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Fest der Darstellung des Herrn – „Mariae Lichtmess“

Fest der Darstellung des Herrn – „Mariae Lichtmess“

Irgendwie geht es uns in diesen Wochen und Monaten anders. Andere Zeiten eben. Man merkt, was man nicht mehr hat. Und zugleich bekommen wir zu spüren, was wir derzeit mehr haben als sonst. Für viele gilt: zur Zeit habe ich mehr Zeit. Das ist ja eigentlich etwas Schönes, wenn man mehr Zeit hat. Aber damit muss man auch was anfangen können, sonst macht sich schnell Langeweile breit, und die kann ganz schön gefährlich werden.

Inzwischen haben wir uns ja ans Warten gewöhnt und warten ab. Das ist nicht gerade inspirierend, vielmehr langsam ganz schön frustrierend. Denn wir Menschen sind eigentlich ganz anders gepolt. Wir wollen nicht abwarten müssen, wir wollen Erwartungen haben dürfen. Um die geht es doch im Leben. Und wer keine Erwartungen mehr hat, der ist eigentlich schon irgendwie am Ende. Insofern tut uns gut, dass wir heute „Lichtmess“ feiern!

Damit verbinden wir die Erfahrung, dass jetzt die Tage spürbar länger werden. Mehr Licht tut uns allen gut. Aber wir begegnen heute auch Menschen mit viel positiver Energie. Zunächst sind da Maria und Josef. 40 Tage nach der Geburt kommt Maria in den Tempel, um sich reinigen zu lassen. Und vor allem: um Dank zu sagen für die glückliche Geburt ihres erstgeborenen Sohnes. Diese Dankbarkeit haben die Menschen damals Gott gegenüber ausgedrückt. Für jede Erstgeburt -auch beim Tier- sollte und wollte man Gott danken. Und das zeigte sich bei einem Erstgeborenen in einer Opfergabe. Zwei junge Tauben sind es für Jesus. Zeichen dafür, dass der Sohn Gottes in einfache Verhältnisse hineingeboren wurde.

Dankbarkeit ist bekanntlich die Nachfreude des Herzens. Ein kostbares Gefühl. Darum hat man sich im Bayerischen gerade am Lichtmesstag gerne bedankt. Etwa mit einem Wachsstock bei denen, die sich um das Hauswesen gekümmert und die Betten gemacht haben. Und bei den Dienstboten, die an diesem Tag nicht selten die Stelle gewechselt haben. In Zeiten wie diesen, in denen wir nicht so weit vorausplanen können, lohnt es sich, öfter mal zurückzublicken. Vielleicht gehören Sie auch zu denen, die gerade mehr als sonst in den Fotoalben blättern, Bilder archivieren und vergangene Zeiten wiederentdecken. Das ist kein überflüssiger Zeitvertreib. Im Gegenteil: damit nutzen wir die Zeit unseres Lebens nachträglich noch einmal. Indem wir nachdenken und nachdanken. Und so ein gutes Gefühl bekommen für das, was war, und wohl auch mehr Gelassenheit im Blick auf das, was kommt.

Aber neben der jungen Familie begegnen uns heute auch zwei betagte Menschen. Das Zeitempfinden im Alter ist ein anderes. Die Zeit vergeht schneller. Klar, im Vergleich zu der langen Lebenszeit, die bereits vergangen ist, und der kurzen Lebensspanne, die dann noch verbleibt… Hanna ist schon 84 Jahre alt! Und Simeon auch schon dem Tode nahe. Was bleibt da noch zu erwarten? Wenn die Lebenserwartung gemessen an Jahren zu Ende geht? Bei manchen Senioren schleicht sich eine Depression ein, ein wehmütiges Abschiednehmen vom Leben. Bei Simeon und Hanna ist davon nichts zu spüren. Ganz im Gegenteil: die beiden sind hellwach geblieben! Ihre Erwartungsfreude ist im Laufe ihres Lebens sogar noch gewachsen. Vor allem bei Simeon. „Er war gerecht und fromm“, hören wir, „und wartete auf die Rettung Israels“ (Lk 2, 25). Denn „vom Heiligen Geist war ihm offenbart worden, er werde den Tod nicht schauen, ehe er den Messias des Herrn gesehen habe“ (V. 26). Was für eine Perspektive, was für eine Lebenserwartung noch im hohen Alter!

Und was für ein Aufatmen wird erst spürbar bei Simeon, als er Jesus in seinen Armen hält. „Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast; ein Licht, das die Heiden erleuchtet und Herrlichkeit für dein Volk Israel“ (Lk 2, 29-32).

Gerade Simeon und auch Hanna sind Vorbilder für alle, die im Leben alt werden dürfen, aber deren Glaube jung geblieben ist. Erwartungsvoll und erwartungsfroh. So wie Maria und Josef ihren Glauben in jungen Jahren praktizieren, so haben es Simeon und Hanna ihr ganzes Leben lang getan. Und was wir an ihnen sehen können: Glaube hält jung! Das Leben in einer Spannkraft. Je älter, umso mehr. Denn das Warten hat am Ende ein Ende. Nicht weil es ins Leere läuft, sondern weil Erwartung in Erfüllung geht. Und wie sich christliche Erwartung am Ende erfüllt, sehen wir bei Simeon. Er hat den Erlöser in seinen Armen und sein Erlöser ihn.

Wir leben schon über 2000 Jahre nach Christi Geburt. Ja, er ist gekommen. Und immer wieder dürfen wir ihm auch begegnen. Dafür wollen wir heute ganz bewusst einmal „Vergelt‘s Gott!“ sagen. Was wären wir ohne Ihn. Und doch, wieviel erwarten wir uns von ihm? Wir sollten keine falsche Bescheidenheit an den Tag legen. Im Glauben bekommen wir das, was wir erwarten.

Wir segnen jetzt die Kerzen. Simeon hat so schön gesagt: „Meine Augen haben das Licht gesehen, das die Heiden erleuchtet“ (Lk 2, 32). Und Jesus wird es bestätigen: „Ich bin das Licht der Welt“ (Joh 8, 12). Ein Licht der Hoffnung, der Bitte, des Trostes des Friedens, der Freude und der Gemeinschaft. Herr Jesus Christus, leuchte du uns ein!

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