1 Minute 10 Sekunden
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Gedanken zum Evangelium am 5. Sonntag im Jahreskreis (Mk 1, 29-39)
Es ist schon beeindruckend, was man in zehn Sätzen alles vermitteln kann. Zehn Sätze, mehr haben wir heute aus dem Markus-Evangelium nicht vernommen. Kurz und knapp und doch unglaublich inhaltsreich und dicht. Wir erleben einen Tag im Leben Jesu und von alldem, was in einem solchen Tag drinsteckt.
Das Ganze vorgelesen im Gottesdienst dauert so etwa 1 Minute und 10 Sekunden. Weil das nun nicht viel Zeit ist, haben wir uns am vergangenen Donnerstag -wie jeden Donnerstag nach der Abendmesse- etwas mehr Zeit genommen, um das Evangelium im Bibelkreis auf uns wirken zu lassen. Uns ansprechen zu lassen, um dann miteinander zu teilen, was uns angesprochen hat, uns nachgegangen ist. Dieses „Bibelteilen“ ist deshalb immer wieder so spannend, weil zehn Sätze aus ein und demselben Evangelium so vieles und so Unterschiedliches wachrufen können.
Gehen wir also noch einmal dem Evangelium nach, das ja sehr einladend beginnt: „In jener Zeit ging Jesus zusammen mit Jakobus und Johannes in das Haus des Simon und Andreas“ (Mk 1, 29). Gastfreundschaft wurde damals großgeschrieben. Aber dann das: Die Schwiegermutter des Simon liegt mit Fieber im Bett (vgl. V. 30). Heutzutage holt man da einen Arzt und schluckt Tabletten… Die beiden Jünger wenden sich dagegen zunächst an Jesus und reden mit ihm über sie. Eine interessante Beobachtung. Wann reden wir über andere? Und worüber reden wir über andere? Und wann reden wir über andere mit Jesus? Es lohnt sich immer, wenn wir über andere Menschen reden, die Probleme haben. Oder wir mit ihnen. Jesus ins Gespräch mit einzubeziehen, lohnt sich immer! Und für andere zu beten auch…
Und was tut Jesus dann? Darauf kommt es doch immer an! Jesus geht zu ihr, fasst sie an der Hand und richtet sie auf. Eine wichtige Heilmethode! Jesus heilt oft genug durch Berührung. Vergessen wir nie, wie heilsam allein schon menschliche Zuwendung wirkt. Und: seine Heilung richtet auf! Körperlich, aber auch seelisch.
Im Bibelkreis ist uns auch etwas aufgefallen, was man leicht überhört. Als die Schwiegermutter geheilt ist, dient sie ihnen. Jesus heilt nicht nur von, er befähigt auch zu: zum Dienst an anderen. Gesundheit ist eben nicht nur die Abwesenheit von Krankheit. Gesundheit ist auch nicht reiner Selbstzweck. Gesundheit befähigt uns vielmehr, für andere da zu sein. Sie ermöglicht, Gutes zu bewirken.
Was da im Haus des Petrus geschehen ist, spricht sich natürlich schnell herum. So kann es nicht verwundern, was sich noch am selben Tag ereignet: „Am Abend, als die Sonne untergegangen war, brachte man alle Kranken und Besessenen zu Jesus. Die ganze Stadt war vor der Haustür versammelt und er heilte viele, die an allen möglichen Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus“ (V. 32–34). Das nenn´ ich einen erholsamen Feierabend. Aber so war es und ist es auch. Menschen, die Hoffnung schöpfen, schauen nicht auf die Uhr. Und Menschen, die wirklich helfen wollen, auch nicht!
Und so ist Jesus da für all die Vielen, die ihn brauchen. Hier, wie so oft im Evangelium, erkennen wir, was Jesus im Grunde bewegt: die Heilung und das Heil der Menschen. Wieviel Not und Elend gibt es auf der Welt. Das bleibt für uns ja zumeist im Dunkeln. Nicht aber für Gott. Nachdem die Sonne untergegangen ist, wird Jesus umso mehr aktiv! Die Dunkelheit war, in einer Zeit, in der es kein elektrisches Licht gab, immer eine Zeit, in der man sich nicht selten auch gefürchtet hat. Gerade jetzt ist es für Jesus an der Zeit, Licht ins Dunkel zu bringen! Die Dämonen, die Mächte der Finsternis werden es zu spüren bekommen…
Vielleicht fragen wir an dieser Stelle uns und auch Jesus: woher nimmst du, woher nehmen wir eigentlich die Kraft; gerade in Zeiten, in denen es schwer wird…? Die Antwort fällt im Blick auf Jesus leicht: Jesus nimmt sich Zeit und geht ins Gebet. Und das dürfen wir wörtlich nehmen. Frühmorgens, als es noch dunkel ist, sucht er sich einen Ort, um zu beten. Was der Ort braucht? Vor allem eines: Einsamkeit. Die Einsamkeit ist ein Ort und ein Raum, in dem ich allein bin. Aber nicht nur für mich, sondern auch für ihn und mit ihm: Gott. Das gibt uns das heutige Evangelium auch mit: Such´ dir einen Ort, suche dir eine Zeit, die allein dir gehört, um sie mit deinem Gott zu teilen. Und er gibt dir von Neuem Kraft.
Und wie geht es dann weiter? Jesus hätte in Kapharnaum bestimmt sein sicheres Auskommen gehabt. Genügend Patienten in der Sprechstunde. Und doch: er bleibt nicht da, wo er ist. Auch wenn seine Jünger ihm nacheilen und sagen: „Alle suchen dich“ (Mk 1, 37).
Ihnen gibt er vielmehr zur Antwort: „Lasst uns anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer, damit ich auch dort verkünde; denn dazu bin ich gekommen.“ Der Heilswille Gottes gilt allen Menschen, nicht nur den Auserwählten. Bei Gott gibt es keine „Privatpatienten“. Heute ist er zu uns nach Biberbach gekommen. Sein Anliegen ist damals wie heute dasselbe: Jesus verkündet uns das Reich Gottes. Damit macht er klar, wer in unserem Leben das Sagen hat: Gott. Und worauf es ankommt: dass sein Wille geschehe. Damit am Ende ankommt, worauf es ankommt: das Reich Gottes. All das steckt drin in einer Minute und zehn Sekunden. Und noch viel mehr. Wenn wir uns immer wieder Zeit nehmen für das Evangelium unseres Herrn Jesus Christus. Und ich glaube: Es lohnt sich. Denn es ist eine wirklich durch und durch gute Botschaft!
Herr Jesus Christus,
im Evangelium lässt du uns mit dir mitleben. So dürfen wir spüren, worauf es dir ankommt.
Du wendest dich Menschen zu und hast ein Ohr für sie.
Wir beten für alle, die sich unverstanden fühlen.
Du hast heilende Hände und richtest auf.
Wir beten für alle, die sich gerade niedergeschlagen fühlen und bedrückt sind.
Du weißt um deine Sendung.
Wir beten für uns, damit wir erkennen, was Gott mit uns vorhat.
Du hast alle Menschen im Auge und in deinem Herzen. Schenke auch uns Offenheit und einen weiten Blick für andere.
Herr Jesus Christus,
dein Evangelium gibt uns immer wieder wertvolle Impulse für eine neue Woche.
Dafür danken wir dir. Amen.