Was für ein Schauspiel!
Was für ein Schauspiel!
Gedanken zum 13. Sonntag im Jahreskreis (Mt 10, 37-42)
Es ist ein Theaterstück, das unter die Haut geht. Todernst! Im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist ein Schauspiel um Leben und Tod, das viel Wahres in sich trägt. Das ist wohl auch der Grund, warum es jedes Jahr während der Salzburger Festspiele auf dem Domplatz aufgeführt wird. Und immer ist es ausverkauft.
Wer sein Leben gewinnen will, der wird es verlieren
-Szenenwechsel-„Wer sein Leben gewinnen will, der wird es verlieren. Wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es gewinnen.“ Diese Worte Jesu gehören zu den zentralsten Aussagen seiner Verkündigung. Aber gerade diese Forderung klingt so paradox, dass man gleich zweimal hinhören muss: „Wer sein Leben gewinnen will, der wird es verlieren.“
„Wer sein Leben gewinnen will…“. Keine Frage, das verstehen wir. Klar: das will doch jeder. Alle wollen doch gewinnen! Schließlich leben wir nur einmal. Und wer will schon zu den Verlierern gehören. Wen wundert´s da, dass viele alles tun, um möglichst viel aus ihrem Leben herauszuholen: Es geht um Karriere, Geld, Ansehen und Aussehen, Macht und um´s Vergnügen. Das macht Menschen doch zu Gewinnern im Leben.
Wer sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es gewinnen!
Darauf sagt uns Jesus wieder mal etwas, das alles auf den Kopf stellt: Wenn du dein Leben gewinnen willst, musst du bereit sein, es zu verlieren! Will uns Jesus etwa die Freude am Leben nehmen? Sollen wir Christen traurige Kreuzträger sein? Nein, wir sollen unser Leben gewinnen wollen! Um seinetwillen! Denn „sein Leben gewinnen“, heißt nicht einfach „im Leben gewinnen“.
Wenn wir genauer hinschauen auf die Gewinner, dann schaut auf einmal vieles ganz anders aus: Geld allein macht nicht glücklich. Die Macht ist man auch schnell wieder los. Die Karriere endet irgendwann im Ruhestand. Das gepflegteste Aussehen welkt oft am schnellsten dahin. Und was bleibt am Ende noch übrig, wenn man sich zu Tode amüsiert hat?
Wer sein Leben dagegen wirklich und für immer gewinnen will, der darf nicht im Leben immer gewinnen wollen. Wer sein Leben gewinnen will, der muss schon bereit sein, im Leben auch zu verlieren, sich zu verlieren. Das heißt konkret: für andere da zu sein, seine Zeit, seine Kraft und seine Liebe herzuschenken, ja, wenn´s sein muss: sich wirklich für andere hinzugeben, sich aufzuopfern.
Die Psychologie scheint Jesus recht zu geben: So meinte der bekannte Begründer der analytischen Psychologie Carl Gustav Jung: „Wir gewinnen aus dem Selbstopfer uns selbst, denn das, was wir geben, das haben wir.“ Das könnte glatt in der Bibel stehen! Und da steht noch mehr: Denn das, was wir hergeben, das haben wir nicht nur für jetzt. Das bleibt uns auch für das ewige Leben. Wie heißt es doch so schön: „Man kann nichts mitnehmen!“ Deshalb hat das letzte Hemd auch keine Taschen. Weil das so ist, weil wir am Ende wirklich nichts mitnehmen können, kommt am Ende doch alles darauf an, was wir hergegeben haben.
„Jedermann“
Ach ja… das Theaterstück, das jedes Jahr zur Festspielzeit auf dem Salzburger Domplatz aufgeführt wird, heißt: „Jedermann“– ein bekanntes Bühnenstück aus der Feder von Hugo von Hoffmannsthal. Das Schauspiel beginnt, noch ehe sich der Vorhang hebt. Ein Bote tritt vor den Vorhang. Lange und mit allem Nachdruck schaut er in das Publikum und beschwört die Zuschauer geradezu: „Ich bitte Euch! Hört dieses Stück mit Ehrerbietung. Seht gut zu und gebt Acht. Denn Ihr werdet Zeugen, wie unser himmlischer König den Jedermann zur Rechenschaft zieht!“
Dann öffnet sich der Vorhang… Der Tod begegnet dem Jedermann, und er kündigt ihm an: „Dein Leben geht nun zu Ende! Du wirst in die Ewigkeit abberufen!“ Nachdem sich Jedermann von seinem ersten Schrecken erholt hat, bittet er den Tod nur noch um eines: „Gib mir noch ein klein wenig Zeit! Ich will meine drei liebsten Freunde auf Erden bitten, mit mir zu kommen in die Ewigkeit“ Der Tod willigt ein. Und Jedermann bittet sie – seine drei besten Freunde, mit ihm zu kommen. Die Macht, den Ruhm und das Vergnügen. Doch zu Jedermanns großer Enttäuschung: Keiner seiner drei besten Freunde ist bereit, ihn in die Ewigkeit zu begleiten.
In 100 Jahren wurde der Jedermann in Salzburg mehr als 700mal aufgeführt. Was für ein Lehrstück! Ob man seine Lehren daraus zieht? Viele gehen nach der Vorstellung schön zum Essen und genießen das Leben, so als hätten sie nichts gesehen und nichts gehört. Es trifft ja nur den Jedermann – Alles nur ein Spiel. Aber das Spiel ist ernst!
Wir haben in den letzten Wochen auch so eine Aufführung erlebt. Auch so etwas wie ein Lehrstück mit dem Titel „Corona“. Und einer Lektion für „jedermann“ und „jedefrau“. Weil „jedermann“ und „jedefrau“ von dieser Pandemie irgendwie betroffen war. Gut, es war nicht das Virus des Todes – aber eben doch ein vielfach tödliches Virus.
Was wir danach machen und wie wir daraus hervorgehen? Es liegt an uns! Am vergangenen Freitag haben wir uns endlich wieder mit unseren Kommunionkindern getroffen, um die Erstbeichte vorzubereiten. Im Kreis um unser Taufbecken konnten die Kommunionkinder erzählen, was sie denn an Positivem mitnehmen aus dieser Zeit, weil es gut war. Bei allen war die Erfahrung da: Wir hatten mehr Zeit für das Wesentliche. Zeit in der Familie, mit unseren Geschwistern. Zeit auch für mich und das, was mir wichtig ist.
Wenn alles vorbei ist, kann man natürlich weitermachen, als wäre nichts gewesen. Das sollten wir aber nicht. Es bleibt eine wichtige Frage danach: Worum geht es wirklich? Was gilt es am Ende zu gewinnen? Und was nehmen wir von unserem Leben am Ende mit? Welche Freunde begleiten uns am Ende freiwillig, weil es auch die Freunde Gottes sind…?