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Gründonnerstag 2024

Gründonnerstag 2024
„Bespiel und Liebe und sonst nichts!“

Mensch ist man vom ersten Augenblick und muss es dennoch ein Leben lang werden. Bis zum letzten Atemzug ist und bleibt die Menschwerdung eine die wichtigste Aufgabe des Lebens.

Natürlich haben wir alle unsere Gene… Vor zwei Jahren wurde das menschliche Erbgut entschlüsselt. Aber es steckt nicht alles in den Genen. Es gibt da noch so was wie Erziehung. Menschwerdung ist auch Erziehungssache. Aber was ist Erziehung? Einen wichtigen Schlüssel zu einer gelingenden Erziehung gibt uns Friedrich Fröbel an die Hand. Er war Schüler des großen Pädagogen Heinrich Pestalozzi. 1840 gründete Fröbel den ersten Kindergarten überhaupt. „Erziehung“, sagt er, „ist Beispiel und Liebe und sonst nichts.“ Einfacher kann man es wohl nicht auf den Punkt bringen. Und besser auch nicht. Mal ehrlich: Menschen, die uns gut vorgelebt haben, worauf es ankommt und die Liebe, die sie dazu geschenkt haben, sind bestimmt die besten Erzieher.

Was für das Menschsein gilt, gilt auch für das Christsein. Gewiss, Christ wird man im Augenblick der Taufe. Und dann? Dann geht es darum, mehr und noch mehr Christ zu werden. Wie das am besten gelingt? Schauen wir auf Jesus Christus und wir sehen – genau: Beispiel und Liebe und sonst nichts!

Heute Abend spüren wir es hautnah. Da redet einer nicht lange herum, Jesus belehrt nicht. Er nimmt einfach ein Tuch, bindet es sich um, kniet sich hin und wäscht zwölfmal staubige Füße. Petrus protestiert. Klar, das geht einem nahe. Und das geht auch zu weit. So etwas wie Fußwaschung macht nur der letzte, der allerletzte Sklave. Aber doch nicht der Meister bei seinen Jüngern…

Dem Beispiel folgt die Erklärung. Ja, auch das macht den Erziehungsstil Jesu aus: er erklärt alles und zwar so, dass es verstehen kann, wer es verstehen will: „Begreift ihr, was ich an euch getan habe? Ihr sagt zu mir Meister und Herr und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“

Und warum? Das Motiv ist wie immer das eine, seine Liebe. Gott ist die Liebe. Aus diesem Sein Gottes folgt das Tun Jesu: „Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung.“

Die Liebe bleibt nicht bei sich. Sie verschließt sich nicht, sie öffnet sich und macht sie auf den Weg der Begegnung. Die Liebe liebt es zu lieben.

In der Fußwaschung offenbart Jesus sein wichtigstes Erziehungsziel: Er übt die Seinen ein in das Dienen. Ein Christ, der nicht dient, dient zu nichts.

Wir erinnern uns an die Worte Jesu: „Wer der erste unter euch sein will, der sei der Diener aller.“ Damit kommt der bei Gott groß raus, der sich klein macht, weil er sich hineinkniet in die Nächstliebe. Das ist nicht nur ein Schlüssel zum Himmel, es ist ein Schlüssel zum Glück schon auf Erden. Es mag sein, dass man im Leben ohne die Bereitschaft zu dienen lockerer leben kann. Aber bestimmt nicht sinnvoller.

Ein Mensch kann in seinem Leben viel tragen und ertragen, wenn er weiß, dass es Sinn macht. Sich für andere Menschen einsetzen, sich hineinknien in die Bedürftigkeit des anderen, mag manchmal schwerfallen, aber es macht umso mehr Sinn. Insofern ist Christwerden die Einladung, das Menschsein weiterzuentwickeln im Sinne Jesu Christi, der gekommen ist, „nicht zum sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen.“ Wie gesagt: Beispiel und Liebe und sonst nichts!

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