„Ich verspreche Dir die Treue!“
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„Ich verspreche Dir die Treue!“
Gedanken zur Lesung am 16. Sonntag i. J. (23, 1-6)
„Vor Gottes Angesicht nehme ich Dich an als meinen Mann, als meine Frau. Ich verspreche Dir die Treue in guten und in bösen Tagen. In Gesundheit und Krankheit, bis der Tod uns scheidet. Ich will dich lieben achten und ehren alle Tage meines Lebens.“
Mit diesen Worten versprechen sich zwei Menschen in einem Augenblick ihres Lebens nicht weniger als alles. Sie sagen Ja zu einander nicht nur für einen Augenblick, sondern auf die lange Sicht eines ganzen Lebens. Und das ist bekanntlich oft voller Überraschungen. Dieses Ja glänzt ganz hell am Tag der Hochzeit. Dieses Ja gewinnt aber erst an Gewicht und Überzeugungskraft über die Jahre der Ehe, wenn sie dann kommen die Jahre, die guten, glücklichen und auch die schweren und problembeladenen. Dieses Ja Wort fällt nicht leicht, und junge Menschen sollten es sich auch nicht leichtmachen.
Nicht leicht gemacht hat sich auch Jeremia sein Ja-Wort. Das Ja seiner Berufung. Er selbst fühlt sich noch viel zu jung als Gott ihn zum Propheten beruft. Aber schließlich willigt er doch ein und nimmt Gott an. Er verspricht ihm die Treue in guten und in bösen Tagen. Das ist mutig. Denn Jeremia spricht sein Ja-Wort in einer Zeit tiefgreifender religiöser und politischer Umbrüche.
Auf seinem Weg mit Gott erlebt Jeremia dann auch mehr böse als gute Tage. Verantwortungslose Könige sitzen auf dem Thron Davids in Jerusalem. Denen es vor allem um eines geht: um ihr eigenes Wohl. Das Wohl des Volkes, oder gar den Willen Gottes haben sie längst vergessen. Ihr Verhalten fordert Jeremia immer wieder heraus zu schonungsloser Kritik. Jeremia aber steht zu seinem Ja-Wort, das er Gott gegeben hat. Er stellt sich hin und tritt ein für den Bund Gottes mit seinem Volk. Einen Bund den er, Jeremia, ganz persönlich geschlossen hat.
Die Kritik an den schlechten Hirten des Volkes bekam Jeremia nicht gut. Als Nörgler verunglimpft, als Unheilsprophet beargwöhnt wird er verfolgt. Zweimal wird in einer tiefen Zisterne gefangengehalten. Das Bild des Propheten, der im Schlamm der Zisterne zu versinken droht, macht schrecklich deutlich, wie erfolglos seine Mission war und wohin in Gottes Berufung geführt hatte. Als 586 Jerusalem von den Babyloniern in Trümmer gelegt wird, steht Jeremia zugleich vor dem Trümmerhaufen seiner Berufung. Er wird verschleppt ins Babylonische Exil dort stirbt er, unbemerkt, vergessen.
Jeremia, das Bild einer gescheiterten Beziehung zu Gott, die doch in jungen Jahren so hoffnungsvoll begonnen hatte? Wohl nur auf den ersten Blick. Gewiss: Der große Widerstand im Volk und vor allem bei dessen Machthabern hat auch Jeremia immer wieder zu denken gegeben. Die niederschmetternden Erfahrungen seines Lebens und seines Volkes haben ihn immer wieder mit Gott ringen lassen. Aber eines hat Jeremia nie getan: er hat das Gespräch mit Gott nicht abgebrochen. Auch wenn Jeremia fast nur böse Tage erlebt hat, er kommt von der Nähe zu Gott nicht los. Mit ihm kann er ringen, hadern und streiten. Aber er verliert nicht die Hoffnung und das Vertrauen, dass: Gott hält, was er verspicht: Gott ist treu.
Die Frage nach dem Ja-Wort stellt sich in schweren Zeiten der Krise verstärkt. Das ist in der Ehe so, und im Glauben ist es nicht anders. Wie die Beziehung zwischen zwei Menschen so ist auch der Glaube keine durchgehende Flitterwoche. Gewiß, es gibt sie: Hochzeiten des Glaubens. Zeiten, da wir froh und glücklich sind, Gott und die Welt am liebsten umarmen würden. Aber wer von uns hätte nicht auch schon Glaubenskrisen durchgestanden. Wer von uns hätte nicht auch schon mit Gott gehadert, an ihm gezweifelt…?
Ist Jeremia nicht ein aktueller Prophet! Die Erfahrung der Erfolglosigkeit so mancher Bemühung ist uns Christen wohl nicht fremd. Oft erleben Christen, dass scheinbar alles ins Leere läuft: Sie spüren es in ihrem eigenen Leben. Wenn wiederholte Mißerfolge, Enttäuschungen und Lebenskrisen nicht nur das Leben, sondern auch den Glauben erschüttern. Wieso gerade ich? Womit habe ich das verdient? Wie kann Gott so etwas zulassen?
Dass vieles ins Leere läuft das spüren so manche Eltern, die versucht haben, ihre Kinder im Glauben zu erziehen. Und feststellen, wie ihre Kinder schneller aus dem Glauben herauswachsen als sie hineingewachsen sind.
Dass vieles ins Leere läuft, das spüren auch Seelsorger, wenn ihrem seelsorglichen Bemühen so manches Mal Ablehnung -oder was noch schlimmer ist- pures Desinteresse entgegengebracht wird.
Aber so ist das wohl: Wer Ja sagt zu Gott, wer sich auf den Ruf Gottes einlässt, der hat noch lange keine Garantie für ein sorgenfreies und unbeschwertes Leben. Glaube nur für die sonnigen Tage des Lebens ist wohl ebenso eine Illusion wie Liebe nur für die Sonnenseiten des Lebens. Ja noch mehr: Manchmal sind es gerade die schwierigen Phasen des Lebens, die den Glauben festigen, so wie auch die Liebe zwischen Menschen sich in Zeiten der Krise festigen und so wachsen kann. In Zeiten der Krise, Lebensentscheidungen nicht ändern, sondern sie durch die schweren Zeiten hindurch tragen, das wird später auch Ignatius von Loyloa als geistlichen Rat geben.
Jermia hat nicht aufgegeben. Seine Botschaft an uns lautet: Geduld. Geduld, die sich aus einem tiefen Gottvertrauen erwächst. Er hat sich immer wieder an sein Ja-Wort am Beginn seiner Berufung erinnert. Und das Vertrauen in das Ja-Wort Gottes nicht verloren – trotz allem. Immer wieder hat es sich für seinen Glauben stark gemacht und Gott die Treue gehalten, die er ihm einst versprochen hat:
„Ich nehme Dich an als meinen Herrn und Gott.
Ich verspreche Dir die Treue in guten und in bösen Tagen.
In Gesundheit und Krankheit, bis der Tod uns scheidet.
Ich will dich lieben, achten und ehren alle Tage meines Lebens.“
Amen.