Pfingsten besingen
Pfingsten besingen
Es kommt nicht nur darauf an, dass ich glaube, sondern auch was ich glaube. Vielleicht merken wir es erst dann, wenn uns andere danach fragen: „Was glaubst du eigentlich?“
Das mag an Weihnachten noch ganz einfach sein. Wir werden wohl alle wissen, dass Jesus geboren wurde, wir deshalb seinen Geburtstag auch 2021 nach Christi Geburt begangen haben.
Ostern retten wir auch noch über die Ziellinie. Wir lassen die Hasen hoppeln und die Nester suchen und werden etwas von Tod und Auferstehung erzählen und von der befreienden Botschaft: „Jesus lebt, mit ihm auch ich!“
Aber wie sieht es heute an Pfingsten aus? Vielen fällt dazu nichts Rechtes mehr ein. Und was man mit den Tauben an Pfingsten anstellen kann, ist auch etwas unklar. Wohl auch deshalb nutzen viele die Gunst der freien Tage und fliegen selbst auf und davon…
Mich wundert das ein wenig! Denn kein anderes Hochfest wurde so klar angekündigt und so gut erklärt. Von ihm persönlich, Jesus Christus, damals vor seiner Heimkehr zum Vater. Und kein Fest betrifft uns als Christen auch persönlich so unmittelbar wie Pfingsten.
Schauen wir nach, was wir über die Geistsendung wissen, damit wir besser verstehen, was wir glauben und an Pfingsten dann auch feiern dürfen…
Eigentlich könnte die Predigt heute ausfallen, denn alles, was zu sagen ist, haben wir soeben gesungen. Ist es uns aufgefallen? Das Lied „Komm Schöpfer Geist“ ruft alles in Erinnerung und deutet es dann auch. Und das mit Gedanken, die der Hl. Hrabanus Maurus schon im Jahre 856 in seinem „Veni Creator spiritus“ gefasst hat.
Vielleicht sollten wir unseren alten Kirchenliedern wieder mehr Gehör schenken. Viele Menschen konnten früher ja noch nicht lesen und sie waren nicht so studiert wie heute. Dafür hatten sie selbstverständlich einen Glauben, der sich auch in der Volksfrömmigkeit und im Liedgut wiederfand. Und die Volksfrömmigkeit und das Liedgut waren zugleich auch die „Medien“, mit denen Glaubensinhalte „transportiert“ wurden. Und auch das ist ein Vorteil der Lieder: Die Texte kann man sich mit ihrer Melodie besser einprägen. Und einen Reim machen sie auch noch gleich mit drauf…
„Komm Schöpfer Geist, kehr bei uns ein!“ Eine Einladung steht am Anfang des Liedes. Aus gutem Grund: Vor seiner Himmelfahrt gibt Jesus den Seinen letzte Anweisungen. Sie sollen beisammenbleiben und werden dann „die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, die auf sie herabkommen wird“ (Apg 1, 8). Das tun sie auch: erwartungsvoll beten sie zusammen im Abendmahlsaal (vgl. Apg 2,1-4). Vor Pfingsten gibt es halt nichts zu machen. Vielmehr sollen wir mal was lassen, damit wir unsere Hände frei haben fürs Gebet.
Vor Pfingsten hilft nur beten. Und danach? Da hilft beten auch! Wer betet, merkt, dass er auf gute Ideen kommt. Beten ist durchaus kreativ. Und der Geist ist es auch, wird er doch als „Schöpfer Geist“ besungen. Nicht das Machen steht damit am Anfang, sondern das Nachdenken und Nachsinnen, das auf kreative Ideen bringt. Das war auch am Anfang der Schöpfung so. „Die Erde war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut, und Gottes Geist schwebte über dem Wasser“ (Gen 1, 2). Die Schöpfung hat einen geistig-geistlichen Ursprung. Sie ist nicht dem Zufall geschuldet. Zufälle schaffen keine Ordnung. Wo der Geist fehlt, herrscht Chaos. Mit dem Geist aber spricht Gott sich aus: „Es werde Licht!“ Das leuchtet ein.
Und was gibt´s an Pfingsten? Gaben, Gnadengaben! Das sind Gaben, die wir nicht haben. Wir müssen somit nichts als Geschenk verpacken, wir selbst werden beschenkt! Gnade ist das, was nicht aus der Natur des Menschen selbst erwächst. Natur und Gnade ist damit das große Ganze, um das es geht. Wenn wir uns aufmachen und öffnen für die Gaben des Heiligen Geistes, dann werden wir begnadet. Das ist „der Schatz, der siebenfältig ziert“. Die sieben Gaben, die wir kennen und nennen sind: Die Gabe der Weisheit und der Einsicht, des Rates und der Erkenntnis, der Stärke, der Frömmigkeit und der Gottesfurcht.
Aktuell wie nie! Wir wissen ja immer mehr. Aber Wissen allein hilft auch nicht weiter. Und vor allem, unser Wissen kann der Menschheit gefährlich werden. Wir brauchen neben dem Wissen vor allem auch Einsicht und Erkenntnis und damit auch die Gabe der Weisheit. Weisheit ist mehr als bloßes Wissen, denn sie hilft, tiefer zu verstehen mit dem Heiligen Geist, im Sinne Gottes. Und dann ist da die Gabe der Stärke. Wir Menschen sind überfordert, wenn wir glauben wollten, alles aus eigener Kraft zu schaffen. Mitten im Leben und am Ende kann uns da schnell die Luft ausgehen. Wir brennen aus. Dagegen will Pfingsten das Licht der Liebe in unsere Herzen eingießen, damit wir „in unseres Leibs Gebrechlichkeit gestärkt“ werden. Und vor allem will uns der Geist als Tröster die Augen öffnen, dass es für Gott keine aussichtslosen oder gar „heillosen Fälle“ gibt. Weil der Geist uns rät, die Welt aus der Sicht Gottes zu sehen und unter diesem Horizont auch erwartungs- und hoffnungsvoll über menschliche Grenzen hinauszuhoffen.
Aber wir haben auch besungen, wie der Geist wirkt und was er bewirkt. In poetischen Worten: er will uns „entzünden und Liebe in unsere Herzen eingießen“. Eine schöne Interpretation für das, was wie Feuer und Flamme auf alle Beter an Pfingsten herabgekommen ist. Es hat auf einmal in ihnen gebrannt. Und wie ein Brausen kam plötzlich frischer Wind in den zuvor hermetisch abgeschotteten Raum. Der in Bewegung bringt, antreibt, hinaustreibt und die „Zungen reden macht“.
Und so war es doch damals und seitdem immer, wenn der Geist Gottes Menschen wirklich erfüllt hat. Sie waren begeistert, „Feuer und Flamme“, und nicht mehr zu halten, um den Menschen die Wahrheit zu verkünden, in die sie der Geist einführt, weil er in uns das lebendig hält, worum es Jesus gegangen ist.
Und schließlich hilft uns der Geist auch, besser hineinzufinden in das Geheimnis Gottes. Denn er ist der Geist, den der Sohn vom Vater aussendet. Und dieser Geist kann kein anderer sein als ein Geist der Liebe in Einheit. In diese Einheit will uns der Geist auch einbinden. Und das gelingt ihm vor allem kraft der Sakramente. Denken wir heute bewusst an unsere Taufe, in der wir den Geist empfangen haben, der uns zu Kindern Gottes gemacht hat. Und danken wir für unsere Firmung, in der wir besiegelt wurden mit der Gabe Gottes, dem Heiligen Geist. „Firmung“ heißt „Stärkung“. Bleiben wir stark im und durch den Heiligen Geist und so verbunden mit Gott in Jesus Christus und durch ihn miteinander. Amen.