Bist du aufgeregt?
Bist du aufgeregt?
Gedanken zum Evangelium am 5. Fastensonntag (Joh 8, 1.-11)
Überall ist der Mensch aufgeregt, wenn es um was geht… Beim Fußball, da geht´s oft um wichtige Punkte… Bei einer Prüfung, da geht´s um den nötigen Erfolg… Und auch vor einer Trauung frage ich des Öfteren: „Sind Sie aufgeregt?“ Gegähnt hat da noch niemand. Schließlich geht es um nicht weniger als das Lebensglück zweier Menschen.
Eine riesengroße Aufregung haben wir gerade im Evangelium miterlebt. Kein Wunder, da wurde in letzter Minute eine Steinigung verhindert. Da ging´s buchstäblich ums Überleben. Und um göttliche Vergebung…
Beichte befreit
Kann Vergebung denn auch ein Grund zur Aufregung sein? Zugegeben: ein bisschen aufgeregt sind unsere 20 Kommunionkinder wohl schon vor ihrer Erstbeichte am kommenden Freitag. Aber nach der Beichte sieht alles ganz anders aus. Versprochen! Auf die Frage danach: „Und, wie war´s?“, höre ich alle Jahre wieder: „gut“, „cool“. Eine Antwort hat mir einmal besonders gefallen: „befreiend!“ Ja, das ist Beichte und so wirkt sie auch: ganz einfach befreiend!
Die Beichte ist befreiend, weil sie so menschlich ist. Kein Mensch ist schließlich vollkommen. „Nobody is perfect!“ Wir alle haben unsere Fehler und Schwächen. Und wir dürfen dazu stehen. Ja wir dürfen uns in der Beichte geradezu hineinknien. Hineinknien in unsere Schuld und zugleich in die Barmherzigkeit dessen, der uns in der Beichte abnehmen möchte, was uns belastet.
Die Einsicht, dass jeder Mensch seine Schwächen hat, bewahrt uns selbst vor überzogenem Perfektionismus und vor überzogenen Ansprüchen anderen gegenüber.
„Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein…!“, hat Jesus soeben gesagt. Am Ende hat bekanntlich keiner geworfen… Alle Steiniger und Peiniger haben ihren Stein still und heimlich wieder aus der Hand gegeben und sind betreten davongeschlichen.
Das ist die erste gute Botschaft des heutigen Evangeliums, das doch so bedrohlich begonnen hatte: Keiner hat geworfen, weil offenbar alle zu der Einsicht gelangt sind: „Wir alle doch sind Sünder“. Es ist eine Schicksalsgemeinschaft von Schuld, die uns als Menschen verbindet. Damit stellt sich doch die Frage: wie gehen wir damit um? Entschuldigen können wir uns nicht einfach selbst… Muss ich das dann beichten?
Beichte ist „Umkehr des Herzens“
Die Frage höre ich als Seelsorger immer wieder. Als ob man beichten müsste! Vergebung ist doch ein wunderbares Geschenk. Wir dürfen beichten, Gott sei Dank!
Zunächst bringt uns die Beichte zur Besinnung. In überschaubaren Zeiten, das Leben in den Blick nehmen und zwar ganz: Wo habe ich die richtige Richtung verloren? Wieviel Mitbestimmungsrecht hat Gott (noch) in meinem Leben? Wie sehen meine Lebensbeziehungen aus? Wie geht es mir mit mir selbst? Wie ist das Raumklima meiner Seele? Was tut mir von Herzen leid?
Und wenn ich fündig geworden bin? Wohin kann ich dann gehen…? Wer nimmt mir meine Schuld ab? Wer will sie denn haben?
Unter dem Motto „Mir fällt ein Stein vom Herzen!“ haben unsere Kommunionkinder ihren „Beichtstein“ gesucht und werden ihn noch anmalen und nach der Erstbeichte ablegen. Gut so! Warum sollten sie sich, warum sollten wir uns- auch mit unserer Schuld unnötig herumplagen? Warum beichten wir nicht einfach(er)!
Machen wir es nicht komplizierter, als es ist: Jesus hat es doch auch ganz einfach getan: er hat der Sünderin vergeben. Es ist ja schon bemerkenswert: Jesus diskutiert mit den Schriftgelehrten über die Sünde, nicht aber mit der Sünderin. Ihr schenkt er einfach Vergebung. Offenbar hat er gespürt, dass sie hat, was die Beichte braucht: eine echte Reue des Herzens.
Das ist die zweite gute Botschaft des heutigen Evangeliums: dass Vergebung so einfach sein könnte, wenn wir nur wollen. Fassen wir uns ein Herz und schütten wir es in der Beichte vor Gott aus. Wozu hätte Jesus sonst seine Arme am Kreuz auch sonst so weit ausgebreitet!
In der Beichte darf alles „rauskommen“, was in unserem Herzen eigentlich keinen Platz haben sollte – und dann: Dann ist Raum geschaffen für einen guten, neuen Anfang – aus ganzem Herzen.
Ein neuer Anfang!
Denn auch dafür öffnet uns die Beichte die Augen: Jeder Mensch hat auch seine Stärken. Es gibt keinen Menschen, der nicht auch Gutes in sich trüge. Jesus glaubt an das Gute im Menschen. „Geh hin und sündige von jetzt an nicht mehr“, gibt er der Frau mit auf den Weg und sein Zutrauen: „Mensch, Du kannst es besser machen. Ich glaub´ an Dich!“
Die Beichte nimmt zunächst den Ballast von der Seele, erleichtert und schafft Raum für das Gute. Und dazu schenkt sie viel Kraft, nennen wir es „Gnade“, zu einem neuen Anfang. Diese Kraft lohnt sich zu nutzen für einen guten Vorsatz.
Freilich ist bei jedem Vorsatz Augenmaß von Nöten. Nicht nur „was will ich besser machen“, sondern „was kann ich auch besser machen?“ So mancher Vorsatz ist allein schon deshalb gescheitert, weil er zu groß war. Weniger ist auch hier oft mehr…! Gerade im Glaubensleben bringen die kleinen Fortschritte am Ende erst wirklich voran.
Von wegen: „Muss ich zum Beichten?“ – Ich darf beichten! Was für ein Geschenk! Der Heilige Pfarrer von Ars hat ungezählte Stunden im Beichtsuhl zugebracht und wurde so zu einem großen Seelenführer für viele; er hat einmal treffend gesagt: „Die Beichte – größte Gnade auf kleinstem Raum.“
Und vergessen wir nicht, nach der Beichte auch wirklich die Vergebung zu feiern. In ländlichen Gegenden war der Beichttag früher ein halber Feiertag! Und, was das schönste ist: ich darf wiederkommen…
Fürbitten
Herr Jesus Christus,
du lädst uns immer wieder ein zur Umkehr. Umkehr ist Hinkehr, Heimkehr zu Gott. Gerade in der Fastenzeit!
- Wir bitten Dich für alle, die sich in Schuld verstrickt haben und nicht wissen, wie sie sich aus ihrer Verstrickung lösen sollen.
- Wir bitten Dich für alle, die sich in diesen Tagen auf das Sakrament der Versöhnung vorbereiten. Schenke unseren Kommunionkindern eine befreiende Erstbeichte.
- Wir bitten Dich für alle, die nur ihre Schwächen, nicht aber ihre Stärken kennen, und für jene, die sich keiner Schuld bewusst sind.
- Wir bitten für alle Menschen guten Willens, die nach Wegen des Friedens suchen.
Herr Jesus Christus, im Sakrament der Versöhnung schenkst du uns immer wieder einen neuen Anfang. Dafür danken wir dir.
Amen.