Der Ablass
ZU DIESER PREDIGT STEHT KEINE TONAUFNAHME ZUR VERFÜGUNG
Der Ablass
Beim Thema Ablass denkt jeder zunächst wohl ans Geld. Und das nicht ganz zu Unrecht. Der Dominikanermönch Johann Tetzel kam vor über 500 Jahren auf die fragwürdige Idee, Ablässe zu verkaufen. Der Erlös landete in einem Kasten, dem „Tetzelkasten“. Darauf war der Teufel gemalt, der mit sichtbarer Freude gerade arme Seelen im Fegefeuer maltraitierte. Eine besondere Art der Werbung. Der Werbeslogan, der damit verbunden war, ist noch heute bekannt: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt.“
Dieses Geschäftsmodell hat dem guten Ruf des Ablasses nachhaltig geschadet. Schade, denn der Ablass ist ein kostbares Heil- und Hilfsmittel für uns Christen. Und das Allerschönste: Den Ablass gibt´s geschenkt, aber nicht umsonst.
Aber warum braucht es überhaupt so etwas wie einen Ablass? Nehmen wir ein einfaches Beispiel aus dem Straßenverkehr. Da baut einer einen Unfall, es passiert vielleicht nicht viel. Aber ein Zaun ist beschädigt und die Stoßstange auch. Die Beifahrerin erleidet Prellungen und der Fahrer selbst kommt mit einem blauen Auge davon.
Zunächst stellt sich die Schuldfrage. Und die muss natürlich geklärt werden. Damit ist die Sache aber noch nicht erledigt. Denn es bleiben ja die Folgeschäden: Der Zaun, die Stoßstange, die Prellungen und das blaue Auge. Die Folgen des Unfalls müssen wieder gut gemacht werden. Alles was hilft, den Schaden wieder gut zu machen, ist hilfreich: Von der Autoversicherung bis zum Zahnarzt. Gemeinsam kriegen wir das schon wieder hin…!
Im Falle eines Verkehrssünders ist das alles klar verständlich. Der Ablass ist auch nicht komplizierter zu erklären.
Zunächst: Der Ablass ist ein Heil- und Hilfsmittel für einen Menschen, der Fehler begangen hat. Nennen wir ihn ruhig „reuigen Sünder“. Natürlich geht es zunächst einmal darum, die Sünden zu beichten. Damit ist die Schuld vergeben und vergessen. Aber was ist mit ihren Folgen? (Theologisch spricht man von „Sündenstrafen“.) Eine Sünde bleibt oftmals ja nicht folgenlos. Es mögen innere Verletzungen bei anderen entstanden sein. Und dann gibt es ja noch dumme Angewohnheiten, die auch angegangen werden müssen. Also: es bleibt nach der Beichte noch so einiges zu tun. Und dabei kann und sollte man sich helfen lassen.
Zunächst natürlich ist beim Betreffenden selbst der gute Willen gefordert, es wieder gut und in Zukunft besser zu machen. Aber auch hier ist es wichtig, dass man damit nicht alleine gelassen wird. Es braucht Menschen, die ihm dabei helfen. Das nennen wir gemeinhin „Solidarität“. Als Christen tragen wir gemeinsam Verantwortung miteinander und füreinander.
Das schöne, was jetzt beim Ablass noch dazukommt, ist nicht weniger als der Himmel. Wir glauben ja nicht nur an die sichtbare, sondern vielmehr an die unsichtbare Welt. Die Kirche gibt es nicht nur auf Erden. Es gibt auch die Kirche des Himmels. Mit allen Engeln und Heiligen. Das Reich Gottes umfasst Himmel und Erde. Wir sind auf Erden verbunden mit dem Himmel. Und der Himmel will mithelfen, wenn wir seine Hilfe anrufen. Bei all unserem Bemühen dürfen wir auf die Gnade und Barmherzigkeit Gottes vertrauen, auf die Fürsprache Mariens und aller Heiligen. Und vergessen wir nicht: Jesus betet mit uns und tritt für uns ein.
Diese tiefe Verbundenheit nenne ich „himmlische Solidarität“. Das ist von unserem Glauben her gesehen nur logisch. Wir leben ja in einer Welt. Die sichtbare Welt steht in einem lebendigen Austausch mit der unsichtbaren.
So gesehen lässt sich der Ablass gut verstehen: Das, was an Gutem im Laufe der Zeit im Himmel schon zusammengekommen ist, vor allem die Erlösungstat Jesu Christi, das Leben und Wirken aller Heiligen…, all das Gute, das im Laufe der Heilsgeschichte zusammengekommen ist, ist aufgehoben wie ein kostbarer Schatz.
Aber dieser Schatz wird nicht in einem Safe gehütet. Dieser Schatz an Gutem wird eingesetzt, investiert für eine bessere Welt. Sprechen wir ruhig von einer geistlichen „Gütergemeinschaft“. Die Kirche weiß um diesen Schatz und möchte ihn Menschen zukommen lassen. Es handelt sich um einen echten „Güteraustausch“, der Menschen dabei helfen möchte, besser zu werden, es besser zu machen.
Und wie geht das? Wir müssen keinen komplizierten Beihilfeantrag stellen. Aber ein Zeichen guten Willens braucht es schon, das erkennen lässt, dass wir es ernst meinen. Die Bedingung für einen Ablass sind darum:
Die Vergebung der Schuld im Bußsakrament. Beichten.
Der Wille zu Umkehr und Wiedergutmachung.
Die Teilnahme an der Eucharistie und der Empfang der Heiligen Kommunion.
Das Bekenntnis des Glaubens und ein Gebet in der Meinung des Heiligen Vaters.
Um den Ablass zu erhalten, muss man nicht unbedingt eine Pilgerreise nach Rom unternehmen. Es genügt auch ein Besuch beim Herrgöttle in Biberbach und das feste Vertrauen auf die Barmherzigkeit Gottes. In diesem Jubiläumsjahr gehört unsere Wallfahrtskirche zu den Ablasskirchen, in denen ein Jubiläumsablass gewonnen werden kann.
Übrigens kann ich einen Ablass nicht nur mir selbst zu Gute kommen lassen. Ich kann ihn auch erbitten für andere. Ihn einem Menschen zuwenden, von dem ich glaube, dass er diese „himmlische Unterstützung“ gut gebrauchen kann. Auch für Verstorbene kann ich einen Ablass gewinnen. Verstorbenen sind ja nicht tot, sondern unterwegs ins ewige Leben – oder bereits dort angekommen. Der Ablass kann so also auch als ein Weggeleit zugewendet werden, als Zeichen unserer liebevollen Verbundenheit über den Tod hinaus.
Recht verstanden ist der Ablass also kein „Umtrieb“ aus dem ach so finsteren Mittelalter, sondern ein heilsames Hilfsmittel. Er weist einmal mehr darauf hin, dass wir Christen in einer Solidargemeinschaft mit der einen Welt leben. Gerade aus der unsichtbaren Welt können wir viel an Inspiration, an Gnade und Barmherzigkeit empfangen. Es lohnt sich einen guten Draht aufzubauen, damit wir teilhaben an der Gütergemeinschaft von Himmel und Erde, an einem lebendigen Güteraustausch.
Papst Franziskus legt uns darum den Ablass im Heiligen Jahr auch ganz besonders ans Herz. Hören wir abschließend seine Worte aus seinem Schreiben Misericordiae vultus:
„Die Kirche lebt die Gemeinschaft der Heiligen. In der Eucharistiefeier vollzieht sich diese Gemeinschaft, die ein Geschenk Gottes ist, als geistliches Band, das uns Glaubende mit der unzählbaren Schar der Heiligen und Seligen verbindet (vgl. Offb 7,4). Ihre Heiligkeit kommt unserer Gebrechlichkeit zu Hilfe, und so kann die Mutter Kirche mit ihren Gebeten und ihrem Leben der Schwachheit der einen mit der Heiligkeit der anderen entgegenkommen. Den Ablass des Heiligen Jahres zu leben, heißt also, sich der Barmherzigkeit des Vaters anzuvertrauen in der Gewissheit, dass seine Vergebung sich auf das gesamte Leben der Gläubigen auswirkt.“
Fürbitten
Herr Jesus Christus, du hast uns Menschen immer wieder zur Umkehr aufgerufen. Umkehr ist Hinkehr, Hinkehr zu Gott. Gerade in der Fastenzeit…
- Wir bitten Dich für alle, die sich in Schuld verstrickt haben und nicht wissen, wie sie sich aus ihrer Verstrickung lösen sollen.
- Wir bitten Dich für alle, die sich in diesen Tagen auf ihre Osterbeichte vorbereiten.
- Wir bitten Dich für alle, die nur ihre Schwächen, nicht aber ihre Stärken kennen und für jene die sich keiner Schuld bewusst sind.
- Wir bitten für uns, dass wir bewusst auch auf die Mithilfe des Himmels setzen, wenn es darum geht, wiedergutzumachen und in Zukunft besser zu werden.
Herr Jesus Christus, im Sakrament der Versöhnung schenkst du uns immer wieder einen neuen Anfang. Dafür danken wir dir.
Amen.