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Halte mich nicht fest!

Halte mich nicht fest!

Gedanken zu Christi Himmelfahrt (Evangelium: Mt 28 16-20)

Was für ein Wechselbad der Gefühle. Vor 40 Tagen erst haben wir Ostern gefeiert. Alle Jahre wieder. Heuer aber doch ganz anders.

Ganz anders war auch das erste Ostern damals. Das weltweit erste Ostern – damals in Jerusalem. Die Gefangennahme, die Kreuzigung, das Begräbnis. Dem Schrecken folgt die Trauer – still und heimlich. Erst langsam trauen sie sich die Ersten wieder heraus. Ostern beginnt im Morgengrauen. Jesus lebt! Die Botschaft der Frauen vom Grab trifft zuerst auf Zweifel und Unverständnis. Langsam aber sicher hellt sich die Stimmung auf. Und mit jeder Begegnung wächst Osterfreude heran. Der Herr ist wahrhaft auferstanden! Jesus, du lebst! Halleluja!

Wie gesagt, das alles liegt erst wenige Wochen zurück. Und jetzt kommt schon das nächste Wechselbad der Gefühle. Jesus hatte es angekündigt. Dass er nicht bei ihnen bleiben wird. Nicht bleiben kann. Und irgendwie haben es ja alle gespürt: Jesus war derselbe. Und doch ganz anders derselbe.

„Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen“ (Joh 20, 17), hat Jesus schon am Ostertag zu Maria Magdalena gesagt. Das konnten sie am Ende auch nicht. Jesus war schon auf dem Weg heim. Er war schon weiter. Es konnte auch gar nicht anders sein. Zum einen, weil in unserer sichtbaren Welt nichts ewig bleibt. Und Jesus, als der Auferstandene, schon sichtbar Anteil hatte an der unsichtbaren Welt. Vor allem aber auch darum, weil er selbst nicht aus dieser Welt war. Und darum zurückkehren musste in die unsichtbare, ewige Welt, die wir einfach nur „Himmel“ nennen. Übrigens auch wir Christen sind nicht von dieser Welt…

Aber Jesus nennt noch einen zweiten Grund: Er kehrt heim zum Vater, um von dort den Heiligen Geist zu senden. Es ist sein Beistand, der immer bei uns bleiben wird. Und es ist ein Geist der Wahrheit, der uns alles lehren wird. Uns einführen wird in die volle Wahrheit (vgl. Joh 16, 13).

Auch diesmal haben die Jünger nicht auf Anhieb verstanden. Ihre erste Reaktion ist ja auch verständlich: Verlustangst und Trauer. Jesus wieder hergeben, obwohl er jetzt doch wieder bei uns ist. Aber man konnte ihn nicht festhalten. Man durfte es nicht. Als er dann in den Himmel aufgenommen wurde, haben sich die Jünger dann doch gefreut, weil sie spürten: Wo immer wir sind, wird auch er nun sein. Das sagt er Ihnen zu: “Ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20). Dann sendet er die Jünger aus als Apostel, weil sie seine Zeugen sind. Und diese Zusage gilt auch uns. Sie gilt überall! Das ist nur möglich, weil Jesus nicht mehr an Raum und Zeit gebunden ist. Und das ermöglicht er durch seinen Geist. Der weht wo er will. Wenn wir ihn nur lassen.

Und sein Geist ist gekommen. Damals am Pfingsttag, um die dritte Stunde. Und er hat gewirkt! Im Laufe der letzten beiden christlichen Jahrtausende hat sich viel an christlicher Kultur und geistlicher Spiritualität entwickelt. Große Theologen und noch größere Beter haben uns nahegebracht, wie wir unseren Glauben besser verstehen und glaubwürdig leben können. Freilich gab es auch dunkle Zeiten. Immer dann, wenn der Heilige Geist nicht wirken durfte, wurde es ungeistlich und unchristlich.

Auch wir haben den Heiligen Geist empfangen in der Taufe, bekräftigt durch das Sakrament der Firmung. Diesen Heiligen Geist brauchen wir – und eine ganze Welt. Wir brauchen ihn heute mehr denn je. Gerade diesen Geist der Wahrheit. In Zeiten von „Fake News“ muss uns es uns ein echtes Anliegen sein, einmal mehr vor Pfingsten zu beten. Denn das ist die Voraussetzung von Pfingsten. Damals wie heute. Dass wir bitten und beten: „Sende aus deinen Geist und das Antlitz der Erde wird neu.“ Damit wir wieder einen Geist der Zuversicht gewinnen, Orientierung in Klarheit und Wahrheit. Ganz in diesem Sinne ruft uns der Hl. Papst Johannes Paul II zu: „Wir müssen lernen, keine Angst zu haben, und zu einem Geist der Hoffnung und Zuversicht zurückzufinden.

 

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