weg geht. Und am Ende sagen kann: „Vater, in deine Hände lege ich voll Vertrauen meinen Geist.“

Halten wir mit Jesus zusammen, halten wir miteinander durch und gehen wir diese Tage mit ihm. Und wir werden erfahren: Es gibt eine Zeit danach: Ostern – Osterzeit! Es gibt auch eine Zeit nach Corona. Aber so weit sind wir noch nicht. Das Virus hat uns nicht im Griff. Aber wir können, dürfen es nicht auf die leichte Schulter nehmen. Es ist schon ein Kreuz. Lassen wir uns nicht erdrücken. Tragen wir gemeinsam durch. Gemeinsam, miteinander und mit ihm, Jesus Christus. Diese Heilige Woche werden wir zeitlebens nie mehr vergessen. Vielleicht werden wir noch einmal dankbar dafür sein.

 

  • Wir beten um Umsicht und Augenmaß für alle, die in der gegenwärtigen Zeit weitreichende Entscheidungen zu treffen haben.
  • Wir bitten um Kraft und Entschlossenheit zu tun was möglich ist und um Geduld zu lassen, was nicht nötig ist.
  • Wir bitten um Vertrauen, um achtsam und zugleich gelassen zu bleiben.
  • Wir bitten um Trost und neue Hoffnung für alle, die in Trauer sind.
  • Wir bitten um ein gutes Gedächtnis, damit wir nicht so schnell vergessen, was wir gerade lernen.
Share