Gemeinschaft die trägt
Gemeinschaft die trägt –
Gedenken zum Open-Air Gottesdienst mit der Kolpingfamilie Biberbach
„Krisen wie diese bringen das Beste und das Schlechteste im Menschen hervor.(…) Wir bewundern die vielen Menschen, die hingebungsvoll versuchen, Leben zu retten oder unerlässliche Dienstleistungen aufrechtzuerhalten. Sie geben uns Hoffnung und Ermutigung, dass unsere Gesellschaften diese Krise nicht nur durchstehen, sondern gestärkt und tiefer geeint aus ihr hervorgehen können.“
Wie wahr, diese Worte unseres Staatsoberhauptes Frank-Walter Steinmeier! Er hat sie gesagt am 1. April 2020, als wir noch mitten drin waren in der Krise; und raus sind wir ja auch noch nicht. Heute mag man das Wort „Corona“ schon nicht mehr hören und viele winken ab. Verständlich. Aber vergessen wir nicht: Krisen gibt es immer wieder. Lebensumstände, die ganz einfach schwierig sind. Davon haben wir zu Beginn unseres Gottesdienst schon gehört. Und ja, Krisen haben es in sich. Es sind echte Herausforderungen. Das Positive daran: Krisen können am Ende auch weiterbringen, wenn man ihre Chance nutzt. Jeden einzelnen und uns alle miteinander. Krisen darf man deshalb nicht einfach nur schlecht reden.
Da reden wir nicht nur von der Wirtschaft, die einen Innovationsschub braucht. Wir reden nicht nur von den Schulen und Universitäten, die notgedrungen eine längst fällige Digitalisierungsoffensive gestartet haben. Und was für alle gilt: Krisen bringen neue Ideen und eben auch das Gute im Menschen zu Tage.
Wir reden vor allem auch von uns. Und dem, was wir alle miteinander mehr oder weniger erlebt haben. Allen voran den Mundschutz. (Herzeigen) Das Markenzeichen dieser Zeiten. Man kann schlechter reden. Aber dafür hört man besser und sieht auch mehr. Unsere Wahrnehmung hat sich verändert. Und viele sind aufmerksamer geworden. Achtsamer auch für sich und für die anderen.
Wir haben viele gesehen, die wir oft übersehen. Die Kassiererin an der Kasse ist dafür nur ein Beispiel. Wir haben plötzlich einen Blick für die alten Menschen bekommen, die besonders gefährdet waren. Und für die Bewohner in den Altenheimen, die über Monate überhaupt keine Außenkontakte hatten. Was haben wir noch alles wahrgenommen? Was daraus gelernt?
Sehen allein genügt ja nicht. Wir werden es uns hoffentlich auch gut merken. Gott sei Dank haben wir ein Langzeitgedächtnis für das Gute. Darum haben wir auch alle sofort verstanden, was uns Herr Wiedemann erzählt hat, obwohl das schon bald ein halbes Jahrhundert her ist. Und darum haben wir auch Adolf Kolping nicht vergessen. Der ja auch in Krisenzeiten gelebt hat, die schon bald 200 Jahre her sind. Ein Wort von ihm bleibt wegweisend: „Es ist keine Zeit zu jammern, es ist eine Zeit zu handeln.“
„Handeln“ – das geht umso besser, je mehr wir gemeinsame Sache machen. Gemeinsam statt einsam. Miteinander und füreinander. Für uns Christen dürfte das selbstverständlich sein. Die Zusage Jesu gilt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind“ (Mt. 18, 20). Jesus setzt nicht auf Einzeltäter. Machen wir gemeinsame Sache mit ihm. Was dann zu tun ist, sagt uns die Zeit. Not macht erfinderisch. Unser Glaube aber auch.
Auch dafür steht Kolping damals und seine Familie heute. „Die Nöte der Zeit werden euch lehren, was zu tun ist.“ Die Kolpingfamilie hat klar gesehen, was wieder nötig ist: dass wir uns treffen und miteinander Gottesdienst feiern und danach zusammenbleiben. Genau das haben wir doch in den letzten Monaten vermisst!
Zusammenkommen, weil wir zusammengehören und darum zusammenhalten. Auch das bringen Krisen hervor: einen stärkeren Zusammenhalt. Denn allein schafft´s am Ende keiner.
Christen sind von Natur aus Netzwerker. Das liegt in unserer DNA. Denn wir sind eine weltweite Familie. Kolping ist international. Und die katholische Kirche das weltweite Familienunternehmen Gottes. Was uns verbindet, das hält auch. Und was wir zusammen mit Gott verbinden, hält ewig (vgl. Mt 18, 18).
Was hat mir die Zeit gebracht? Was hat sie uns miteinander gebracht? Und wenn am Ende uns allen klar wird, worauf wir verzichten mussten, haben wir auch begriffen, was wir wirklich brauchen. Wir brauchen einander. Und miteinander brauchen wir Gott, der in Jesus zu uns hält. Uns noch mehr zusammenhalten will. Amen.