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Gedanken zu Erntedank

Gedanken zu Erntedank
von Pfr. Ulrich Lindl

Ein ganz besonderer „Himmelsbote“
„Wir glauben an Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde.“ Das werden wir in wenigen Minuten im Credo sonntäglich bekennen. Aber glauben wir das wirklich? Darf man das eigentlich (noch) glauben? Wo doch der Urknall als Fakt und die Evolutionstheorie als Erklärung der weiteren Entwicklung wie ein Dogma verkündet werden? Ich werde jetzt nicht über den Urknall sprechen… Wobei die Frage im Raum steht, wer oder was hat es eigentlich wie knallen lassen. Und auch die Evolutionstherorie lassen wir beiseite. Es ist wirklich eine Theorie, also ein Erklärungsmodell, das vom Zufall ausgeht. Wobei der Zufall selten eine Erklärung gibt. Es ist eben Zufall. Kurz soll abschließend noch Charles Darwin zu Wort kommen: „Ich habe niemals  die Existenz Gottes verneint. Ich glaube, dass die Entwicklungstheorie absolut vereinbar ist mit dem Glauben an Gott. Die Unmöglichkeit des Beweisens und Begreifens, dass das großartige, über alle Maßen herrliche Weltall ebenso wie der Mensch zufällig geworden ist, scheint mir das Hauptargument für die Existenz Gottes.“
Aber nun zur Frage: Wer oder was kann zum Glauben einen Schöpfer führen? Am besten gelingt das wohl der Schöpfung selbst. Vom Können eines Malers überzeugt man sich schließlich auch im Blick auf seine Gemälde.
So gesehen kann auch eine kleine Fliege zu einem Glaubensboten werden. Das ist einem ansonsten eher unliebsamen Insekt tatsächlich gelungen. Ein Ingenieur hat mir vor kurzem von einer Begegnung der besonderen Art berichtet…, als sich eine kleine Fliege auf dem Bildschirm seines Rechners niederließ. Er war gerade mit der Konstruktion eines Autoteils beschäftigt, Mitarbeiter in einem großen Team, unterstützt von modernsten Computerprogrammen. „Das dauert drei Jahre, bis so ein Abgasteil in Serie gehen kann“, hat er mir erklärt… alles ziemlich kompliziert.
Und da sitzt plötzlich diese kleine Fliege auf seinem Bildschirm. So was verführt nicht eben zu frommen Gedanken. Und doch: als er das kleine Insekt so betrachtet, gehen ihm auf einmal die Augen auf: Was für eine geniale Konstruktion- so klein, hochsensible Sensoren, eine ausgeklügelte Flugtechnik, was für perfektionierte Werkstoffe! Ein hochkomplexer Organismus mit all seiner Technik in einer einzigen Fliege. Einfach genial! Und das soll Zufall sein? „Unser Team mit aller Technik der der Welt würde so was nie und nimmer hinkriegen…“, staunt er noch heute über diesen „Himmelsboten“. „Und da soll ich nicht an einen Schöpfer glauben!?“ Seither, sagte er mir, gibt es für ihn keinen Zweifel, dass es Gott gibt, der diese wunderbare Welt erschaffen haben muss.
Ich glaube, dieser Ingenieur hat Recht. Die Welt ist nicht ein Produkt des Zufalls, sondern eine wunderbar-geniale Schöpfung. Und ich staune ehrfürchtig vor dem, der das alles erschaffen hat, den ich gerne Gott nenne.
Über die Wunder der Schöpfung dürfen wir ruhig staunen und dann können wir auch eine ganze Menge lernen. Wie etwa der Flugzeugbauer Boeing. Herausgekommen ist dabei ein „Dreamliner“. Dieser weltweit bewunderte Flugzeugtyp besticht vor allem durch seine einzigartigen Tragflächen. Und die haben die Konstrukteure von der Flugtechnik der Vögel abgeschaut. Projektingenieur Tom Cogan erklärt damit die „vogelähnliche Anmutung und gute Aerodynamik“ der neuen Boeing. Und bei alledem verbraucht der „Vogel“ auch noch 20 % weniger Treibstoff. Offenbar hat man sich von besten Ingenieur der Welt, vom Schöpfer selbst, anleiten lassen.
Wir können aus der Schöpfung und von ihrem Schöpfer viel lernen. Die Chemie Nobelpreisträger dieses Jahres haben das einmal mehr unter Beweis gestellt. Sie haben sich in den Evolutionsplan Gottes eingelesen und so gentechnisch maßgeschneiderte Enzyme etwa für die Gewinnung von Antikörpern und Biokraftstoffen hergestellt. Ein menschlicher Fortschritt im Dienst der Gesundheit und des Umweltschutzes.

Mitwirken am Schöpfungsplan Gottes
Unser Glaube ist nicht fortschrittsfeindlich. Im Gegenteil. Wir sollen mitwirken am Schöpfungsplan Gottes. Das gelingt freilich nur, wenn wir mit Gott zusammenwirken. Seine Schöpfung kennen- und lieben lernen. Die Schöpfungsordnung verstehen und respektieren und dem Schöpfer nicht ins Handwerk pfuschen.  Gerade mit Blick auf die Gentechnik zeigt, dass menschliche Forschung oftmals ein zweischneidiges Schwert ist. Sie kann zum Segen werden oder zum Fluch.
Wir sollen die Schöpfung im Sinne Gottes und zum Wohl der Menschen weiterbringen und sie andererseits auch bewahren. Das ist eine mindestens ebenso große Herausforderung! Nochmal zurück zu der Fliege und dem Ingenieur: „Haben Sie die denn dann erschlagen?“, habe ich am Ende unseres Gesprächs gefragt. „Nein, natürlich nicht!“ Aus Ehrfurcht erschlägt man nicht. Ehrfurcht bewahrt.
Und doch: Wie gedankenlos wird allzu oft vom Menschen zerstört, was der Mensch selbst nie und nimmer erschaffen könnten. Was für die kleine Fliege gilt, gilt für das Ganze der Schöpfung. Das Abholzen jahrhundertealter Regenwälder im Amazonas, die Versiegelung wertvoller Kulturlandschaft bei uns. Immer mehr Arten sind bedroht und viele schon jetzt für immer ausgestorben. Wir werden sie nicht mehr erschaffen können. Denn die Schöpfung gibt’s wie unsere Welt nur einmal. „Unsere Zivilisation hängt von diesem Planeten ab“, gab der neue Kommandant der internationalen Raumstation ISS Alexander Gerst in einem ersten Live-Telefonat zu bedenken. Wir haben keinen Plan B, weil es auch keinen Planeten B gibt.

Was wir daraus lernen:

  1. Die Schöpfung ist kein Produkt des Zufalls, sondern die Entwicklung eines genialen Ingenieurs, der zugleich auch der kreativste Künstler ist. Glücklich, wenn wir immer wieder über die Schöpfung staunen können. Ehrfurcht ist angesagt.
  1. Wir dürfen uns von der Schöpfung inspirieren lassen. Was dem Wachstum dient und dem Menschen gut tut, das lernen wir aus Erfahrung in und mit der Schöpfung. „Natur ist die beste Apotheke“, wusste schon Sebastian Kneipp. Und natürlich leben die gesündeste Lebensform.
  1. Wir könnten nichts von alledem selbst erschaffen. Wir können allenfalls verändern. Und da gilt es gut hinzuschauen, ob es auf Dauer gut tut, was wir tun. Und wenn der Mensch sich an die Stelle Gottes setzt, wird’s schnell gefährlich.
  1. Wir stehen in Verantwortung: Vor Gott, denn es ist seine Schöpfung, die er uns anvertraut, eben nur auf Zeit geliehen hat. Und wir stehen in der Verantwortung der kommenden Generationen. Wir dürfen uns nicht zu viel herausnehmen, sonst bleibt am Ende zu wenig übrig.
  2. Dankbare Lebensfreude! „Was kann der Schöpfer lieber sehen, als ein fröhliches Geschöpf?“ Diesem schönen Gedanken von Gotthold Ephraim Lessing fügen wir heute bewusst hinzu: ein fröhliches und dankbares Geschöpf. Gerade heute an Erntedank im Blick auf die Früchte dieses Jahres. Dabei wollen wir uns im Blick auf die Felder und Gärten einprägen, was die Früchte der Erde aufgehen ließ: Die Hege und Pflege des Menschen, die wachsen lässt. Wachstum kann man schließlich nicht machen. Wie wir auch nur das aussäen konnten, was uns in die Hand gegeben wurde. Und darum eines nicht vergessen: auch noch „Vergelt´s Gott!“ zu sagen.
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