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Glaube verändert die Welt

Glaube verändert die Welt

Gedanken zum Evangelium am 22. Sonntag . J. (Mt 16, 21-28)

„Das Sein bestimmt das Bewusstsein.“ Ein Satz, den wir vielleicht schon mal gehört haben. Ein Gedanke, der auf Karl Marx und Friedrich Engels zurückgeht und zum philosophischen Glaubensbekenntnis des Kommunismus zählt. Es liegt eine Weltanschauung zugrunde, die behauptet: Die Einheit der Welt ist in der Materie. Und die Materie ist ewig und unendlich. Damit hat Marx die Überlegung seines Lehrers Georg Friedrich Wilhelm Hegel auf den Kopf gestellt. Der nämlich geht davon aus, dass es eine göttliche Idee ist, die am Anfang steht und den inneren Antrieb zur Veränderung bewirkt. Das Bewusstsein bestimmt also das Sein! Materialismus oder Idealismus? Das ist hier die Frage!

Nun hat sich der Marxismus überlebt. Gott sei Dank. Nicht Gott ist tot, wie es Nietzsche in seiner Überheblichkeit hinausposaunt hat. Nein, Karl Marx ist tot. Und der Marxismus wohl auch. Das ist wohl nachträglich der beste Beweis, dass Materie nicht ewig ist. Im Gegenteil: Alles Sichtbare vergeht – mit der Zeit. Materie an sich erklärt nichts aus sich. -Ein Haus ist ein Haus. Aber ein Zuhause seine Idee.- Und vor allem, woher soll die Materie denn kommen? Nein, das alles macht keinen Sinn! Materie an sich ist ja auch sinnlos. Kurzum: Die Materie kann Gott nicht ersetzen. Darum glauben wir auch an einen Gott. Einen Schöpfer der sichtbaren und der unsichtbaren Welt. Dem Seins- und Sinngrund von allem, auch der Materie.

In dieser unsichtbaren Welt Gottes hat auch Jesus seinen ewigen Ursprung. Das göttliche Wort, der „logos“, ist Fleisch geworden. Sichtbar. Für 33 Jahre in Jesus Christus. Er war und ist der Ideengeber für Menschen guten Willens, die die Welt im Sinne Gottes mitgestalten wollen.

Das war bestimmt keine leichte Aufgabe. Und es ist bis heute schwierig, Menschen zu vermitteln, dass es nicht um das Haben geht, sondern um das Sein. Und dass das Sein mehr ist als das, was „mein“ ist, was ich habe. Es ist schon der Geist, der uns Menschen auf andere Ideen bringt und uns erst so wirklich menschlich werden lässt.

Am letzten Sonntag hat Petrus ganz begeistert bekannt – und sich dabei wohl über sich selbst gewundert: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!“ Wie kommt er auf diese Idee? Jesus sagt es ihm: „Nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel.“ Heute hören wir dagegen ganz andere Töne aus seinem Mund. Als Jesus von seinem Weg durch den Tod spricht, um die Menschen zu erlösen, hakt Petrus ein und weist Jesus -den Messias!- zurecht: „Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen!“ (Mt 16,22). Jesus staucht ihn zusammen, und wie: Tritt hinter mich, du Satan! Ein Ärgernis bist du mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen“ (Mt 16, 23).

Was die Menschen wollen, ist meist klar. Auch Jesus hat es immer wieder zu hören bekommen: Immer wieder begegnet Jesus Menschen, die materiell denken. Nach der Brotvermehrung wollten sie alle nur immer weiter dieses Brot. Und den beiden Donnersöhnen ging es auch vor allem darum, im Himmel die besten Plätze zu bekommen. Selbst auf dem Berg der Verklärung wollten die drei Jünger Immobilien in Form von drei Hütten errichten. Auch ganz schön materiell gedacht, nach dem himmlischen Erlebnis dort oben.

Gewiss, all das ist menschlich. Aber nicht menschlich genug! Wenn wir in die Geschichte der Menschheit schauen, waren es immer Träume und Visionen die Menschen inspiriert haben, und die Welt bewusst vorangebracht haben. „I have a dream!“ Dieser umwerfende Gedanke Martin Luther Kings steht für eine ganze Menschheitsgeschichte, die an die Kraft neuer Ideen geglaubt hat.

Dass wir uns nicht falsch verstehen: Jesus war kein Träumer. Er hat handfest geholfen und tatkräftig unterstützt: Hungrige hat er gespeist, Kranke geheilt und seine Jünger aus Seenot gerettet. Und er ruft zu praktischem Einsatz auf. Die Werke der Barmherzigkeit sind ganz konkret: Hungrige speisen, Durstige tränken, Nackte bekleiden, Obdachlose aufnehmen, Kranke und Gefangene besuchen (vgl. Mt 25, 35-40). Ein Glaube ohne Werke ist tot (vgl. Jak 2, 14-18).

Christlicher Glaube ist also keine billige Vertröstung auf das Jenseits einer „besseren Welt“; kein „Opium für das Volk“, wie es Marx unterstellt. Jesus nimmt uns nicht aus der Welt. Seine Impulse geben vielmehr Kraft, uns in der Welt und für diese Welt einzusetzen. Entwicklungsarbeit war schon immer wichtiger Bestandteil der Verkündigung des Evangeliums. Aber doch immer unter dem Horizont, dass es um mehr geht, als das, was vergeht. So gesehen bekommt alles, was Jesus sagt, seinen tieferen Sinn. Und wenn er auch immer wieder menschliches Denken auf den Kopf stellt. Dadurch erst wird es richtig. Für uns ist Jesus damit der beste Ideengeber. Und wir Christen eben keine Materialisten sondern Idealisten, die im Sinne Jesu mit ihm zusammen die Welt gestalten.

Horchen wir zum Schluss auf das, was er heute seinen Jüngern sagt: „Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt. Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen?“ (Mt 16, 26)

Hat Jesus nicht wie immer recht! Wenn wir uns allein diesen Satz merken, werden wir vieles neu bewerten. Die Jünger jedenfalls hatten es am Ende alle begriffen und ihr ganzes Leben eingesetzt für einen Glauben, der die Welt wirklich verändert.

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