l

Der Mensch kommt an seine Grenzen

Zu dieser Predigt ist keine Tonaufnahme verfügbar

 

Der Mensch kommt an seine Grenzen

Grenzen der Umwelt. Grenzen der Belastbarkeit. Grenzen des Alters. Die Lebensgrenze schlechthin aber ist der Tod. Alle Menschen müssen sterben. Weil wir Menschen sterben, sollten wir uns auch nicht um den Karfreitag herummogeln. Er wird uns irgendwann begegnen. Und wenn der Tod kommt, sollten wir das Sterben nicht erst lernen müssen.

Der Tod ist aber auch für das Leben wichtig. Lebenswichtig. Denn erst im Angesicht des Todes lernen wir richtig leben. Der Tod macht bewusst, bescheiden und konzentriert auf das Wesentliche. Auf das, was am Ende bleibt. Und der Friedhof bringt auf andere Gedanken…

Ostern beginnt nicht von ungefähr im Morgengrauen, auf dem Friedhof am Grab in Trauer mit Tränen. Feiern wir also nicht vorschnell Ostern. Überlegen wir uns lieber zuvor, wie wir mit den Grenzen des Lebens umgehen… Manche versuchen ja alles Mögliche. Das Leben wird künstlich verlängert oder aktiv beendet. Das Leben wird künstlich gezeugt und noch vor Geburt beendet. Und auch die Grenzen mitten  im Leben stellen immer wieder vor die Frage: wie gehe ich damit um?

Grenzen gilt es zu achten. Wir dürfen sie nicht übertreten. Nur wenn es gelingt, innerhalb unserer Grenzen zu leben, bleiben wir Menschen menschlich. Alles hat eben seine Grenzen! An dieser Stelle wird Jesus so wichtig für uns. Denn Jesus hat sich selbst an menschliche Grenzen gehalten. Auch er ist an seine Grenzen geraten. Ja, er war wirklich Mensch wie wir. Kein Über-Mensch, wie ihn Friedrich Nietzsche phantasierte. Umso mehr kann er uns zeigen, wie wir gut in unseren Grenzen leben.

Schauen wir auf sein Leben und wir lernen von ihm: Teilen macht reicher als alles Haben. Barmherzigkeit ist höhere Gerechtigkeit. Heil bedeutet mehr als Gesundheit. Und Nächstenliebe fängt erst dort so richtig an, wo die Sympathie endet. Jesus wollte die Grenzen unserer Lebenseinstellungen weiten. Er hat sie nicht gesprengt. Christsein ist so verstanden weiterentwickeltes Menschsein. Ein update sozusagen.

Und Sterben? Jesus hilft uns, auch mit dieser „Deadline“ gut umzugehen. Er hat uns vorgelebt, wie man am Ende gut sterben kann. Seine letzten Worte waren Ausdruck von Fürsorge und Gottvertrauen. Am Ende ist es vollbracht. „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.“ Da ist keiner gestorben worden, da hat einer es gekonnt zu sterben.

Aber was kommt dann? Natürlich kann man Menschen, die klinisch tot waren, nach ihren Nahtoderfahrungen fragen. Sie haben sich der Grenze zum Tod angenähert. Überschritten haben sie diese Grenze aber nicht. Am Ende legten sie auch den Leichnam Jesu in ein Grab. Jesus  konnte nur auf Gott vertrauen – auf ihn allein seine Hoffnung setzen. Das müssen auch wir einmal.

Hier beginnt dann Ostern. Die Grenze vom Leben zum Tod ist menschlich. Aber die Grenze vom Tod zum Leben öffnet allein Gott. Das ist der entscheidende Umschlagpunkt. Gott ergreift die Initiative. Das Tatmotiv freilich ist auf beiden Seiten dasselbe: es ist die Liebe. Die Liebe, mit der Jesus sein Leben hingegeben hat, schlägt die Brücke von Mensch zu Gott und von Gott zum Menschen. Die Liebe kennt keine Grenzen. Und: Die Liebe hört niemals auf.

Dazu muss man freilich an die Liebe glauben. Und daran, dass Gott die Liebe ist (vgl. 1. Joh 4, 8). Und dann gilt es, die Liebe zu leben. Hingebungsvoll, wie Jesus es getan hat. Nur wer die Liebe lebt, wird weiterleben in der Liebe. „Denn Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4,8).

Lothar Zenetti, ein tiefblickender Priester –vor wenigen Wochen ist er gestorben- hat darum gesagt: „Wir sind mitten im Leben zum Sterben bestimmt. Was da steht, wird fallen; Gott gibt und nimmt. Wir sind mitten im Sterben zum Leben bestimmt; was da fällt, soll erstehen. Gott gibt, wenn er nimmt.“

Share