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Alles nach Plan?

Alles nach Plan?
Gedanken zum Hochfest des Heiligen Josef

Wie stellen Sie sich Maria vor? Augen zu und los geht’s mit der Suche. Eines wird uns wohl allen schnell klar: gesucht, gefunden! Marienbilder gibt es viele und viele sind uns seit Kindestagen vertraut.
Aber wie stellen wir uns bloß den Josef vor? Die Suche gestaltet sich viel schwieriger und bleibt nicht selten schon bald stecken. Josef bringt es zumeist nicht weiter als zu einem alten Mann mit Bart, schemenhaft dargestellt im halbdunklen Hintergrund, so als ob er irgendwie auch noch dazu gehört…

So stelle ich mir Josef nicht vor! Nein, für mich ist Josef ein kraftvoller Mann, ein „Tekton“, wie wir im Evangelium des Matthäus erfahren. Ein Zimmermann also, der nicht nur Balken gezimmert, sondern ganze Häuser hingestellt hat. Der Mann muss es im Kreuz haben und vieles im Griff. Einer, der mit Plänen vertraut war.
Und in seinem Privatleben lief auch alles nach Plan. Heiraten und Familie gründen. Einer sollte schließlich einmal sein Geschäft übernehmen. Vor allem aber war da Maria. Mit ihr war er schon verlobt und damit so gut wie verheiratet. Es lief also alles nach Plan. Mit einem Schlag aber ist nichts mehr so wie zuvor. Maria eröffnet ihm, dass sie ein Kind erwartet, „noch bevor sie zusammengekommen waren“ (Mt 1,18). Ihr Kind ist also nicht von ihm. Was muss in Josef nicht alles zusammengebrochen sein? Sein Vertrauen in Maria, sein ganzes Lebensglück! Alle Pläne zunichte! Wie macht man da weiter? Geht es überhaupt weiter?

Ein Mann mit Herz
Zuerst braucht man da gute Nerven, dann aber vielmehr ein weites Herz. Beides hatte er! „Josef, der gerecht war und Maria nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen„. Er liefert Maria nicht aus. Man hätte sie am Ende ja gesteinigt. In aller Stille will er sich von ihr trennen. Offenbar liebt er Maria immer noch, trotz allem. Das ist mehr als Recht und Gerechtigkeit. Das ist Barmherzigkeit.
Und das ist Josef: Ein aufrichtiger, rechtschaffener, ein barmherziger Mensch. Einer, der Gnade vor Recht ergehen lässt. Da wird nicht jemand gnadenlos bloßgestellt. Ich denke an unsere Zeit. Wie oft werden (vermeintliche) Fehltritte, menschliches Versagen ausgeschlachtet, um andere fertig zu machen. Gnadenlos! Mediale Hinrichtungen brauchen keine Steine mehr, um tödlich zu wirken…!

„Maria, du bist voll der Gnade“, hatte ihr der Engel gesagt. Ja, Maria hatte Gnade gefunden bei Gott. Aber auch Josef hat Maria begnadigt. So hat -wohl nicht durch Zufall- die menschliche Barmherzigkeit Anteil genommen an der Menschwerdung Gottes in der Welt.
Josef legt uns seine Barmherzigkeit ans Herz, die oft viel mehr möglich macht als alle Vorschriften und Reglementierungen des Gesetzes. Wir haben genug Formalitäten. Unsere Gesellschaft braucht wieder mehr Herz, das sich von der inneren Stimme der Liebe leiten lässt. Die Stimme des Herzens ist und bleibt der beste Lebensberater des Menschen, wenn es gut gehen soll im Leben.

 Josef – Patron für die Kirche
Aber dann kommt noch etwas dazu: Josef beginnt zu träumen. Josef war bestimmt kein Träumer, sondern ein gestandener Unternehmer. So ein Mann steht mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen. Aber das Träumen hat er dabei nicht verlernt. Er sieht und vernimmt in seinem Traum eine Botschaft aus einer ganz anderen Welt. Träume kommen schließlich auch aus einer anderen Welt… Oft sind sie wirr und kaum zu begreifen. Manchmal aber eröffnen Träume auch ungeahnte Einsichten und Visionen.

Je nüchterner unsere Welt wird, desto mehr sollten wir wieder Träumen Glauben schenken. Es sind ja oft die Träume, aus denen bewusst oder unbewusst Neues erwächst, weil Menschen fest daran glauben… Das war früher noch viel selbstverständlicher als heute. Josef hat es getan: Er hat dem Traum, dem Unglaublichen geglaubt und ist ihm gefolgt.

Wie sieht es heute mit unseren Träumen aus? Wie viel vermögen wir eigentlich noch zu träumen? Oder ist es nicht vielmehr die Realität des Faktischen, die unser Leben mit all seinen Entscheidungen in ein enges Korsett zwängt? Aber wohin führt alle Realpolitik? Im Kleinen und im großen Ganzen nicht wirklich weiter! Es waren -und es sind nach wie vor- die Träume, die unsere Welt weitergebracht haben. Träume, dass das Unmögliche doch möglich wird!
Schon lange vor Josef waren es die Träumer des Alten Testamentes, die Gott Tür und Tor geöffnet haben. Und auch lange nach ihm. Ein Franz von Assisi hörte im Traum den Auftrag, „Richte meine Kirche wieder auf!“ Und er tat es.

Damit Träume dann aber nicht Träume bleiben, sondern Wirklichkeit werden, braucht es Menschen. Menschen wie Josef. Die sich mit aller Tatkraft für ihre Träume einsetzen. Damit Träume keine Schäume bleiben, sondern die Chance bekommen, Wirklichkeit zu werden. Das ist Josef gelungen!
Wir begegnen in ihm wieder dem Unternehmer, der das Unternehmen „Menschwerdung Gottes“ unterstützt hat. Und durch seine geplante Flucht nach Ägypten (siehe Seitenaltar) zugleich am Leben erhält. Es ist bemerkenswert, dass Josef in den entscheidenden Augenblicken keineswegs im Hintergrund bleibt, sondern ganz da ist. Aber dann auch wieder ganz zurücktritt und im Hintergrund ganz da bleibt für Maria und Jesus.

Josef ist der Patron der ganzen Kirche. Man hat sich diesen Josef zu Recht ausgesucht. Er ist genau der Richtige für diese verantwortungsvolle Aufgabe! Wie viele in und außerhalb der Kirche reden sich die Köpfe heiß, fragen nach Strukturen und Konzepten – und die Herzen bleiben kalt. Und gehen uns darüber nicht auch die großen Visionen verloren, zerrieben in endlosen Diskussionen?
Wenn schon alles beschlossene Sache ist, bleibt für Gott nur noch wenig Spielraum. Nein, Gott hofft auch heute auf Träumer, die offen sind für das Unmögliche. Auf Menschen, die unmöglichen Träumen Glauben schenken und sich dafür stark machen. Und es braucht Menschen, die sich immer wieder ein Herz fassen, wie eben der Heilige Josef. Amen.

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