An Ostern muss was dran sein!
An Ostern muss was dran sein!
Österliche Gedanken zum 3. Ostersonntag (L.: Apg 5, 27-32. 40 f./ Ev.: Joh 21, 1-14)
Freitagabend in München…
Mitten in der Fußgängerzone. Spargel im Angebot für 7.99 € das Kilo… viele Passanten… Biergartenwetter, die Straßencafés sind voll besetzt…. Und mit der Welt scheint alles in bester Ordnung. Sie ahnen es, das war nicht heuer, aber doch kurz nach Ostern. Und ich erinnere mich an diese Begebenheit, als wäre sie erst vor kurzem gewesen: Das liegt an ihm, diesem Afroamerikaner -so um die 30- im dunklen Anzug mit Krawatte. Der sich da hinstellt -mitten in der Kaufingerstraße- und mit einer Stimme tiefster Überzeugung und seiner Bibel in der Hand nur ein Thema hat: Jesus Christus. „Der Herr ist auferstanden!“ Was soll das? Und vor allem, was bringt das? Nur wenige sind stehengeblieben, einige werfen ihm neugierig verstohlene Blicke zu. Ich empfinde fast so was wie Mitgefühl, ja Mitleid. Und gehe in die Michaelskirche. Dort ist gerade Abendmesse. Ein Jesuit predigt über das Tagesevangelium… viele Besucher für einen Werktag. Und die Welt scheint wieder in Ordnung. Zumindest in der Kirche…Hätte ich ihn mitnehmen sollen, den Prediger von draußen, in den geschützten Raum hier drinnen? Aber vermutlich wäre er nicht mitgegangen. Schließlich geht es ihm um die Menschen da draußen. Und ihren Glauben…. Kaum zu glauben?!
Aber was glauben die Menschen „draußen“ eigentlich noch? Und woran? Oder glaubt der sogenannte „moderne“ Mensch nicht irgendwie alles und am Ende doch nichts…? Ein bisschen an Engel und ein bisschen an Geister. Ein bisschen den Sternen und ein bisschen den Steinen… Aber in jedem Fall: Das, was ich glauben möchte, soll so zurecht geschneidert sein, dass es auch zu mir passt. Es soll gut sitzen, mir gut stehen, und ich will mich damit auch sehen lassen können. Ohne zu sehr aufzufallen, versteht sich. Eine Art „spirituelles Outfit“, das ich problemlos ändern kann, wenn es mir nicht mehr gefällt –oder nicht mehr „trendy“ ist. Schon Friedrich der Große, der alte Fritz, hat dafür plädiert, jeder solle nach seiner eigenen „Facon“ glücklich werden… Auch ein Begriff aus der Modebranche… Und überhaupt: Das, was die katholische Kirche erzählt, hatte mir einmal einer erklärt, könne er ohnehin nicht mehr glauben; das sei ihm doch etwas zu kindisch. Das müsse ich doch verstehen…
Schlechte Zeiten also für christliche Missionare, nicht nur in Fußgängerzonen? Denn das, was uns in dieser österlichen Zeit die Evangelien glauben machen wollen, wird mit jedem Sonntag ja noch unglaublicher: Zunächst das leere Grab… Das lässt sich irgendwie schon erklären… Dann die Erscheinungen des Auferstandenen, wie ein Geist, ein Gespenst… Eine Geisterscheinung! Na ja, das geht auch noch gerade, davon hört man immer wieder, dass Menschen eine Erscheinung gehabt haben sollen… Vielleicht war alles nur Einbildung, Suggestion oder sonst irgendwas „Psychologisches“.
An Ostern muss was dran sein!
Aber heute: Jesus kommt daher, als wäre nichts gewesen! Er fordert die Jünger auf, die leeren Netze noch einmal auszuwerfen. Die Jünger folgen ihm, obwohl sie ihn wieder nicht auf´s Erste erkennen. Und wie durch ein Wunder: Ihre Netze sind randvoll!! Und zu allem Überfluss: der Auferstandene isst und trinkt auch noch zusammen mit den Jüngern. So, als wollte er es noch einmal vor aller Welt demonstrieren: Ich bin´s, der Leibhaftige. So was lässt sich nicht mehr psychologisch erklären. Das muss man glauben – oder man glaubt es eben nicht.
Die Jünger jedenfalls sind zu ihrem Oster-Glauben gekommen. Und zwar alle. Keiner hat sich aus dem Apostelkreis verabschiedet. Im Gegenteil: jeder hat auf einmal nichts anderes mehr im Sinn, als vom leibhaftig Auferstandenen zu erzählen. Da muss was dran sein! Wenn erwachsene Menschen, gestandene Mannsbilder, nicht mehr zu halten sind. Und obwohl es ihnen die Hohepriester, wie wir in der Apostelgeschichte soeben gehört haben, streng verboten hatten, im Jesu Namen zu predigen; sie haben es dennoch getan, weil sie es tun mussten, weil sie nicht schweigen konnten! Weil er ihnen eben doch erschienen ist. Und weil man Gott mehr gehorchen muss als den Menschen! Immer wieder werden sie schikaniert, eingeschüchtert, verfolgt und gefangengenommen. Und am Ende –das dürfen wir nie vergessen- sind sie alle, bis auf Johannes, als Märtyrer für die Auferstehung in den Tod gegangen.
Glaube schafft Glauben
Wir spüren, wie sehr der Glaube Überzeugungssache ist. Wie damals, zur Zeit der ersten Jünger, so ist auch heute die Botschaft von Ostern eine Zumutung. Aber genau diese Zumutung macht unglaublich Mut! Vergessen wir nicht: alle Begegnungen mit dem Auferstanden haben Menschen zunächst mutlos angetroffen. Und dann so nachhaltig verändert: Am Grab statt Leichenstarre plötzlich ein neuer Aufbruch. Den beiden enttäuschten Jüngern beginnt unterwegs nach Emmaus auf einmal das Herz zu brennen. Und aus dem Zweifler Thomas bricht es am Ende heraus: „Mein Herr und mein Gott!“
Und heute begegnet Jesus dem lähmenden Alltag der Jünger und sieht ihre leeren Netze. Kein Ertrag bei all der Mühe; wie soll das weitergehen? Existenzängste liegen nahe! Nein, Jesus hat sich keinen „festlichen Rahmen“ herausgesucht, um sich als Auferstandenen hochleben zu lassen. Christlicher Glaube ist eben nicht nur was zum Feiern. Eher im Gegenteil: Oster-Glaube erweist sich wohl erst da als wirklich lebensrelevant, wo es im Leben schwer wird. Genau dort entfaltet er auch seine österliche Kraft. Ostern wirkt! Ostern braucht sich nicht mehr zu beweisen. Es hat seine Lebenskraft schon längst unter Beweis gestellt! Im Laufe einer zweitausendjährigen Osterzeit.
Dafür steht für mich auch dieser afroamerikanische Missionar. Als ich die Michaelskirche wieder verlasse, steht der immer noch da. Die Leute waren unterdessen nicht gerade mehr geworden. Ob es heutzutage -zu Corona-Zeiten- mehr wären? Irgendwie empfand ich kein Mitleid mehr mit diesem Osterchristen. Mir wurde richtig österlich zu Mute: denn so und nicht anders hat sich die Botschaft von Ostern auch am Anfang ausgebreitet. Weil Christen nicht schweigen konnten, haben sie verkündet. Wovon das Herz voll ist, davon rede auch der Mund!