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Größe im Kleinen

Größe im Kleinen
Gedanken zum 2. Advent (Ev. Mk 1,1-8)

Größer werden wollen wohl alle… Kinder. Und viele auch dann noch, wenn sie schon groß geworden sind, eben erwachsen. Aber woran bemisst sich eigentlich die Größe eines Menschen? Bei Kindern ist das klar: in Zentimetern. Das Maßband ist schnell bei der Hand oder hängt schon an der Wand.

Und bei Erwachsenen? Bemisst sich die Größe von Erwachsenen in der Höhe ihres Einkommens oder wieviel PS da einer „unter der Haube“ hat; oder ist es die Zahl der Sprossen, die da jemand auf der Karriereleiter erklommen hat? All das sind allseits bekannte Maßeinheiten für die „Großen“, die „Starken“ und „Mächtigen“. Aber sie greifen dann zu kurz, wenn wir uns fragen, wonach bemisst sich eigentlich die wahre Größe des Menschen? Niemand wird da wohl auf den Kontostand schauen, unter die Motorhaube, auf die Karriereleiter…, wenn es um die wahre Größe eines Menschen geht. Wer fällt mir ganz persönlich ein, wenn ich nach einem wahrhaft großen Menschen suchen…? Wen finde ich?

Johannes war fürwahr ein wahrhaft Großer. Über ihn wird Jesus später sagen: „Amen, das sage ich euch: Unter allen Menschen hat es keinen größeren gegeben als Johannes den Täufer“ (Mt 11,11). Aber was macht ihn in den Augen Jesu zum Allergrößten? Sein Äußeres kann es nicht gewesen sein. Kamelhaar war damals und ist auch heute keine Designerkleidung. Wilder Honig und Heuschrecken sind kein Sterne-Menü. Und von Karriere kann bei diesem Bußprediger auch nicht die Rede sein. Ganz im Gegenteil. Am Ende wird ihn Herodes Antipas kurzerhand einen Kopf kürzer machen.

Die Größe des Johannes liegt in seinem Appell! Und der lautet: „Nach mir kommt einer, der stärker ist als ich.“ – „Nicht ich! Es geht nicht um mich! Es geht um den, der nach mir kommt.“ Da schau her!

Wahre Größe kommt -nach christlichem Maßstab- immer von unten… „Wer der Größte unter euch sein will, der sei der Diener aller.“ Auch das ist ein Wort Jesu. Und der ist gekommen, nicht um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen. Und ist das nicht auch unsere Einschätzung! Menschen, die nicht auf sich schauen, denen es nicht bloß auf ihr eigenes Fortkommen ankommt -oft genug geht das auch auf Kosten anderer- solche Menschen wachsen zu wahrer Größe heran.

Größe, die nur nach oben wächst, nicht aber in die Tiefe geht, wird am Ende immer klein sein. Was für die Körpergröße gilt – wenn man älter wird, wird man wieder kleiner- trifft auch zu auf jede andere „scheinbare“ Größe. Auch Einfluss, Macht und Ruhm nehmen mit der Zeit ganz sicher ab. Was am Ende bleibt? Die Einsicht, dass alles Irdische vergänglich ist.

Damit müssen wir im Blick auf das Wachstum unseres Lebens auf andere Margen achten als auf Kursentwicklungen, Aktiendividenden und Boni… Wie bewähren sich dagegen langfristig die Liebe, Hingabe, Aufopferung und Verzicht… Wie sehr wächst der Mensch mit dem, was er verehrt, weil es da noch etwas gibt, das ihm „hoch und heilig“ ist. Ja, auf diese Weise -und wohl nur so- wächst der Mensch in die Tiefe und damit über sich selbst hinaus.

Wenn wir über uns selbst hinauswachsen wollen, und dazu sind wir von Gott her bestimmt, dann bleiben wir bitte nicht in uns selbst gefangen. Öffnen wir uns darum für mehr! Öffnen wir uns für die Anderen, damit sie unsere Nächsten werden. Genau das besingen wir ja zum 2. Advent: „So nehmet euch eins um das andere an, wie auch der Herr an uns getan!“ Öffnen wir uns für Gott, damit er uns nahekommen kann. Öffnen wir uns für Jesu Wort, damit es auch Fleisch werden kann in uns. Und empfangen wir ihn im Sakrament der Eucharistie, damit wir schon jetzt mit ihm Anteil haben am ewigen Leben.

„Advent“ heißt: „Ankunft“. Und wir haben verstanden, dass es da gottlob eine erste Ankunft gab. Damals in Betlehem. Wir feiern Geburtstag 2023 nach Christi Geburt. Und wir erwarten seine Wiederkunft in Herrlichkeit am Ende der Zeit. Auch das ist wahr.

Aber es gibt noch eine weitere Ankunft des Herrn. Immer dann, wenn wir dem Ruf des Johannes folgen und dem Herrn den Weg bereiten. Den Weg in unser Herz und in unseren Verstand. In unser Tun und Denken, in unser Wollen und Vollbringen. Ja, Jesus will bei uns ankommen. Jeden Augenblick, wenn wir es wollen. In dem Maße, in dem wir mit Jesus zusammenwachsen, wachsen wir über uns hinaus. Weil wir mit ihm hineinwachsen in das Reich Gottes. Und am Ende geht es doch um das Himmelreich. Im Himmelreich wird der Kleinste am Ende größer sein als der Größte auf Erden. Amen.

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