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Ein Glaube für alle

Ein Glaube für alle
Gedanken zum 20. Sonntag i. J. (Evangelium: Mt. 15, 21-28)

„Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen.“ Viele sind in diesen Tagen unterwegs. Die einen zieht es in die Ferne. Andere sagen: “Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah.“ Wie auch immer… Wo man im Urlaub auch hinfährt: in der Kirche kommt man immer heim. Auch wenn man im Gottesdienst vielleicht nichts versteht, weil alle eine andere Sprache sprechen, irgendwie gehört man wie selbstverständlich mit dazu. In Urlaubszeiten bin ich besonders dankbar, mit meinem Glauben in einer Weltkirche überall daheim zu sein.
Das ist alles andere als selbstverständlich. Es gibt Religionen, die exklusiv sind. Etwa die persische Religion des Zarathustra. Selbst wenn Sie wollten, Sie gehören nicht dazu. Auch zum Jesiden muss man geboren sein, beitreten kann man dieser Religion jedenfalls nicht. Es gab und es gibt Stammesreligionen, bei denen allein die Abstammung über die Zugehörigkeit entscheidet.
Auch in den Anfängen der jüdischen Religion steht das im Vordergrund. Gewiss ist Gott der Schöpfer der ganzen Welt. Und doch ist Gott vor allem der Gott der Israeliten und ihres Stammvaters Abraham. Dieses Volk hat er sich auserwählt. Aus Ägypten befreit er es. Am Berg Horeb schließt er mit seinem Volk einen Bund und führt es in das gelobte Land. „Wo ist ein Gott, so groß wie unser Gott!“, so staunten die Israeliten, wenn Gott sein kleines und oft so widerspenstiges Volk wieder einmal aus einer Gefahr errettet hat. Jahwe ist unser Gott. Denn wir sind Kinder Abrahams! Und doch finden wir beim Propheten Jesaja schon Anklänge, dass es Gott um mehr geht: „Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein für alle Völker“ (Jes 56, 7).

Diese Prophezeiung wird sich erfüllen im Neuen Testament. Die Botschaft des Heils richtet sich nicht mehr nur ein auserwähltes Volk. Nein, alle Menschen sind berufen, Kinder Gottes zu werden. Das offenbart die Begegnung Jesu mit der knanäischen Frau. Es ist eine gute Botschaft, auch wenn das heutige Evangelium aufs erste Hinhören so zurückweisend anders klingt. Denn am Ende ereignet sich etwas sehr Entscheidendes: Es geschieht eine Entgrenzung des Glaubens. Glaube ohne Grenzen! Galt die Sendung Jesu zunächst und ganz selbstverständlich dem Volk Israel, so spüren wir jetzt, dass Jesus seine Sendung ausweitet: auch der Heidin wird die Botschaft des Heiles zugesagt – und ihre Tochter wird geheilt. Was ist eigentlich der Grund, das Tatmotiv Jesu? Es ist das gläubige Verlangen nach Heilung – nach Heil, das er bei dieser Frau spürt. „Frau, dein Glaube ist groß“ (Mt 15, 28).
Das Heil steht allen Menschen offen. Ein Gott für alle. Dies klingt im Matthäusevangelium immer wieder an. Schon am Anfang sind es ja nicht nur die Hirten aus der nächsten Nähe. Es sind auch die Weisen aus dem fernen Morgenland, die das Geheimnis der Menschwerdung suchen und anbeten. Und am Ende trägt Jesus seinen Jüngern auf: „Geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern(Mt 28, 19).

Gewiss, wir alle haben „unseren Stammbaum“. Sind blutsverwandt mit Menschen, die unsere Verwandtschaft sind. Aber über diese Abstammung setzt Jesus eine Berufung. Die Berufung in die Familie der Kinder Gottes. Eine Berufung, die allen Menschen gilt kraft der einen Taufe in Geist und Wahrheit. So und nicht anders konnte es christlichem Glauben Christentum gelingen, ganz im Sinne Jesu zu einer Weltreligion zu werden; zu einer weltumspannenden Glaubensgemeinschaft, die Menschen jenseits aller Unterschiede und über alle Grenzen hinweg miteinander verbindet. Warum? Weil Gott nicht nur Vater der Kinder Abrahams sein will, sondern der Vater aller Menschen. Diese Verbundenheit hat die Menschheitsfamilie christlich geprägt. Ja, wir haben Brüder und Schwestern, Verwandte in aller Welt. Das ist ein kostbares Erbe und künftige Verpflichtung zugleich.

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