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Göttliches Beschäftigungsverbot

Göttliches Beschäftigungsverbot
Gedanken zum 9. Sonntag im Jahreskreis

Arbeiten Sie gern? Haben Sie gern gearbeitet? Würden Sie gern arbeiten? Mehr oder weniger? Fragen, die sich manchmal gar nicht stellen. Weil man gar nicht arbeiten kann. Aus gesundheitlichen Gründen etwa. Oder weil es gar keine Arbeit gibt und Arbeitslosigkeit herrscht.
In wohlhabenden Ländern können sich viele die Arbeit fein raussuchen und die Arbeitszeit den eigenen Wünschen und Bedürfnissen anpassen. „Work-Life-Balance“ ist ein wichtiges Anliegen gerade vieler jüngerer Menschen auch hierzulande. Man will nicht leben, um zu arbeiten. Sondern möchte nur so viel arbeiten, damit man gut leben kann.
Davon kann man etwa in Südostasien nur träumen. Übrigens: am längsten müssen die Menschen in Kambodscha arbeiten. Doppelt so lang wie in den Niederlanden. Dort ist die Wochenarbeitszeit mit 32,5 Stunden weltweit am kürzesten.

Nun haben wir gerade in der Lesung aus dem Buch Deuteronomium ein generelles Arbeitsverbot verhängt bekommen. Nicht von Seiten der Regierung, sondern von Gott höchstpersönlich. Und diese arbeitsrechtliche Verordnung ist uns allen wohlbekannt – aus den Zehn Geboten: Denn so spricht der Herr: „Halte den Sabbat: Halte ihn heilig, wie es dir der Herr, dein Gott, geboten hat! Sechs Tage darfst du schaffen und all deine Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag.“ Damit dürfte wohl alles klar sein. Aber halten wir uns auch daran? Mal abgesehen von den Beschäftigten, die an Sonntagen ganz einfach arbeiten müssen… Eigentlich können wir uns nur darüber freuen, dass da ein Gott ist, der auf uns schaut. Weil wir ihm am Herzen liegen.
Natürlich sollen wir auch was arbeiten. Die Schöpfung ist das Werk Gottes und die hat er der Sorge von uns Menschen anvertraut. Das ist klar mit Arbeitseinsatz verbunden. Und Paulus, der das Evangelium weit und breit verkündet hat, war beruflich als Zeltmacher tätig und hat seinen Lebensunterhalt selbst verdient. Im 2. Brief an die Thessalonicher schreibt er auch ausdrücklich: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen“ (2 Thess 3, 10).

Arbeit? Ja klar! Aber nicht immer und nicht um jeden Preis. Aber warum schreibt Gott einen arbeitsfreien Tag vor? Wir erfahren zwei Gründe, konkretisiert im Blick auf die Zeit des Volkes Israel in ägyptischer Gefangenschaft. Und stellen fest: Arbeit kann den Menschen leicht versklaven.
So manche Arbeitgeber beuten ihre Arbeiter gnadenlos aus. Wie schon damals die Fronherren in Ägypten. Auf der anderen Seite gibt es auch Menschen, die sich ohne Not selbst zum Sklaven ihrer Arbeit machen. Menschen, die immer arbeiten müssen. Entweder, weil sie nicht genug bekommen können, oder weil sie sonst nichts mit sich anfangen können. „Ich arbeite, darum bin ich.“ Und wenn sie dann nicht mehr arbeiten müssen oder können oder dürfen, kommen sie sich ganz nutzlos vor. Beides tut nicht gut. „Die Menschen verkommen, wenn sie nicht aus ihren Arbeitskitteln schlüpfen.“ An diesem Gedanken des schottischen Schriftstellers Thomas Carlyle ist viel Wahres dran!

Gott will uns davor bewahren, dass wir in der Arbeit untergehen. Wir müssen immer wieder auch zur Ruhe kommen, zu uns selbst finden und Menschen Zeit schenken, mit denen wir unser Leben teilen. Und wie fürsorglich ist es, wenn Gott auch noch daran denkt: „Dein Sklave und deine Sklavin sollen sich ausruhen wie du.“ Selbst das Rind und Esel und das ganze Vieh werden eigens bedacht…

Ursprünglich war der Sabbat als siebter Tag der Schöpfung ein Ruhetag nach vollbrachter Arbeit. Ja, wir brauchen Ruhetage, damit wir auf Dauer nicht über unsere Kräfte leben. Stichwort „burn out…“
Aber dann wird der Sabbat doch noch mehr: er wird zu einem Tag, mit dem wir anfangen. Das deutet sich schon in der heutigen Lesung aus dem Buch Deuteronomium an. Die Sklavenarbeit hat ein Ende, weil Gott sein Volk in die Freiheit führt. Der Sabbat wird so zu einem Tag des Aufbruchs, des Neuanfangs mit einem Gott, der sein Volk davor bewahren will, wieder in Abhängigkeit zu gelangen. „Gedenke, dass du Sklave warst im Land Ägypten und dass dich der Herr, dein Gott, mit starker Hand und ausgestrecktem Arm von dort herausgeführt hat. Darum hat es dir der Herr, dein Gott, geboten, den Sabbat zu begehen.“
Die Befreiung aus der Gefangenschaft in Ägypten, der Sabbat, wird im Neuen Testament zum Sonntag. Zu dem Tag, an dem wir Tod und Auferstehung Jesu feiern, und damit unsere Befreiung aus den Fesseln des Todes.

Halten wir diesen Tag, um Gottes willen frei! Auch für die Begegnung mit dem, der uns diese Freiheit geschenkt hat. Gott, unserem Schöpfer, und Jesus Christus, unserem Erlöser und Herrn.
Und verteidigen wir den Sonntag, so wie Jesus den Sabbat verteidigt hat. Denn tatsächlich wurde dieser Tag der Befreiung, dieser freie Tag in der Woche, dann auch von den strengen Pharisäern selbst missbraucht. Zahllose kleinkarierte Vorschriften wurden erlassen, damit man ja die Sabbatruhe hält. Noch heute dürfen streng orthodoxe Juden am Sabbat bestimmte Tätigkeiten nicht ausführen, zum Beispiel elektrische Geräte ein- oder ausschalten. Mit der Lösung von solchen technisch-religiösen Problemen beschäftigt sich inzwischen eine ganze Industrie.
Schon Jesus wurde kritisiert, nur weil seine Jünger Hunger hatten und Ähren ausgerissen hatten, um sie zu essen. Aber Jesus hält dagegen: „Der Sabbat wurde für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Sabbat.“
Das klingt doch gut! Merken wir uns den Gedanken und machen wir was draus. Halten wir den Sonntag heilig, weil Gott es so will und er es ganz einfach gut mit uns meint: Der Sabbat – unser Sonntag ist kein Werktag. Wir beginnen die neue Woche nicht mit Arbeit. Sondern mit Gott. Eine Leistungsgesellschaft darf uns motivieren, aber nie unter Druck setzen.

Eine Sonntagskultur soll uns guttun. Nicht nur uns allein, sondern auch den Menschen, mit denen wir das Leben teilen. Wie gestalten wir den Sonntag, damit es für alle Sonntag ist?
Der Sonntag will uns auch Gott näherbringen. Nicht das, was wir erarbeiten, sondern das, woran wir glauben, macht unser Leben am Ende wirklich aus. Lassen wir uns um Himmelswillen nicht verzwecken. Wir sind doch da, weil Gott uns dahaben wollte. Zeigen wir ihm gerade am Sonntag, dass auch wir ihn wollen – als unseren Gott. Und nun noch ein schönes Wort zum Sonntag von Peter Rossegger: „Gib der Seele einen Sonntag und dem Sonntag eine Seele.“ Denn ohne Sonntag gibt es nur noch Alltag.

 

Fürbitten

Wie gut, dass es den Sonntag gibt!
Den Tag, an dem wir mit Dir zusammenkommen und gemeinsam feiern dürfen. Den Tag, an dem wir uns wieder Kraft holen dürfen für all den Alltag der Woche. Den Tag, an dem wir Dich auch immer wieder anrufen in unseren Anliegen und den Anliegen der Welt:

Wir bitten Dich heute ganz besonders für die Menschen, die sonntags oft arbeiten müssen. Dass es ihnen dennoch gelingt, an ihrem freien Tag zu sich zu kommen und Dir zu begegnen.

Wir bitten Dich heute ganz besonders für die Menschen, die am Sonntag nichts mit sich und auch nichts mit Dir anzufangen wissen. Zeige ihnen, wie sie dem Sonntag eine Seele und ihrer Seele einen Sonntag geben können.

Wir bitten Dich heute ganz besonders für die Gemeinden, in denen nicht mehr an jedem Sonntag Eucharistie gefeiert werden kann. Schenke mehr jungen Christen Vertrauen, sich als Priester in Deinen Dienst nehmen zu lassen.

Wir bitten heute ganz besonders auch für uns, die wir jeden Sonntag miteinander Eucharistie feiern. Dass wir eine Gemeinschaft sind, die einladend und offen ist für Menschen, die noch nicht oder nicht mehr mit uns feiern.

Herr, Jesus Christus,
Du bist die Mitte unseres Lebens und in dieser Feier mitten unter uns.
Dafür danken wir Dir, heute und alle Tage unseres Lebens.
Amen.

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