Der gute Hirte
Der gute Hirte
Gedanken zum Evangelium am 4. Sonntag der Osterzeit
Ein Hirt und seine Schafe – Schafe und ihr Hirte… Der eine nicht ohne all die anderen. All die anderen nicht ohne den einen Hirten. Ein Bild voller Vertrauen, das uns da Jesus einprägen möchte. Ein Seelenbild. Ein Bild von Seelsorge.
Schäfchen sind schon was Liebes… Und Kinder streicheln Schäfchen auch sofort. Gut für Schafe, wenn jemand einer ist, der auf sie aufpasst. Am besten ein guter Hirte, der sie beschützt und für sie sorgt. Irgendwie schon ein schönes Bild, das wohl in uns allen wach wird, wenn wir das Evangelium vom heutigen Sonntag auf uns wirken lassen.
Der Hirte
Einen ganz anderen Eindruck freilich hatten viele der Menschen, denen Jesus dieses Bild vor Augen gestellt hat. Nachdem er seine Rede beendet hatte, wollten ihn seine Gegner sogar dafür steinigen. So harmlos ist die Sache also gar nicht. Als Hirte bezeichneten sich damals nämlich alle Führer, Herrscher und Machthaber. Auch solche, die mit Gewalt herrschten und Unrecht ausübten, ließen sich Hirten nennen.
Als Jesus vom guten Hirten spricht, dachte wohl so mancher seiner Zuhörer an das, was schon der große Prophet Ezechiel vorhersagte. Der prangerte die vielen Hirten an, die ungerecht und aus reinem Eigennutz das Volk beherrschten. Es sind warnende Worte, die Ezechiel findet: „So spricht Gott der Herr: wehe den Hirten Israels, die nur sich selbst weiden…“ Das wirkt wie eine Gegendarstellung zu einem guten Hirten… die armen Tiere…!
Führer im Volk haben ihre Macht missbraucht, sich selbst bereichert und zu Unrecht und Niedergang geführt. In der Gesellschaft entstand eine Zweiklassengesellschaft. Einige wenige wurden immer fetter auf Kosten der vielen anderen, denen es immer schlechter ging. Ezechiel prophezeit, dass Gott eingreifen wird. Aus dem Hause Davids wird der gute Hirte all den schlechten Hirten mit Entschiedenheit entgegentreten. Er wird der Messias sein.
Diese Vision von einer wahren Hirtensorge besingt Psalm 23, den alle frommen Juden, und den auch Jesus aus ganzem Herzen gebetet hat: „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen, er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser!“
Das Bild des guten Hirten
Der gute Hirte. Jesus will diese tiefe Sehnsucht des Menschen erfüllen. An vielen Stellen entwirft er ein Leitungsmodell, das ihn als guten Hirten ausweist. Er ist vertraut mit seinen Schafen. Sie kennen ihn und er kennt sie. Und sie hören auf seine Stimme und folgen ihm. Vertrauen statt Macht.
Ein guter Hirte ist bereit, jedem seiner Schafe nachzugehen. Und seine Freude über ein wiedergefundenes Schaf ist groß. Die ihm anvertraute Herde bedeutet ihm einfach alles. Er ist eben kein bezahlter Knecht, der nur an sich denkt und an das eigene Fortkommen; der flieht, wenn der Wolf kommt, aus Angst, um sein Leben zu retten… Ganz anders der gute Hirte: er gibt sein Leben hin für seine Schafe! Es ist ein Bild der Sorge und Fürsorge. Ein Bild voller Aufmerksamkeit, ein Bild voller Liebe und Hingabe.
Der heutige „Gute Hirte Sonntag“ ist traditionell auch der Gebetstag um geistliche Berufe. Und das aus gutem Grund. Das Bild vom Guten Hirte ist das Vorbild für alle, die in der Seelsorge stehen. Es ist ein Dienst, ein Hirtendienst.
An diesem Führungs- und Leitungsstil hat sich natürlich auch das kirchliche Amt zu messen. Jedes Amt in der Kirche ist in der Nachfolge Jesu ein Dienstamt. Aber das Bild vom guten Hirten kann auf alle Bereiche angewendet werden, wo Menschen Verantwortung tragen für andere. Wie gut tut dieses Modell auch der Politik und den Politikern, der Wirtschaft und den Managern.
Die Schafe hören meine Stimme und folgen mir
Aber es ist nicht nur vom Hirten die Rede, sondern auch von den Schafen… Und von einer Grundeinstellung, die so wichtig ist: das Hören. Eine Stimme, die mir etwas zu sagen hat, kann ich nur vernehmen, wenn ich wirklich höre, zuhöre und hinhöre. Auch unser Glaube kommt vom Hören. Nur wenn ich aufmerksam hinhöre, kann ich auch verstehen und das Wort Jesu in mir wirksam werden lassen. Wenn ich auf ihn höre, dann werde ich gehorchen. Weil ich weiß: Gott will in Jesus Christus das Beste für mich. Aus dieser inneren Gewissheit erwächst Vertrauen, Gottvertrauen. Und dieses Vertrauen schenkt den rechten Gehorsam im Glauben und macht dann auch Mut zu Nachfolge. Weil ich weiß: es ist seine Stimme. Und seine Stimme gilt mir. Und er weiß am besten, was gut für mich ist.
Darum kann und darf mich nichts seiner Hand entreißen. Beten wir darum, dass wir nie von Jesus Christus getrennt werden. Wir gingen verloren! Amen.
Fürbitten
Herr Jesus Christus,
im Bild vom Guten Hirten zeigst Du uns ein wunderbares Vorbild an Fürsorge. Wir bitten dich:
Für alle, die Macht haben über andere: dass sie verantwortungsbewusst damit umgehen zum Wohle aller.
Für alle, die Du als Priester oder Ordensleute berufen willst: dass sie sich ansprechen lassen und Dir folgen.
Für alle, die in unserer Kirche einen pastoralen Dienst ausüben: dass sie sich immer wieder neu an Deinem Vorbild orientieren.
Für unsere Kommunionkinder, die an den nächsten Sonntagen zum ersten Mal an Deinen Tisch geladen sind: dass sie empfänglich sind und bleiben für Dich.
Für unsere Mütter, heute an Muttertag: dass sie ihren Kindern schenken können, was ihnen gut tut, und dabei selbst reich werden an innerer Lebensfreude.
Herr Jesus Christus, als Guter Hirte kennst Du de Deinen und die Deinen kennen Dich. Danke für dieses Vertrauensverhältnis, das unsere Leben trägt und hält. Amen.