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Das Kreuz steht, auch wenn die Welt sich dreht…

Das Kreuz steht, auch wenn die Welt sich dreht…

Was ist die stärkste Religion unter Schülern in Wien? Klar: der Islam. Über 41% der Schülerinnen und Schüler in der österreichischen Hauptstadt sind mittlerweile muslimischen Glaubens. Bei dieser aktuellen Meldung aus unserem Nachbarland musste ich unwillkürlich an Marco d´Aviano denken. Was würde wohl dieser einst europaweit bekannte Volksprediger dazu sagen, der heute in der Kapuzinergruft in Wien begraben liegt. Zusammen mit Pfarrer Antonius Ginther stand er am Beginn unserer Biberbacher Wallfahrtsgeschichte.

Und zu seinen Lebzeiten, Ende des 17. Jahrhunderts, standen die Türken vor den Toren Wiens. Was wäre wohl geworden, wenn Wien damals von osmanischen Angreifern erobert worden wäre? Aber oben auf dem Kahlenberg, mit einem weiten Blick über Wien, hat Marco d´Aviano im entscheidenden Augenblick der Schlacht die Heilige Messe gefeiert und die Stadt Wien im Zeichen des Kreuzes gesegnet. Natürlich hatte er im Vorfeld auch politisch gut beraten. Aber am Ende wurde dieser Sieg doch als Wunder gefeiert. Seither wagten sich die Türken nicht mehr als Eroberer ins christliche Abendland.

Wie steht es aber um das christliche Abendland heute? Während in weiten Teilen der Welt das Christentum wächst und gedeiht, scheint es in unseren Breiten zu verwelken. Aber nicht nur das Christentum. Auch andere Selbstverständlichkeiten scheinen uns abhanden zu kommen. So etwas Selbstverständliches etwa wie Familie, Heimat, Tradition… Es geht in kurzer Zeit auf einmal so viel verloren, was über Jahrhunderte gewachsen ist.

Nun gut, das ist doch kein Problem. Ist es auch nicht, zumindest solange etwas Besseres nachkommt. Aber was kommt denn nach, wenn Familien nicht mehr tragen, Generationen nicht mehr zusammenhalten, Heimat zum Fremdwort wird und jahrhundertealte Traditionen einfach in Vergessenheit geraten. Was tritt denn an Stelle all dessen? Und vor allem: ist das, was nachkommt, besser?

Noch genauer gefragt: Was bleibt, wenn christlicher Glaube verschwindet, weil man sich nicht mehr drum gekümmert hat? Sicher geglaubte Werte werden brüchig. So etwas wie Menschenwürde, Recht und Ordnung und auch soziale Verantwortung sind in unseren Breitengraden christlich fundiert. Es geht ans Fundament. Ans Eingemachte.

Die Gottebenbildlichkeit des Menschen begründet und sichert seine Würde. Und die soziale Verantwortung ergibt sich aus dem Gebot zur Nächstenliebe, die so im Islam nur gegenüber Glaubensbrüdern gilt. Und die vielbeschworene Toleranz folgt nicht einer gewissen Gleichgültigkeit, sondern ist Ausdruck des Respekts vor der gottgewollten Freiheit des Gewissens.

Und ich frage uns heute am Karfreitag: Was bleibt uns denn übrig, wenn das Kreuz verschwunden ist. Woran wollen wir uns denn festhalten, wenn wir selbst einmal unseren eigenen Kreuzweg zu gehen haben? Ein Handkreuz aus Betlehem, so wie dieses, habe ich schon oft in andere Hände gelegt. In kranke, schwache, verzweifelte Hände, die das Leben hilfesuchend zum Himmel streckt. Und ich weiß, wie viele Menschen sich bis zuletzt daran vertrauensvoll festgehalten haben.

Und was wäre denn, wenn wir in zwei Tagen nicht Ostern feiern könnten, sondern es beim Ostereiersuchen und beim obligatorischen Brunch bliebe? Am Ende sind wir tot und bleiben es auch. Bitte nicht mit uns Christen! Unser Glaube macht Sinn und darum ist es sinnvoll, sich mit dem Glauben zu beschäftigen. Gott und die Welt sind wichtig, weil beides zusammengehört. Ich kann und will mir eine Welt ohne Gott nicht vorstellen.

Und eine Welt mit Gott fängt immer an mit einem Menschen, den Gott auf die Welt gebracht hat. Gewiss, Christ zu werden und Christ zu bleiben, ist heute anstrengender als früher. Weil wir dabei nicht mehr unterstützt werden von der Gesellschaft, unserem persönlichen Umfeld. Christlicher Glaube ist für viele schlicht aus der Mode gekommen. Aber die Zeiten ändern sich bekanntlich.

Und es ist schon beeindruckend, wenn wir nach Frankreich schauen. Allein an diesem Osterfest werden in Frankreich 18.000 Jugendliche und Erwachsene getauft. Das sind wiederum 45 % mehr als im vergangenen Jahr. Und dieser Trend hält schon seit vielen Jahren an. Und das ausgerechnet in dem Land, das seit der französischen Revolution so stolz ist auf seine Trennung von Kirche und Staat. Dabei war Frankreich eigentlich „la fille aîné“, die älteste Tochter der Kirche. Und diese Tochter scheint sich buchstäblich zu verjüngen.

Wie lautet nochmal der Wahlspruch der Kartäuser: „Das Kreuz steht, auch wenn die Welt sich dreht.“ Wenn das Kreuz nicht mehr steht, dann dreht sich die Welt nur noch um sich selbst. Bei diesem Gedanken wird mir schwindlig. Darum halten wir fest am Kreuz. Halten wir als Christen fest zu Christus. Damit er uns hält. Amen.

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