Der Mahner in der Wüste
Der Mahner in der Wüste
Gedanken zum Hochfest der Geburt Johannes des Täufers
Der „Mahner in der Wüste“ ist sprichwörtlich geworden. Was ein Mahner ist und was er macht? Er mahnt. Oftmals zur Umkehr. Frei nach dem Motto: „So kann´s auf Dauer nicht weiter gehen“. Und er mahnt in der Wüste. Also da, wo sonst normalerweise kaum einer ist. Und worum geht es einem Mahner in der Wüste? Dass es in Zukunft besser geht. Einem echten Mahner in der Wüste geht es nie allein um sich. Das macht ihn von sich aus glaubwürdig. Und er schickt die Menschen auch nicht in die Wüste. Er wartet dort auf sie. In der Hoffnung, dass jemand kommt. Ja, man muss sich schon auf den Weg machen zu ihm. Aus dem einen Grund: der Mahner sagt mir genau das, was ich hören muss. Ein Mahner jedenfalls läuft den Menschen nicht nach. Das wäre schließlich Belästigung…
Johannes, der Vorläufer
Der Mahner in der Wüste, er hat einen Namen: „Johannes“. Johannes ist in der Wüste. Dort lebt er auch; einfacher geht’s nicht. Und überzeugender auch nicht. Johannes ruft zur Umkehr auf. Das ist seine Mahnung. Und er selbst geht mit gutem Beispiel voran. Johannes geht es nicht um sich. Es geht ihm allein um einen anderen, der größer ist als er. Der nach ihm kommt, obwohl er vor ihm war. Und die Menschen sind gekommen. Johannes jedenfalls ist keinem nachgelaufen…
Aber hat der Mahner in der Wüste auch Recht? Urteilen wir selbst: nach Johannes ist einer gekommen! Und dieser eine ist einer für uns alle: Jesus Christus. Ihm hat Johannes so überzeugend den Weg bereitet, dass so manche später Jesus für Johannes hielten. Auf die Frage Jesu: „Für wen halten die Leute den Menschensohn?“ (Mt 16, 13), antwortet Petrus: einige für Johannes den Täufer (vgl. Mt 16, 14). Was für ein Mahner in der Wüste! Glaubwürdig bis in die letzte Faser seiner Existenz.
Franziskus, was für ein Nachfolger!
Johannes ist der christliche Vorläufer. Und dann? Christliche „Nachläufer“ brauchen wir nicht. Dafür aber echte Nachfolger. Die Aufgabe bleibt die gleich: Immer geht es darum, Jesus Christus, dem Herrn, den Weg zu den Menschen zu bereiten. Damit sie ihn finden, die er sucht.
Wem fällt da nicht Franz von Assisi ein. Ihm begegnen wir nicht in der Wüste, sondern in den Wälder Umbriens. Dort lebte er ganz einfach – nach dem Evangelium. Auch zu ihm kamen viele Menschen. Sie kehrten um, wie er, der zunächst selbst umgekehrt ist. Gemeinsam versuchten sie, Jesus auf die Spur zu kommen. Franziskus war am Ende Jesus so ähnlich geworden, dass die Menschen ihn für den wiedergekommenen Christus hielten. Wundmale trug er auch…!
Mahner braucht die Welt!
Mahner braucht die Welt – auch heute. Solche vom Schlage eines Johannes oder eines Franziskus. Die nicht ihr eigenes Geschäft betreiben, weil es ihnen um etwas anderes geht, das viel mehr wert ist. Die nicht sagen, was ankommt, sondern worauf es ankommt. Und die überzeugen, weil sie sich selbst beim Wort nehmen und leben, was sie sagen. Wer nur Wasser predigt, darf selbst nicht nur Wein trinken…
Danken wir für alle, die für uns schon einmal so etwas wie Mahner gewesen sind. Und schauen wir auch auf uns. Denn jeder von uns sollte zum Mahner werden, wenn es nötig ist. Dazu müssen wir nicht in die Wüste und auch nicht in den Wald. Aber wir alle können versuchen, Mit-Menschen zu helfen, ihren Weg zu finden. Das tun Eltern mit ihren Kindern, Lehrer mit Schülern, und umgekehrt. So manche am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, im Verein.
Wir brauchen auch Mahner in der Kirche. Nehmen wir uns ein Beispiel an Johannes. Er war echt – er war glaubwürdig. Letztlich kommt es immer darauf an, dass wir versuchen, selbst zu leben, was wir glauben. Vor allem aber brauchen wir die Kraft der eigenen Überzeugung. Als Christen können wir Menschen nur das nahe bringen, wovon wir selbst auch überzeugt sind, weil es uns gut tut und Sinn macht. Und drängen wir uns nicht auf, belästigen wir niemanden. Sondern bieten wir an, was wir haben: einladend, gewinnend.
Manche beklagen, dass wir hierzulande in einer Glaubenswüste leben. Das mag sein. Aber ist das nicht eine Steilvorlage für uns, dass es so nicht bleiben muss! Warum sind damals die Massen eigens in die Wüste gegangen? Weil sie dort Johannes getroffen haben, diesen Mahner in der Wüste! Auf wen treffen sie heute?