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Christliche Communitity

Christliche Communitity
Gedanken zum 11. Sonntag im Jahreskreis (Evangelium: Mt 9, 36-10,8)

Die Menschen von heute sind unglaublich gut vernetzt. „Social media“ machen´s möglich. Vom „Kommunikationszeitalter“ ist gar die Rede. Man kommuniziert also nicht weniger als früher, aber anders: Es wird gemailt, getwittert, gepostet, gechattet,  gestreamt und geliked…
Frage: Wann sieht man sein Gegenüber eigentlich noch „face to face“? Außer beim „Skypen“. Ein besonderes Phänomen sind auch die „Usernamen“. Wie die allein schon klingen… Und wer verbirgt sich hinter„drag0zu“, „SimGaming“ oder „Rauchertbinknacker“? Das jedenfalls sind Absender von Leuten, die nach einer Heute-Sendung im Chat mitdiskutiert haben. Klingt witzig, ist aber merkwürdig zugleich: wenn Menschen miteinander kommunizieren, aber man gar nicht mehr wissen, mit wem man sie es eigentlich zu tun hat. Man kann leicht in die Offensive gehen, wenn man selbst Deckung bleibt. Auch spricht man gerne von „Community“; aber wer gehört eigentlich dazu?

Berufung – ganz persönlich
Ganz anders hört sich das heutige Evangelium an. Da werden keine Pseudonyme gebraucht, sondern zwölf Menschen einzeln beim Namen genannt. Sie werden von Jesus geradezu handverlesen, weil er offenbar auf jeden setzt. Und die Evangelien stellen sie uns psychologisch höchst interessant vor.
Fangen wir mit Simon an, der Petrus genannt wird: ein „standhafter Wackelkandidat“. Er bekennt Jesus als den Messias vor allen anderen und will ihn doch von seinem Plan der Erlösung abbringen. Jesus stutzt ihn zurecht: „Weg mit dir, Satan!“ (Mt. 16, 23). Und doch baut Jesus gerade auf ihn seine Kirche. „Du bist Petrus!“ (Mt 16,18) Petrus verleugnet den Herrn, als es am Ende eng wird. Und doch verdanken wir ihm am Ende die schönste Liebeserklärung der Bibel: „Herr, du weißt alles, du weißt auch dass ich dich liebe!“ (Joh 21, 17)
Und da sind Jakobus und Johannes, die beiden „Donnersöhne“. Das waren wohl zwei Hitzköpfe, die dann auch noch „Starallüren“ bekommen und ganz oben im Himmel die besten Plätze für sich beanspruchen. Und doch wird Jakobus es sein, der als erster der Apostel anno 44 seinen Kopf hinhält und als Märtyrer stirbt.
Kommen wir zu Thomas, dem Skeptiker, dem Zweifler. Der wird wohl nicht erst nach der Auferstehung kritische Fragen gestellt haben. Und doch verdanken wir gerade ihm das prägnanteste christliche Glaubensbekenntnis: „Mein Herr und mein Gott!“ (Joh 20,28)
Vergessen wir auch nicht Judas Iskariot. Auch er wurde berufen! Entpuppt sich dann aber als religiös-politischer Fanatiker, der zum Äußersten bereit ist.
Ganz im Gegensatz zum sogenannten „Lieblingsjünger“ Johannes. Er ruht geradezu zutraulich an der Seite Jesu und hält auch am Kreuz stand.

Wir gehören dazu!
Und wir? Gehören wir nicht auch dazu! Zu dieser christlichen Community, die wir landläufig „Kirche“ nennen. Wie würden wir uns beschreiben? Nur Mut! Eines dürfte klar geworden sein: Jesus sucht echte Menschen mit Ecken und Kanten. Wir sind alle verschieden. Das ist gottgewollt. Haben unsere Stärken und Schwächen… Nur eines müssen wir sein: echt!
„Wer bin ich eigentlich in echt? Und worum geht es mir wirklich?“ Man darf sich ruhig mal genauer anschauen, um sich selbst besser kennenzulernen. Mit sich ins Gespräch kommen. Selbstgespräche sind keineswegs erste Anzeichen des herannahenden Alters. Sie deuten vielmehr auf Menschen, die sich selbst ernst nehmen. Es ist ja auch sinnvoll und hilfreich, Dinge zuerst mal mit sich selbst klären, bevor man auf andere zugeht!
Die Kirche Jesu Christi ist also keineswegs eine Community von „halbanonymen Followern“. Sie geht vielmehr von der ganz persönlichen Berufung des einzelnen Menschen aus. Die erste Frage zu Beginn der Taufe lautet darum auch: „Welchen Namen haben Sie ihrem Kind gegeben?“ Darin kommt die Einmaligkeit eines Menschen zum Ausdruck, der Christ werden soll. Aus dieser Berufung erwächst christliche Gemeinschaft. Wir heißen Christen und sind es auch, wenn wir Jesus folgen. Er hält uns zusammen und lässt uns zusammenwachsen (vgl. Eph 2, 21).

Worum es dann geht?
Und worum geht es uns dann als Christen? Es gibt mittlerweile viele NGO´s. Das sind „Nicht-Regierungs-Organisiationen“. „Ärzte ohne Grenzen“, „Amnesty International“ oder „Greenpeace“…, die kennt jeder und wir alle wissen, worum es ihnen geht. Wissen das auch alle, wenn von „Kirche“ die Rede ist?
Nun ist die Kirche keine NGO, sondern vielmehr eine Glaubensgemeinschaft. Umso mehr stellt sich die Frage, worum geht es uns in der Kirche? Für mich gibt es da nur die eine Antwort: Es muss uns um das gehen, worum es Jesus Christus geht. Alles andere geht nicht!
Darum lohnt es sich, am Schluss noch genau hinzuhören, was Jesus der „Start-Zwölf“ auf den Weg gibt: Sie sollen sich um die Menschen kümmern, denn die sind müde und erschöpft. Und sie sollen zunächst zu denen gehen, die zu ihnen gehören. Also nicht zu den Heiden, sondern zu den verlorenen Schafen Israels. Wer allen helfen will, hilft am Ende keinem…
Und er trägt ihnen auf: „Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe! Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus!“ (Mt 10, 7 f.) Punkt. Nicht alles Mögliche also sollen sie tun, sondern das, worauf es Jesus ankommt: Kranke sollen sie heilen und Dämonen austreiben. Sie sollen Menschen helfen, nicht nur körperlich gesund zu leben, sondern auch in ihrer Seele heil zu werden. Und über allem sollen sie alles dafür tun, dass die Menschen nicht den Himmel verlieren, denn: „Das Himmelreich ist nahe!“ (Mt 10, 7).
Lassen wir uns vom heutigen Evangelium ganz persönlich ansprechen. Wir wissen, mit wem wir es zu tun haben. Jesus Christus. Und der Herr will es zu tun bekommen mit uns. Ganz persönlich mit dir und mit mir. Damit wir gemeinsam die Welt in seinem Sinne verändern. Das ist es, was unsere „christliche Community“ ausmacht – und das lässt uns zugleich mehr und mehr zusammenwachsen. Amen.

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