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Essen Sie Fleisch?

Essen Sie Fleisch?
Gedanken zum 19. Sonntag im Jahreskreis  (Joh 6, 51-58)

  „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot das ich gebe, ist mein Fleisch. Ich gebe es hin für das Leben der Welt.“
Da stritten die Juden, und sagten: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben.“ (Joh 6,51 f)

Ist das wirklich so gemeint?
An dieser Stelle muss man ehrlicherweise schon eines zugeben: Wenn man so etwas zu hören bekommt, sollte man sichtbar die Stirn runzeln und den, der so etwas sagt, schon für ein bisschen verrückt halten. Oder hätten Sie sich gleich die Serviette umgebunden und nach Messer und Gabel gesucht?

Damals waren die meisten der Anwesenden auch gleich weg. Verständlich. Und die wenigen, die bei Jesus geblieben sind, haben wohl auch nicht wirklich verstanden, was Jesus da gemeint hat. Aber tieferes Verständnis braucht bekanntlich immer Zeit…

Freilich könnte man da fragen: Hätte es Jesus denn nicht anders sagen können, verdaulicher verpackt? Er hätte wohl können, aber offenbar wollte er nicht! Ganz im Gegenteil unterstreicht Jesus das Gesagte noch einmal und zwar doppelt und dreifach: „Amen, Amen, ich sage euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. Denn mein Fleisch ist wirklich eine Speise und mein Blut wirklich ein Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mit und ich in ihm.“ (Joh 6, 53)

Und Jesus wird auch weiterhin dabei bleiben. Auch als es am Ende todernst wird: Im Abendmahlsaal nimmt er das Brot, spricht das Segensgebet, bricht es und gibt es den Jüngern mit den Worten: „Nehmt, esst, das ist mein Leib.“ Danach nimmt er den Becher, spricht das Dankgebet und reicht ihn mit den Worten: „Trinkt alle daraus. Denn das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird, zur Vergebung der Sünden.“  (vgl. Mt 26, 26 -28)

Und werden wir in wenigen Minuten bei der Wandlung nicht ebendiese, seine Worte hören! Und bald darauf werden wohl die meisten von Ihnen zum Tisch des Herrn gehen auf die Worte: „Der Leib Christi“ ihr „Amen“ folgen lassen. Und das heißt nicht weniger als: „Ja, das ist der Leib Christi!“

Was denken wir uns eigentlich dabei? Und wen oder was empfangen wir wirklich?

Unterschiedliche Sichtweisen
Eines ist klar. Das ganze verlangt nach einer Erklärung. Denn auf´s Erste klingt das alles schon nach Kannibalismus. Und genau dieser Vorwurf wurde den ersten Christen auch gemacht. Und zwar von denen, die bei der Eucharistiefeier nie selbst dabei waren, sondern es nur vom Hörensagen wussten. Dass es da offenbar Menschen gibt, die sich Christen nennen und in geheimen Zusammenkünften einen Leib essen und Blut trinken. vielen Christen hat man auf diesen Vorwurf hin auch den Prozess gemacht.

Zugegeben, wir essen kein Fleisch und trinken kein Blut. Das was wir mit unseren Augen sehen und mit unseren Sinnen schmecken, ist ungesäuertes Brot und vergorener Traubensaft – Wein eben. Aber was bleibt, sind die Worte, die etwas ganz anderes sagen. Damals aus dem Munde Jesu. Heute aus dem Mund des Priesters, der in seiner Person die Wandlungsworte spricht.

Vielleicht spüren wir, dass das Wort Wandlung sehr gut wiedergibt, was sich da vollzieht. Da wandelt, da verwandelt sich etwas. Nicht äußerlich sichtbar, sondern zutiefst innerlich. Nicht dem Anschein nach, sondern in seinem Wesen. Da geschieht etwas „Substanzielles“. Denn mit unseren Augen sehen wir vor- und nachher Brot und Wein. Aber im Glauben empfangen wir Jesus Christus –leibhaftig- seinen Leib und sein Blut. Glauben wir das wirklich?

Kein Wunder, dass sich Theologen immer wieder so ihre Gedanken darüber gemacht haben, wie das denn zu verstehen sei. (Wobei es bei diesem Wunder wohl zuletzt um menschliches „Verstehen“ geht…)

Gerade im Zuge der Reformation wurde die Frage im sogenannten „Abendmahlsstreit“ heiß diskutiert und gab dann auch Anlass zur Spaltung unter den Reformatoren.

Für Zwingli war das Abendmahl eine reine Gedächtnisfeier. Er bezog sich dabei allein auf die Schlussworte Jesu: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“ Bloße Erinnerung an das, was damals im Abendmahlsaal geschah, mehr nicht. Calvin wollte Brot und Wein immerhin als Zeichen gedeutet wissen, in denen Jesus zeichenhaft, aber doch nicht leibhaftig gegenwärtig ist.

Martin Luther hingegen wandte sich entschieden gegen diese Interpretationen. In den Einsetzungsworten Jesu erkannte Luther „Tätelworte“ und keine Deuteworte. Das ist mein Leib. Das ist mein Blut. An diesen Worten des Herrn konnte und wollte Luther nicht vorbei. Und in der Tat hat Jesus ja nicht gesagt: das bedeutet soviel wie… mein Leib und mein Blut.

Das verbindet Lutheraner mit uns Katholiken und den Orthodoxen auch: Wir glauben an die Realpräsenz Jesu im Sakrament der Eucharistie, des Abendmahls. Allerdings, so will es Luther verstanden wissen, ist diese Gegenwart gebunden an die Gegenwart der gläubigen Gemeinde. Während Katholiken daran glauben, dass der Leib Christi auch darüber hinaus Leib Christi bleibt. Darum bewahren wir auch die übrigen Hosten im Altar auf und können den Leib Christi so auch außerhalb der Eucharistiefeier verehren, ihn zu den Kranken und Sterbenden bringen. Katholiken und Orthodoxe glauben an die Transsubstantiation: Durch die Wandlung wird Brot zum Leib Christi und bleibt es auch.

Die Wandlung ist und bleibt ein inneres, zutiefst wesentliches, substanzielles Geschehen. Gewiss, kein Mensch wäre je auf diese Idee gekommen. Darum scheint mir die Idee auch wahrhaft göttlich. Und warum das alles? Weil es Jesus offenbar darum ging, uns zuinnerst zu kommen, ganz hinein in die Mitte unseres Lebens. Beim Empfang der Eucharistie können wir Ihn uns einverleiben. Er wird zuinnerst Teil unseres Lebens. „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mit und ich in ihm.“  (Joh 6, 53) Christus lebt in mir –  Du in mir und ich, Jesus, in und mit Dir.

Wie soll ich Dich empfangen?
Das dürfen wir uns dankbar staunend bewusst machen und dann überlegen, wie wir Jesus empfangen. Oft diskutiert wird dabei die Frage der Hand- und/ oder Mundkommunion. Klar ist: Die Handkommunion ist fraglos die ursprüngliche, urchristliche Form. „Nehmt und esst.“ Jesus hat das Brot gebrochen und hat es –hat sich- seinen Jüngern in die Hände gegeben. Wobei im gallikanischen Ritus der Kirche Frankreichs eigens darauf hingewiesen wurde, dass sich die Männer die Hände vorab waschen sollten. Die Frauen hielten beim Empfang des Leibes Christi ein weißes Tuch in ihren Händen.

Im 9. Jahrhundert wurde die Mundkommunion allgemein üblich. Gründe dafür war gewiss eine Betonung der Ehrfurcht. Auf diese Weise konnten zudem keine Partikel des Allerheiligsten auf den Boden fallen. Aber auch der zunehmende Missbrauch, die Heilige Kommunion mit nach Hause zu nehmen, war ein wichtiges Argument.

Die kniende Mundkommunion blieb die allgemeine Form des Kommunionempfanges – und sie ist es bis heute in den meisten Ländern der katholischen Kirche auch geblieben. Erst nach dem 2. Vatikanischen Konzil gestatte Papst Paul VI. neben der Mundkommunion auch die Handkommunion. Sie hat sich in einigen Ländern Westeuropas mittlerweile mehrheitlich durchgesetzt.

Das Thema Hand- oder Mundkommunion sollte freilich nicht davon ablenken, worauf es letztlich allein ankommt: Immer auf die innere – nicht auf die äußere Haltung. Wir sollten nie gedankenlos unvorbereitet zur Kommunion gehen. Ein Innehalten der Verehrung ist immer angebracht. Und bei der Handkommunion dürfen wir uns dabei überlegen, wie wir die Hände formen wollen, um den Herrn würdig zu empfangen. Als Schale mit großer innerer Offenheit für dieses göttliche Geschenk, oder -wie es in frühkirchlicher Zeit üblich war- mit Händen, die in dankbarem Glauben ein Kreuz bilden. Wie auch immer: Es muss uns nahe gehen, damit Er uns nahe kommen kann.

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