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„Armut ist keine Schande – Reichtum auch nicht!“ 

„Armut ist keine Schande – Reichtum auch nicht!“
Gedanken zum 26.- Sonntag i. J. (Jak 5, 1-6) 

Ein Wort des Schauspielers von Curt Götz. Könnte man das auch in der Bibel finden? Ja, wenn es gerecht zugeht. Ich kenne Menschen, die arm und glücklich sind. Warum? Weil sie sich selbst dafür entschieden haben: für einen einfachen, bescheidenen Lebensstil. Ja, ich glaube, dass Menschen, die freiwillig anspruchslos leben, wohl die glücklichsten sein müssen. Diogenes hat sich in seiner Tonne anscheinend ganz wohlgefühlt. Und wer einmal Mutter Teresas Schwestern begegnet ist, die wirklich nichts ihr eigen nennen, der wird wohl kaum glücklicheren Menschen begegnen. Und auch Jesus hat sich selbst arm gemacht. Was für ein Reichtum ist daraus erwachsen! Ein reiches Leben bemisst sich jedenfalls nicht in Bankkonten und Aktienkursen… 

Und wie sieht es dann mit dem Reichtum aus? Auch Reichtum ist keine Schande. Wenn, ja wenn es beim Reichwerden mit rechten Dingen zugegangen ist. Es gibt einen gerechten Reichtum, der nicht auf Kosten anderer erworben wurde. Aber Eigentum, das gerecht erworben wurde, verpflichtet dann auch. Wann immer Eigentum abgeschafft wurde, folgte ein volkswirtschaftlicher Niedergang. Und der hat die Ärmsten am härtesten getroffen. Das ist am Ende unsozial. Die Geschichte von Sozialismus und Kommunismus spricht Bände. 

Aber ist dann der Reiche auch glücklicher? Das ist nicht ausgemacht. Denn Sinn braucht der Mensch zum Glücklichsein, auch der Reiche. Und Reichtum kann Sinn machen. Mit Geld kann man durchaus sinnvoll umgehen, wenn man es zum Wohl anderer einsetzt. Ich denke an verantwortungsbewusste Unternehmer, die Betriebsvermögen einsetzen, um langfristig gesicherte, sozial gut ausgestattete Arbeitsplätze zu schaffen. An Projekte, gerade auch in Entwicklungsländern, die ohne großherzige Spender nicht möglich wären. Und auch Stiftungen sind in unserer Zeit nachgefragt, um Gutes zu tun – über den Tod hinaus. 

 

Wann Reichtum eine Schande ist…
Aber ja, es gibt auch Armut, die eine Schande ist. Weil es Reichtum gibt, der eine Schande ist. Genau das ist das Thema des Jakobusbriefes. Und der findet deutliche Worte. Nein, es geht nicht um Sozialneid. Neid ist immer etwas Hässliches. Es geht vielmehr immer um Gerechtigkeit. Und die spricht Jakobus zunächst an. Diesen ungerechten Reichtum einiger weniger Reicher auf Kosten so vieler Armer. Das ist das erste Problem, das Reiche haben können. Und das zweite: dass sie alles für sich haben wollen. Wenn das so läuft, werden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer. 

Dagegen hat sich die christliche Soziallehre schon immer gewandt: Eigentum, schön und gut, aber Eigentum verpflichtet. Wenn mehr geteilt würde, wäre die Welt gerechter und unter dem Strich wäre genug für alle da. So war das schon immer von Gott aus gedacht. Eine Welt für alle. Das ist doch nur recht und billig. Dafür hat Gott schon immer Menschen gewinnen können. Menschen, die sich eingesetzt haben für mehr Gerechtigkeit.  

Im Alten Testament einen wie Hosea, der den Reichen mutig ins Gewissen geredet hat. Oder eben Jakobus, der uns einen wichtigen Brief im Neuen Testament hinterlassen hat. Bis hin zu unerschrockenen Bischöfen wie Oscar Romero von San Salvador, der 1980 während einer Predigt erschossen worden ist. Sie alle hat man nicht hören wollen und am Ende aus dem Weg geräumt. 

Daran hat sich bis heute nicht viel geändert. Worum es geht: Um Geld und Einfluss. Wenn man mal was zusammengerafft hat, dann lässt man das nicht mehr so schnell los. Geld regiert nicht nur die Welt, sondern oft auch die, die es besitzen. Darum verteidigen auch die ungerecht Reichen ihren Reichtum oft mit Mitteln der Gewalt. 

Der Philosoph Plato sieht den Einsatz des Gerechten immer unter Lebensgefahr, und schon er spricht vom gerechten Gekreuzigten. Und wurde Jesus nicht als wahrhaft Gerechter umgebracht! Auch bei seinem Tod waren nicht zuletzt Geld- und Machtinteressen seiner Gegner mit ausschlaggebend. Denken wir nur an die Vertreibung der Geldwechsler und Händler aus dem Tempel.  

 

Was brauch´ ich wirklich? 
Da stellt sich abschließend eine wichtige Frage – uns allen: Wieviel brauche ich zum Glücklichsein? Darum geht es doch im Leben. Erdogan hat einen Palast in Ankara erbauen lassen mit 1000 Zimmern. Und hat damit mehr Räume zur Verfügung als einst der kommunistische Diktator Nicolae Ceausescu in Bukarest. Aber auch ein Möchtegern-Sultan braucht nur ein Bett, um zu schlafen. Daran wird sich auch in Zukunft wohl nichts ändern.  

Bedürfnislosigkeit, Bescheidenheit war und ist eine Tugend. Einfach mit weniger auskommen können, das klingt doch nach Erleichterung. Und schafft Freiraum für das, was wir als inneren Reichtum schätzen, weil es mehr wert ist als alles Geld der Welt. Gerade die jüngere Generation hat begriffen, dass es nicht nur um materiellen Reichtum geht, sondern um Lebensglück. Und ich kenne so manchen Familienvater, der auf eine weitere Stufe der Karriereleiter bewusst verzichtet, weil ihm eine gute Ehe, seine Familie und ein bisschen Zeit für sich mehr wert sind. 

Und dann kommt es ja immer auch darauf an, was am Ende unterm Strich übrigbleibt. Was nehme ich am Ende mit von meinem Leben in dieser Welt? „Noch am Schlachttag habt ihr euer Herz gemästet!“, schallt es im Jakobusbrief.  Will ich wirklich so aus dem Leben scheiden? Mit vollem Bauch und praller Brieftasche? Was bringt´s denn am Ende? Bei aller Härte der Anklage liegt dem Verfasser des Jakobusbriefs eines wirklich am Herzen: dass wir nicht auf falsche Sicherheiten setzen. Wir nehmen nur mit, was wir hiergelassen haben. Vergessen wir nie: Unser Schatz ist im Himmel. Und der bemisst sich nicht in Euro und Cent, sondern allein in der baren Münze der Liebe. Amen. 

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