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Damit das Wort Fleisch wird!

Damit das Wort Fleisch wird!
Im Anfang war das Wort … Pause… Den Anfang einer Predigt ohne Worte – das mag man noch aushalten – aber ein ganzes Leben ohne Worte – wortlos – sprachlos?

Sprache und Sprachlosigkeit
Wie sehr wir Menschen Worte brauchen, das spüren wir, wenn uns Worte fehlen, wenn Menschen um Worte ringen müssen. Weil sie gehörlos geboren sind und darum noch nie in ihrem Leben ein Wort gehört haben.

Das spüre ich, wenn ich einer älteren Frau gegenübersitze, die nach einem Schlaganfall mühsam um jedes Wort ringen muss.

Nicht verstanden werden, weil man sich nicht verständlich machen kann, das ist wohl eine der einsamsten Erfahrungen des Menschen.

Aber auch dies ist eine einsame Erfahrung unserer Zeit: Die innere Sprachlosigkeit. Zwei Menschen haben sich nichts mehr zu sagen und bleiben stumm. Funkstille. Oder in der Nachbarschaft – baut sich eine Mauer des Schweigens auf… Aussiedler aus Rumänien haben es mir einmal geklagt: Früher hatten wir nur eine kleine Wohnung. Dafür eine große Hausbank, auf der man sich traf und miteinander ratschen konnte.

Aber manchmal ist es auch das Zuviel an Worten. Werden wir nicht von einer steigenden Wortflut geradezu überschwemmt? Wer könnte noch all das, was er den ganzen Tag über hört, aufnehmen, behalten oder gar verstehen?! Haben wir nicht eine Inflation der Worte? Was ist eigentlich ein Wort noch wert? Werden in unserer Zeit nicht immer mehr Worte gemacht und wird immer weniger gesagt? Auch dies ist eine einsame Erfahrung des Menschen unserer Zeit.

Und doch, wir brauchen das Wort: Denn wir Menschen wollen uns mitteilen: unsere Gefühle, unsere Erwartungen, unsere Sorgen. Wir wollen erzählen können, was uns bewegt. Und wir hoffen, Menschen zu finden, die uns zuhören. Wir wollen doch bitte verstanden werden.

Worte eröffnen die Begegnung von Mensch zu Mensch. Diese grundlegende Lebenserfahrung sollten wir auch für unseren Glauben erschließen. Denn das Wort eröffnet auch und vor allem die Begegnung von Gott zu Mensch und von Mensch zu Gott. Worte sind wertvoll und wichtig. Und Worte wirken!

Gott ist das Wort
„Im Anfang war das Wort. Und das Wort war Gott.“ Das ist die gewaltige Aussage des heutigen Evangeliums. Es ist der Anfang des Evangeliums überhaupt. Nicht ein magisches Prinzip und auch nicht der Zufall stehen am Anfang der Begegnung Gottes mit uns Menschen, sondern ein ausgesprochenes Wort.

Gott offenbart sich nicht als komplizierte Formel, er offenbart sich in Worten, einfachen, menschlichen Worten. Warum? Weil er sich verständlich machen, weil von uns verstanden werden will.

Gott sucht den Dialog mit dem Menschen, er sucht das offene Gespräch. Und riskiert viel dabei: Zum einen unterzugehen in der Wortflut dieser Welt. Man kann Gott totschweigen, man kann Gott aber auch totreden. Und Gott riskiert auch missverstanden zu werden.

Wie viele Propheten, Verkünder des Gotteswortes, wurden von den Menschen nicht verstanden!? Hat man nicht auch den Letzten von ihnen, Johannes den Täufer, enthauptet! Und doch: Gott ließ sich nicht abbringen, das Gespräch mit uns Menschen zu suchen.

Und er geht aufs Ganze. Er bleibt nicht beim Wort: „Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns Menschen gewohnt.“ Jesus Christus redet nicht nur in Worten, wie Gott ist. Er lebt uns vor, was Gott uns schon immer sagen wollte. Damit wir Menschen endlich verstehen, wie Gott ist. Und seine Worte werden zur Tat: Seine Worte der Umkehr rütteln Menschen auf, dass sie tatsächlich umkehren im Leben. Seine Worte des Heils machen Menschen tatsächlich heil. Seine Worte sind so lebendig, dass sie einen toten Lazarus wieder zum Leben erwecken. Petrus, kann da nur staunen und bekennen: „Herr, Du hast Worte ewigen Lebens.“

Und doch: ist es dem menschgewordenen Wort Gottes, ist es Jesus Christus am Ende nicht genauso ergangen wie all den Propheten vor ihm? Viele überhörten sein Wort, immer mehr verstanden ihn falsch, viele wollten ihn gar nicht verstehen. Warum? Weil seine Worte den gängigen Parolen der Zeit widersprochen haben. Er hat eben nicht gesagt, was die Leute hören wollten. Und am Ende haben sie ihn gekreuzigt. Zwischen Krippe und Kreuz liegen gerade einmal 33 Jahre… „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ Nicht verstanden zu werden, obwohl man sich doch so verständlich gemacht hat, das gehört wohl zu den einsamsten Erfahrungen Gottes mit uns Menschen. Im Anfang war das Wort bei Gott. Er hat auch das letzte Wort. Das Jesus aus dem Tod errettet hat.

Reden setzt Hören voraus
Vielleicht lohnt es sich einmal darüber nachzudenken: Welche Rolle spielt das Wort Gottes in meinem Leben? Hat Gott mir etwas zu sagen? Darf er bei mir mitreden, mitbestimmen? Aber haben wir überhaupt noch etwas Wesentliches zu sagen, wenn wir Gott kein Gehör mehr schenken? Oder wird am Ende nicht alles beliebig? Hören wir gespannt darauf, was er uns sagen will. Manchmal bin ich selbst ganz überrascht, welche Worte aus dem Evangelium, Menschen ansprechen, auf die ich selbst bei der Predigt nicht geachtet hätte. Worte wirken: Sein Wort wirkt. Und es will heute wie damals Fleisch werden. Was uns dabei hilft: Er selbst. Denn weil Gott in ihm damals Fleisch geworden ist, war er ganz leibhaftig in unserer Mitte. Und das bleibt er auch: Ich bin bei euch bis zum Ende der Welt! In der Kommunion tritt er ganz leibhaftig in unsere Mitte. Durch die Wandlung wird das Wort Fleisch. Und wir dürfen ihn empfangen in uns.

Halten wir darum immer wieder auch das Gespräch lebendig mit ihm. Gerade auch nach der Kommunion. In aller Stille. Denn nur wenn wir hören, kann er reden.

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