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Das Evangelium einmal zweimal

Das Evangelium einmal zweimal
Gedanken zum 14. Sonntag im Jahreskreis (Mt 11, 25-30)

Wir haben gerade das Evangelium gehört. Ja, alle haben wir es nur gehört und auch nur einmal. Und nur einer hat es gelesen. Ich. Wenn man etwas vor Augen hat und liest, kann man es vielleicht schneller erfassen. Aber wenn wir etwas gesagt bekommen, wir uns persönlich angesprochen fühlen, wirkt manches viel mehr.
Das Evangelium wird im Gottesdienst bewusst vorgetragen. Und nicht nachgelesen. Schließlich hat Jesus ja auch keine Vorlesungen gehalten. Sondern ganz einfache Geschichten erzählt, die man sich gut einprägen kann. Und Sätze gesagt, die sprichwörtlich geworden sind, weil sie ganz einfach wahr und einfach zu merken sind.
Gewiss, damit setzt die Verkündigung des Evangeliums aufmerksame Hörer voraus. Aufmerksamkeit ist auch angesagt, denn Jesus hat uns wirklich was zu sagen. Klar ist aber auch, dass man sich nicht alles merken kann. Das muss man auch nicht. Manchmal ertappen wir uns wohl alle, dass man gar nicht mehr richtig zuhört, weil man mittendrin hängen geblieben ist: an einem Wort, einem Gedanken. Ein echter „Aufhänger“.

Aufhänger bringen was!
Das haben wir auch bei unserem letzten Bibelkreis gemerkt. Unter dem Motto „Mein Wort zum Sonntag“ machen wir uns am Donnerstag nach der Abendmesse in einem Kreis um das Taufbecken für eine Stunde gemeinsam Gedanken zum kommenden Sonntagsevangelium. Dazu muss man es natürlich erst mal gehört haben. Danach halten wir bewusst eine Zeit der Stille, damit das Wort besser wirken kann.

Und dann… Dann haben wir festgestellt, dass wir das Evangelium noch einmal hören wollen – hören müssen, weil wir alle irgendwo hängen geblieben sind. Aufhänger sind wichtig. Es kann sein, dass ich da etwas nicht gleich verstehe; oder ich habe etwas gehört, das mich besonders anspricht. Vielleicht sogar tief in meiner Seele berührt hat… Und wenn man anschließend dann noch darüber austauscht, wird das Wort so richtig lebendig.

Was mich bewegt
Wo wir hängen geblieben sind, was uns bewegt hat…? Eine Teilnehmerin ist gleich am Anfang hängen geblieben. Weil sie sich über diesen Aufruf so gefreut hat. „Ich preise dich, Vater!“ (Mt 11,25) Gott loben, ihn lobpreisen – man konnte sehen, wie sie aus ihrem Innern gestrahlt hat! Auch beim zweiten Mal zuhören, wollte sie gar nicht mehr hören. „Ich preise dich, Vater! Das hat mich berührt, das reicht mir für heute.“ Man muss sich nicht das ganze Evangelium merken – oft reicht schon ein Wort, das wirkt…

Jesus preist seinen Vater, den Herrn des Himmels und der Erde, warum? Weil er alles „den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart“ hat (Mt 11, 25). Das ist ein Satz zum Nachdenken. Und es ist darum nicht verwunderlich, wenn man an einer solchen Aussage hängen bleibt. Warum ist es von Gott offenbar gewollt, dass er sich nicht an die Mündigen wendet? Hätten wir –an seiner Stelle- nicht zuerst an sie, die Klugen und Weisen, appelliert! Darüber haben wir uns im Bibelkreis auch unterhalten. Auf einmal wurde es hochinteressant. Wir sind zu dem Schluss gelangt, dass die vermeintlich Weisen und die Klugen oft selbst am besten wissen, was sie wollen, brauchen und vor allem sie meinen zu wissen, wie´s geht. Die Frage nach Gott stellen sie sich vielleicht seltener als die vermeintlich Unmündigen. Aber mit Unmündigen sind keine „Dummerle“ gemeint. Jesus meint schon eher die Menschen, die auch mal den Mund halten können, weil sie auf das Wort Gottes und seine Offenbarung hören wollen. Um weiter zu denken – zusammen mit Gott.

Auch das mit dem „Joch“ ist so eine Sache. Daran könnte man Anstoß nehmen. Aber das mit „sich unter ein Joch begeben“ wurde von denen, die an diesem Gedanken hängen geblieben sind, gleich richtig verstanden. Nein, damit ist kein Joch der Unterdrückung gemeint. Jesus will uns nicht unterjochen – wir sind vielmehr zur Freiheit der Kinder Gottes berufen. Und diese Berufung gelingt umso besser, je mehr wir uns von seinem Willen leiten lassen. „Jesus, du weißt am besten, was gut für mich ist! Lass mich erkennen, was ich tun und lassen soll.“ Und die Erfahrungen, die die Bibelkreisteilnehmer gemacht haben, haben das bestätigt. Wenn wir uns mit Jesus entscheiden, mit ihm gehen, geht´s leichter. Genau dies will das Joch Jesu auch bewirken: dass uns das Leben leichter fällt und am Ende besser gelingt. Das Joch, von dem Jesus spricht, meint also nicht ein festes Geschirr, sondern es bezeichnet den Willen Gottes für mich und mein Leben. Darum kann der Sohn Gottes auch sagen: „Mein Joch drückt nicht.“ Es ist ja Jesus, der es uns auflegt. Und der sagt von sich: „Ich bin gütig und von Herzen demütig.“ (Mt 11,29) Eine wahrlich wohltuende Zusage, die wiederum einige im Bibelkreis besonders berührt hat.

Und dann war da noch die Frage, wo und wie wir denn für unsere Seele Ruhe finden können… Eine Teilnehmerin hat daraufhin von einer kleinen Alltagsbegegnung erzählt. Irgendwie kam das Gespräch auf die Frage, wo sie denn eigentlich Ruhe findet. Nach einem kurzen Nachdenken hat sie ganz einfach geantwortet: In der Kirche. Und für diese Antwort Staunen geerntet.

Ja, wo findet meine Seele Ruhe? Das könnte ein Impuls sein, den wir aus dem Evangelium vom heutigen Sonntag einmal mitnehmen könnten in die Woche. Jesus lädt uns alle ein, bei ihm ein wenig auszuruhen. Besonders dann, wenn wir uns gerade plagen und schwere Lasten zu tragen haben. Die Einladung einfach mal annehmen… Wie wär´s?

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