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Der Rosenkranz – ein (fast) vergessener Gebetsschatz?

Der Rosenkranz – ein (fast) vergessener Gebetsschatz?
Gedanken zum Rosenkranzfest

Immer was Neues. Irgendwie ist das in unseren Köpfen drin. Vielleicht hat uns das die Werbung eingetrichtert… Klar ist aber auch: bei allen Neuerungen brauchen wir auch Bewährtes, Erprobtes, Bleibendes. Das schenkt dem Leben einen ruhigeren Atem und innere Gelassenheit, die ganz einfach gut tut.

Der Rosenkranz verwurzelt in Erfahrung
Das gilt auch im Glauben. Das 2. Vatikanische Konzil hat vom „Aggiornamento“ gesprochen. Damit war gemeint, dass der Glaube versuchen muss, der aktuellen Lebenswelt der Menschen nahe zu kommen. Dieses Anliegen ist wichtig. Schließlich muss der moderne Mensch mit seinem Glauben leben und praktisch umgehen können. In vielen neuen Lebensbereichen muss der Glaube versuchen Orientierung zu geben und praktisch umsetzbare Antworten. Von der Reproduktionsmedizin über die digitale Welt und den neuen sozialen Medien bis hin zu den Fragen der Migrationspolitik.
Bei allen Neuerungen und aller Tagesaktualität schöpft der Glaube seine Kraft aber auch und vor allem aus dem langen Atem der Generationen, die vor uns geglaubt haben. Und zutiefst aus der Ewigkeit Gottes. Vieles was wir glauben und vieles wie wir glauben hat tiefe Wurzeln. Das Glaubensbekenntnis etwa reicht bis ins 4. Jahrhundert. Wie viele Kirchenlieder werden schon seit Jahrhunderten angestimmt… Denken wir an das Vaterunser, das wir Jesus Christus selbst verdanken. Und wir beten es unverändert. Nein es muss nicht alles neu sein…
Auch der Rosenkranz gehört zu diesen alten Schätzen der Kirche.
Schon im Mittelalter kannte man so genannte Paternoster-Schnüre, mit Perlen an denen der Beter das Vaterunser oder das „Ave Maria“ betrachtete. Vor über 500 Jahren hat der Rosenkranz seine endgültige Gestalt gefunden und bis heute auch bewahrt. Im Jahre 1571 schrieb Papst Pius V. am 7. Oktober den Gedenktag unserer Lieben Frau vom Rosenkranz in den Kirchenkalender. In Dankbarkeit, dass das Abendland in der Seeschlacht von Lepanto den Einfall der Türken abwenden konnte und christlich blieb.

Eine gute Mischung
Der Rosenkranz bringt den Glauben wunderbar zur Sprache, beginnend mit dem Glaubensbekenntnis. Nach dem Gebet des Herrn machen wir uns den himmlischen Gruß zueigen, mit dem der Engel Gabriel Maria anspricht (vgl. Lk 1,28).  Mit den ersten drei „Gegrüßet seist du Maria“ erinnern wir uns an die drei göttlichen Tugenden, die nach Paulus für jetzt bleiben: Glaube, Hoffnung und die Liebe (vgl. 1 Kor. 13,13). Es folgen bei jedem Rosenkranz fünf sog. „Gesätze“. Jeweils beginnend mit dem Vaterunser, zehn „Ave Maria“ und einem abschließenden „Ehre sei dem Vater“. Der Rosenkranz ist eine ausgewogene Gebetssammlung, eine gute Mischung aus bittendem, lobendem und vor allem betrachtenden Beten, das nicht zuletzt zutiefst biblisch geprägt ist.
Und vor allem: der Rosenkranz nimmt das ganze Leben und den ganzen Glauben ins Gebet. Von der Empfängnis über die Geburt führen die lichtreichen Geheimnisse mitten ins Leben und Wirken. Der schmerzhafte Rosenkranz bringt das Leiden und Sterben zur Sprache. Wie wichtig ist es gerade darüber im Glauben reden und beten zu können und nicht schweigen zu müssen. Das Sterben und macht uns nicht leichenstarr und mundtot. Denn alles irdische Leid wird in den glorreichen Geheimnissen des Rosenkranzes aufgelöst. Die lebensbejahend an die Auferstehung denken bis hin zu dem Geheimnis der Aufnahme Mariens in den Himmel. Jenem Ausblick, der auch uns verheißen ist. Auf den wir uns schon jetzt vorfreuen dürfen.

Was der Rosenkranz wert ist
Der Rosenkranz hat es bei uns oft nicht leicht. Er mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Er sei langweilig, monoton, immer dasselbe. Vielleicht rühren diese Vorbehalte daher, dass mit dem Rosenkranz tatsächlich oftmals unachtsam umgegangen wurde. Auch die schönste Klaviersonate von Mozart wollte man nicht mehr hören und spielen, wenn sie bloß „lustlos heruntergeklimpert“ würde…  Den Rosenkranz darf man nicht leiern, man muss ihn lieben, wie es schon die Blume zum Ausdruck bringt, die ihm seinen Namen gegeben hat.
Für den Rosenkranz muss man sich schon Zeit nehmen. Das ist zum einen eine Herausforderung. Zum anderen aber auch sein Geschenk. Der Rosenkranz „kostet“ aber noch mehr schenkt er Zeit. Gebetszeit. Und er ermöglicht so, dass wir in ein Gebet eintreten und in diesem Gebet verweilen und so Ruhe und inneren Frieden finden. Der Rosenkranz wird so zur Meditation, die uns anders entlässt, als wir eingetreten sind. Und unterdessen wird man immer wieder feststellen, dass das Gebet auf gute Gedanken bringt. Manchmal reicht auch schon ein einziges Gesätz…
Immer aber geht es darum, sich auf das Gebet des Rosenkranzes einzulassen, sich vom Gebetsfluss mitnehmen zu lassen.
Man kann Rosenkranz beten auch bei der Arbeit. Das Gebet hält die Arbeit bekanntlich nicht auf. Beim Autofahren, warum auch nicht. – das verändert bei so Manchen den Fahrstil.
Es ist auch wunderbar, wie viel Gebetserfahrung im Rosenkranz geborgen ist. Wie viele Menschen beten ihn, weltweit in allen Anliegen des Lebens.  Ob wir uns einreihen in eine Gebetsgemeinschaft oder lieber nicht, den Rosenkranz beten wir nie allein. Irgendwo wird immer Rosenkranz gebetet. Und vor allem: wir beten ihn immer mit Maria. Der Mutter Jesu. Sie will uns hinführen zu Jesus Christus.
Wer wissen will, wie der Rosenkranz wirkt, der kann Menschen fragen die ihn beten. Oder ich nehme ihn selbst in die Hand und fange einfach an. Der Mensch braucht etwas, an dem er sich festhält. Am Rosenkranz kann man sich festhalten.
Der Oktober ist Rosenkranzmonat. Jedes Jahr. Nichts Neues also. Dafür etwas alt Bewährtes. Ein vertrautes Gebet. Ein Gebet des Vertrauens. Ein Gebet zum Leben und zum Sterben. Ein Gebet für alle Fälle.

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