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Hoffnung ist mehr als ein Märchen

Hoffnung ist mehr als ein Märchen

Sie kennen Dagmar Rosenfeld? Sie ist Chrefredakteurin von „WELT am Sonntag“. Und wie das so ist, zum Jahreswechsel schreibt man mal über was anderes. Gerne auch unter Zuhilfenahme eines Märchens. Märchen sind ja immer nett, vor allem dann, wenn sie tröstlich enden…

Warum Dagmar Rosenfeld zu Silvester gerade das folgende Märchen ausgewählt hat, erklärt sich den Lesern auch gleich zu Beginn ihres Artikels: „Die Aussichten für 2024 sind alles andere als berauschend. Die Lage der Welt stimmt nicht gerade optimistisch. Was tun, wenn die Traurigkeit Sie erwischt?“ Gute Frage! Und Frau Rosenfeld hat da, wie gesagt, ein schönes Märchen, das ihre Mutter ihr noch heute erzählt, wenn sie mal traurig ist. Frei nach dem Motto Heinrich Heines: „Ein Märchen aus alten Zeiten, das kommt mir nicht aus dem Sinn“, erzählt sie das Märchen dann so:

Eine alte Frau sieht am Wegesrand eine graue kümmerliche Gestalt kauern. „Wer bist du“, fragt sie das zitternde Wesen. „Ich? Ich bin die Traurigkeit.“ „Oh, das ist aber eine Freude, dir zu begegnen“, sagt die Frau. Die Traurigkeit entgegnet ungläubig: „Du freust dich? Normalerweise laufen die Menschen vor mir davon.“
„Warum sollte ich davonlaufen?“, sagt die alte Frau und schenkt der grauen Gestalt ein Lächeln. „Nun“, erklärt die Traurigkeit, „die Leute mögen meine Gesellschaft nicht. Sie verdrängen mich, sagen, das Leben geht weiter, es sei zu kurz, um jemandem wie mir Raum zu geben. Sie mögen mich nicht, dabei meine ich es doch nur gut mit ihnen.“
Die alte Frau streicht der Traurigkeit über den Kopf. „Du Liebe“, sagt sie, „du musst nicht mehr einsam sein. Denn ich werde dich begleiten“. Die graue Gestalt schaut verwundert. „Wer bist du, dass du aus freien Stücken an meiner Seite sein willst, wo mich doch sonst alle meiden?“ Die alte Frau legt ihre Hände auf die Schultern der Traurigkeit. „Wer ich bin?“, sagt sie. „Ich bin die Hoffnung.“

Märchen haben´s in sich: viel Wahrheit über das Leben. Und es ist wahr: traurig kann es im Leben auch immer wieder werden. Traurigkeit oder gar Trauer wirken auf andere nicht gerade anziehend. Oft führen sie in die Einsamkeit. Auch das ist leider wohl wahr.

Nur darf die Traurigkeit nicht verkümmern oder gar resignieren. Ein Gefühl von Traurigkeit sollte man immer ernst nehmen. Und das tut man am besten, indem man nach dem Grund der Traurigkeit fragt. Jede Freude braucht einen Grund. Und Traurigkeit hat zumeist auch einen. Was der Trauer am wenigsten aufhilft, ist Selbstmitleid. Und auch ein schnelles: „Kopf hoch, das wird schon wieder!“, hilft nicht wirklich weiter.

Nein, was ist der Grund dafür, dass ich traurig bin? Wer diese Frage an sich heranlässt, hat mit dem begonnen, was „Trauerarbeit“ meint. Eine Form der Zuwendung, die ich meiner Seele schenke. Und diese Zuwendung allein tut ihr schon gut. Was Trauer immer gut tut, ist Hoffnung. Hoffnung darauf, dass die Trauer eines Tages schwinden möge und wieder Freude einkehrt ins Leben. Warum die Hoffnung in dem Märchen als alte Frau daherkommt? Hoffnung ist so alt wie die Menschheit. Und doch ist Hoffnung in meinen Augen immer jung geblieben. Sie tritt auf als Hoffnungsschimmer, als Hoffnungszeichen.

Freilich braucht auch die Hoffnung einen guten Grund. Es gibt nichts, was am Ende mehr enttäuscht, als eine falsche, eine trügerische Hoffnung. Eine „Spur von Hoffnung“ möge in aller Traurigkeit immer spürbar sein. Und Hoffnung wünsche ich vor allem allen, die gerade wirklich trauern. Aber ich wünsche sie uns nicht mit einem Märchen. Ich wünsche uns allen einmal mehr: frohe Weihnachten. Denn wir wissen alle: auch das hoffnungsvollste Märchen ist erfunden. Weihnachten dagegen gibt uns einen echten Grund zur Hoffnung. Ja Weihnachten steckt voller Hoffnung.

Der Grund der Hoffnung begegnet uns nicht in einer alten Frau, sondern in einem kleinen Kind, das aus der Krippe herauslächelt, weil es aus der Krippe heraus will: hinein in unser Leben.
Jesus ist für uns der Hoffnungsträger. Die Zeit der guten Hoffnung im Advent hat sich an Weihnachten erfüllt. „Christ, der Retter, ist da.“ Wer kennt unsere Sorgen und Nöte, unsere Traurigkeiten besser als er? Wer könnte uns besser begleiten? Schauen wir also gerade unsere Traurigkeiten bewusst mit ihm an. Vier Augen sehen mehr! Und er blickt viel tiefer…!

Der Beitrag von Frau Rosenberg hat viele zustimmende Kommentare erhalten. Eine dankbare Leserin schreibt in die Kommentarleiste: „Danke, Frau Rosenberg, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt!“ Na ja, und was dann? Christliche Hoffnung stirbt am Ende nicht. Da setzt das Evangelium den entscheidenden Unterschied zum Märchen: Von der Krippe zum Kreuz sind es gerade mal 33 Jahre. Ostern ist kein Hoffnungsschimmer, sondern jenes Licht, in dem das kleine Lebenslicht von Betlehem zum Überlebenslicht der Auferstehung wird.

 „Jesus lebt, mit ihm auch ich.“ Ein Gedanken, mit dem wir uns schon an Weihnachten vertraut machen sollten. Ihn gilt es zu beherzigen in guten und in schweren Tagen. Kein Grund zur Traurigkeit, sondern aller Grund zur Freude. Hoffnung ist mehr als ein Märchen. Hoffnung ist der Grund unserer Freude. „Nun freut euch, ihr Christen, singet Jubellieder!“ Amen

Ein Christ aus China lädt uns ein zum persönlichen Gebet:
„Ich sagte zu dem Engel,
der an der Pforte des neuen Jahres stand:
Gib mir ein Licht, damit ich sicheren Fußes
der Ungewissheit entgegengehen kann.
Aber er antwortete:
Geh nur hin in die Dunkelheit,
und leg deine Hand in die Hand Gottes!
Das ist besser als ein Licht
und sicherer als ein bekannter Weg.“

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