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Auf dem Weg durch die Heilige Woche

Auf dem Weg durch die Heilige Woche
Gedanken von Pfarrer Ulrich Lindl

Wie geht es Ihnen? Sind Sie aufgeregt, angespannt, erwartungsvoll? Sind Sie startklar für das „Finale“ der Fastenzeit? In der Karwoche spitzt sich alles zu…
Wir feiern die Herzmitte unseres Glaubens. Wir gehen aufs Ganze!
Also, was machen wir in der Karwoche?
Und vor allem: was macht die Karwoche aus uns?
Die Tage dürfen nicht spurlos an uns vorbei gehen.
Es steckt so viel drin! Eine wahre Herausforderung steht uns bevor!

Der Palmsonntag
Was für ein Wechselbad der Gefühle!
Zunächst der begeisterte Empfang. Wir kennen das. Wir brauchen das. Begeisterung. Ein Hochfest im Glauben.
Aber dabei kann und darf es nicht bleiben.
Glaube ist kein Event. Er braucht Bewährung.
Am Palmsonntag hat sich alle Begeisterung auch schnell wieder gelegt und viele haben sich verlaufen. Wo sind sie wohl geblieben?
Palmzweige hatten wir heute bei unserer festlichen Prozession in der Hand, von Blasmusik wurden wir begleitet, bei strahlendem Wetter hinein in unsere prachtvolle Kirche. Und dann?
Suchen wir einen guten Platz für die Zweige. Am besten dort, wo wir sie das Jahr über gut sehen.
Sie sind Platzhalter für unseren Glauben, dem wir das Jahr über die Treue halten wollen, weil wir Jesus ja gerade „zwischendurch“ so nötig haben.
Die Palmzweige wollen uns daran erinnern, dass nicht nur unsere Kirche, sondern auch unsere Wohnungen und Häuser Wohn-Räume Gottes sein wollen. Bilden wir eine „WG“ mit Jesus.

Am Kardienstag
feiern wir einen Abend der Versöhnung. Auch das gehört zu einer „echten“ Karwoche. „Lasst euch mit Gott versöhnen!“
Das Leiden und Sterben Jesu war nicht die Folge eines bloßen Justizirrtums. Sondern seine Erlösungstat für uns. Für unsere Sünden ist Er gestorben.
Nehmen wir diese Entsündigung an, nehmen wir das Angebot der Vergebung in Anspruch. Das ist ja die eigentliche, heilsame Auswirkung seines Leidens und Sterbens: „Durch seine Wunden sind wir geheilt!“

Am Gründonnerstag
geht so vieles so nahe. Im Abendmahlsaal rücken wir eng zusammen.
Wir werden Zeugen der Fußwaschung. Sich die Füße waschen zu lassen. Was für ein Gefühl! Er hat es getan, sich hineingekniet in den Dienst am Menschen. Wieviele Menschen müssen sich nicht nur die Füße waschen lassen, sondern den ganzen Leib. Und wieviele tun es –tagtäglich- in unseren Heimen oder daheim bei ihren pflegebedürftigen Familienangehörigen! „Wer nicht dient, dient zu nichts!“  Jesus hat uns ein Beispiel gegeben: „Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe!“
Und wir empfangen die Kommunion am Gründonnerstag – unter beiderlei Gestalten empfangen wir den Herrn. Was für ein Empfang. Nicht äußerlich gesehen, sondern innerlich betrachtet: Jesus will uns zuinnerst gehen. „Ihr seid, was ihr empfangt!“, sagt Augustinus im Blick auf dieses abgrundtiefe Geheimnis der Eucharistie.
Und dann folgen Betstunden am Ölberg – Gebetszeit mit dem Herrn. „Bleibet hier und wachet mit mir!“ Wie sehr Gebets-Zeit verändern kann, spüren wir, wann immer wir uns wirklich Zeit nehmen für das Gebet. Mehr als alle „action“ kann uns die Zeit des stillen Gebets bewegen. Im Gebet geben wir Gott die beste Möglichkeit, an uns zu handeln.

Am Karfreitag
spitzt sich dann alles zu.
Der Kreuzweg deutet an, worauf alles hinausläuft. Den Kreuzweg darf man nicht absitzen. Wir müssen ihn mitgehen. Mitleiden. Den Kindern geht das, was mit Jesus geschehen ist, im Familienkreuzweg besonders nahe. Unterwegs begegnen wir der rohen Gewalt, aber auch der liebevollen Nähe einer Veronika, eines Simon von Zyrene und Jesus begegnet Maria, seiner Mutter.
Gerade im Angesicht des Bösen zeigt sich auch das Gute und die Macht der Liebe. Wir erleben es an den Kreuzwegstationen unserer Zeit – in den Kriegs- und Vertreibungsgebieten. Wir erleben es aber auch im Kreuzweg der Menschen von nebenan. Auch wenn wir das Kreuz nicht abnehmen können. Mittragen können wir. Auch Jesus nimmt das Kreuz nicht ab. Aber er hilft mittragen. Damit ist viel geholfen. Das haben wir vielleicht schon am eigenen Leib und in der eigenen Seele spüren dürfen.
Die Karfreitagsliturgie begleitet uns dann ans Kreuz. Und wir begegnen in der Kreuzverehrung –Aug in Aug- dem Gekreuzigten. „Wir danken dir, Herr Jesus Christ, dass du für uns gestorben bist!“
Vielleicht besuchen Sie dann das Heilige Grab in Affaltern. An seinem Grab –in alles Stille- macht man sich so seine Gedanken. Im Angesicht des Todes lernen wir leben.

Der Karsamstag
ist eigentlich der Leere, der Stille, der Grabesruhe geweiht. Ein Tag, der uns daran erinnert, dass es Zeiten gibt, in denen wir nichts (mehr) machen können. Stopfen wir diesen Tag nicht randvoll zu. Halten wir ihn nach Kräften frei! Gott braucht unsere Leere, um uns wirklich erfüllen zu können.

Und dann feiern wir Ostern!
Gehen wir in die Osternacht hinein, dem Morgen der Auferstehung entgegen.
Auf dem Kirchhof verbrennen die Grabkreuze im Hoffnungsfeuer von Ostern. Das Licht der Osterkerze bahnt sich dann den Weg ins Dunkel und zeigt uns den Weg aus dem Dunkel in das Licht. „Jesus lebt, mit ihm auch ich; Tod, wo sind nun deine Schrecken?“
Nach diesem Aufatmen, dieser Wiederbelebung zum ewigen Leben, lasst uns Ostern feiern! Mit Leib und Seele. Auch die Osterkörbe sind ein Vorgeschmack auf das, was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört und in keines Menschen Herz gedrungen ist, das Gott denen bereiten wird, die ihn lieben.

Feiern wir aus ganzem Herzen die Heilige Woche mit, um den Pulsschlag der Liebe Gottes tief in uns zu spüren.

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