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EIN SONNTAG IM BETT  ; )

EIN SONNTAG IM BETT  ; )
Gedanken zum 9. Sonntag im Jahreskreis von Pfarrer Ulrich Lindl
(Lesung: Dtn 5, 12-15; Evangelium: Mk 2,23-28)

Ein Sonntag im Bett
ist gemütlich und nett,
und wer das nie erlebt,
hat sein Leben nie gelebt.
Ich zieh‘ die Decke bis zum Kinn
und hör‘ die neusten Hits aus USA,
und les‘ im Modemagazin
was man so trägt im übernächsten Jahr.

Ein Sonntag im Bett
macht das Weekend erst komplett,
und wer das nicht kapiert,
der hat das noch nie probiert.
Ich frühstück‘ bis zum Nachmittag
und bleibe wach mit Ach und Krach
und dann tu ich, als ob ich Urlaub hätt‘
und mach es mir bequem im Bett.
Und dann schalt‘ ich auf stur
bis montags sieben Uhr.

 Ein Sonntag im Bett
ist gemütlich und nett,
und wer das nie erlebt,
hat sein Leben nie gelebt.

UND SO WEITER UNS SO FORT…

Aber: warum sind wir dann eigentlich aufgestanden?

Natürlich kann man das machen. Einen Sonntag ins Bett… Und nicht wenige tun das auch ganz gern. Ist ja auch praktisch: am Samstag bis in die Puppen feiern und dann erst mal so richtig schön ausschlafen. Irgendwann dann mal aufstehen und dann ausgiebig brunchen und dann…? Dann kann´s am Sonntagnachmittag auch ganz schnell ganz schön langweilig werden. Wenn der Ausflug ins Wasser fällt, im Fernsehen kein Formel 1 Rennen läuft. So gesehen wäre ein verkaufsoffener Sonntag schon hilfreich. Dann könnte man zur Abwechslung endlich wieder mal so richtig schön shoppen.

Aber gibt´s da nicht noch eine viel bessere Idee? Dem Sonntag geht bekanntlich ja der Samstag voraus – der Sabbat. Und der war den Juden heilig. Und Gott auch. Das Dritte der 10 Gebote ruft dazu auf: „Achte auf den Sabbat. Halte ihn heilig!“ (Dtn 5, 12) Der letzte Tag, nach dem das Schöpfungswerk vollbracht war. Ein Tag der Ruhe. Für Gott, den Menschen und auch für das Vieh! Dass der Schöpfer mit seinen Geschöpfen zur Ruhe kommt, und Gott und Mensch sich in aller Ruhe begegnen können. Darum geht es dem Sabbat eigentlich. Und Viele halten ihn darum bis heute hoch und heilig. Ja sie lieben ihn.

Nach dem Konzil von Nicäa bestimmten Kaiser Konstantin und Papst Silvester den Sonntag als den gesetzlichen Feiertag. Ein Tag des Herrn im Licht von Ostern. Der auferstandene Herr lebt – und das mitten unter uns. Wenn das kein Grund zum feiern ist! Den Sonntag verdanken wir also dem Herrn. Es ist der „Tag des Herrn“, „dies domini“. Im Italienischen wird der Sonntag darum als „domenica“ bezeichnet. Und darum war es klar, dass man den Tag des Herrn auch mit dem Herrn verbringt. Am Muttertag besucht man ja auch wenn´s irgendwie geht die Mutter…

Ein Wunder, dass der Sonntag immer wieder angegriffen wurde, wenn man den christlichen Glauben schaden wollte? Die französische Revolution etwa hat mit aller Gewalt versucht Frankreich zu entchristianisieren und nicht nur unzählige Priester ermordet und Kirchen entweiht. Es gab auch den radikalen Versuch, den Sonntag abzuschaffen. Da scheiterten die gottlosen Revolutionäre aber am Widerstand des Volkes. Aber es gibt auch die Macht des Geldes. Und eine gewaltige Geldgier, die in den Anfängen der Industrialisierung den Sonntag immer mehr als Arbeitstag missbrauchte, nur um die Arbeiter noch mehr ausbeuten zu können. Erst die Sozialgesetzgebung hat um die Ende des 19. Jahrhunderts die Sonntagsruhe wieder zu sichern versucht. Aber die größte Gefahr besteht für den Sonntag wohl immer dann, wenn er gar nicht mehr verstanden wird. Man nimmt ihn als Frei-Tag, als einen freien Tag, an dem man tun und lassen kann, was man will…

Also doch im Bett bleiben? Kann man, wird man aber nicht, wenn man sich Sinn und Zweck des Sonntags begriffen hat. Denn der Sonntag hat seinen tiefen Grund. Es ist der Tag des Herrn. Darum gibt es den Sonntag überhaupt. Und er steht bewusst als ersten Tag am Beginn einer neuen Woche. Während die UNO die Woche am Montag mit einem ganz normalen Arbeitstag beginnen lässt, fangen wir Christen anders an. Mit dem Sonntag! Damit setzen wir ein anderes Vorzeichen für die Woche. Vor jeder Arbeitsleistung steht die Begegnung mit Gott. Wir machen uns nicht sofort an die Arbeit. Der Sabbat war der letzte Tag… Ruhe zur Belohnung, wenn alles getan ist. Beim Sonntag ist es gerade umgekehrt: Wir fangen in aller Sonntagsruhe an. Atmen tief ein und holen uns Inspiration und Kraft aus dem Glauben, weil wissen: aus menschlicher Kraft allein wird letztlich nichts wirklich gut. Es kann am Ende nur gelingen, wenn von Anfang an Segen drauf ist. „Ein Sonntag ohne Messe ist“, so besehen „eine Woche ohne Segen.“ Diesen Satz einer viel beschäftigten Kirchgängerin habe ich mir gut gemerkt.

Der Sonntag erinnert uns damit an das was Gnade ist, und eben darum nicht erst erarbeitet werden kann und muss, weil es von Gott geschenkt wird. All dessen sich neu bewusst zu werden, tut jeder „Leistungs-Gesellschaft gut. Denn der Mensch ist mehr wert als seine Arbeit. Der Mensch ist wertvoller als seine erbrachte Leistung. Es gibt darum keinen Menschen, der „nichts mehr wert“ ist, nur weil er nichts mehr zu leisten vermag… Am Sonntag vergewissern wir uns, was den Menschen wirklich menschlich macht, worin seine Würde eigentlich begründet ist: in Gott. Darum gibt es nicht nur den Arbeitskittel sondern auch ein Sonntagsgewand. In dem man sich übrigens früher auch beerdigen ließ, um für das himmlische Mahl anständig angezogen zu sein. „Die Menschen verkommen, wenn sie nicht aus ihren Arbeitskitteln schlüpfen!“ Dem schottischen Philosophen Thomas Carlyle kann man da nur beipflichten. Die Bayerische Verfassung stellt darum in Art 147 ausdrücklich „die Sonntage […] als Tage der seelischen Erhebung und der Arbeitsruhe“ unter gesetzlichen Schutz.

Ja, und dann gibt es ja noch das „Sonntagsgebot“. Ein Kirchengebot, das jeden Christgläubigen ab dem 7. Lebensjahr anhält, am Sonntag die Heilige Messe zu besuchen. Wohl besser bekannt mit gehobenem Zeigefinger: „Du musst am Sonntag in die Kirche.“ Klingt nicht gerade verlockend, ist aber wohl wahr. Die Feier der sonntäglichen Eucharistie dürfen wir uns auf keinen Fall entgehen lassen. Die Sonntagsmesse ist „ein echtes Muss“! Den Tag des Herrn begeht ein Anhänger des Herrn, und das sind wir Christen doch hoffentlich, mit dem Herrn. Ein echter Fan geht ja auch, wenn´s geht, am Samstag ins Stadion…

Wie viel würden viele Christen andernorts dafür geben, wenn sie am Sonntag in die Kirche gehen könnten. Wie viele alte Menschen, auch in unserer Pfarrei, tut es in der Seele weh, wenn sie die Sonntagsglocken hören, aber nicht mehr aus dem Bett können, um hier mit uns den Gottesdienst zu feiern.

Der Sonntagsgottesdienst ist zugleich auch eine Einladung zur Begegnung. Als Christen gehören wir ja zusammen. Wir sind die Familie der Kinder Gottes. Die Sonntagsmesse wird damit zu einem echten Familientreffen. Versammelt um den Tisch des Herrn feiern wir als Brüder und Schwestern gemeinsam mit ihm, unserem Bruder und Herrn, Jesus Christus. Der Tisch des Herrn ist der wichtigste Tisch in unserer Gemeinde.

Die Juden haben den Sabbat gehegt und gepflegt. Und es dabei auch manchmal übertrieben. Bis heute rühren die frommen Juden am Sabbat keinen Finger. Ein kompliziertes Regelwerk sollte den Sabbat schützen und hat ihn damit unter eine ungute Kontrolle gebracht und Jesus in so manche Schwierigkeit. Was man am Sabbat nicht alles tun uns lassen sollte… In der einfachen Klarheit, die wir von Jesus gewohnt sind, macht er deutlich worum es eigentlich geht: „Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat!“ Dieses Statement können wir 1:1 auf unseren Sonntag, der sein Tag mit uns sein will, umsetzen. Der Sonntag soll uns ganz einfach an Leib und in der Seele gut tun. Und wer wüsste besser als Jesus, was uns wirklich gut tut?

Setzen wir uns als Christen ein für eine christliche Sonntagskultur, die diesen Namen wirklich verdient. Hegen und pflegen wir den Sonntag. Lieben wir ihn! Wie hat es Peter Rosegger einmal so schön auf den Punkt gebracht: „Gib der Seele einen Sonntag und dem Sonntag eine Seele.“

Ein Sonntag im Bett? Von wegen…!

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