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Ist Glaube Privatsache?

Ist Glaube Privatsache?
(Joh 15, 1-8)

Könnte man meinen… Der Ausspruch König Friedrich II. von Preußen ist noch heute allgemein geläufig: „Jeder soll nach seiner Facon selig werden.“ In Glaubensdinge wollte der Monarch nicht hineinregieren. Das war damals vor etwa 300 Jahren nicht selbstverständlich. Heute ist zumindest in der westlichen Welt Religionsfreiheit ein Grundrecht. Und es ist eine Grunderwartung, dass Religion den Menschen innerlich freimachen und nicht unter Druck setzen sollte.

Und so gibt es auch viele Zeitgenossen, die sich ihren eigenen Glauben zusammenstellen, wie den Ernährungs-plan in der Küche. Das religiöse Angebot ist entsprechend groß… Wie steht es da mit der Kirche? Wo steht die Kirche? Eine Frage, die wir uns heute, am Kirchweihfest, durchaus einmal stellen können.

Schon vor einigen Jahrzehnten wurde der Slogan laut: „Glaube ja, Kirche nein.“ Wenn das so ist, bräuchten wir keine Kirche im Dorf. Und unsere Kirche, auf die wir anschließend anstoßen, hätten wir bestimmt nicht renovieren müssen. „Glaube ja, Kirche nein.“ Das ist für so manche auch die Begründung, aus der Kirche auszutreten. Wobei es dann doch den meisten ums Geld gehen dürfte. Wie auch immer: Nicht wenige der Ausgetreten halten sich trotzdem für gute Christen. Aber gibt es ein Christentum überhaupt ohne die Kirche?

Wer kann allein die Antwort darauf geben? Gott, an den wir glauben. Und wir fragen am besten Jesus. Er hat uns schließlich Gott nahegebracht. Dazu ist er Mensch geworden. Und er hatte eine Mission: Das Reich Gottes zu verkünden. Wie sieht es also aus mit einem Christentum ohne Kirche? Braucht´s die Kirche oder braucht´s die Kirche nicht?

Zunächst einmal hat sich Gott ein Volk auserwählt: das auserwählte Volk Gottes. Gott wendet sich in der Heilsgeschichte des Alten Bundes immer wieder an einzelne. So beruft er den Abraham. Aber es geht ihm nicht um ihn allein. Vielmehr verheißt er dem Abraham Nachkommen, „so zahlreich wie die Sterne am Himmel“. Abraham wird zum Stammvater des Volkes Israel.

Das liegt auch nahe. Ohne Nachwuchs, kinderlos zu sterben war für Menschen damals das größte Unglück. Und auch der Gedanke an ein „Single-Dasein“ war nicht geläufig und wäre wohl alles andere als erstrebenswert gewesen. Menschen lebten gemeinsam, in der Gemeinschaft ihrer Familie, ihres Stammes, ihres Volkes. Und das ist heute noch so im Nahen und Mittleren Osten.

Nach Abraham beruft Gott immer wieder Propheten. Gewiss, er beruft sie einzeln in einem persönlichen Berufungserlebnis. Aber er beruft sie immer dazu, sich an das ganze Volk zu wenden.

Der letzte große Prophet, Johannes der Täufer, macht da keine Ausnahme. Menschen strömen hinaus zu ihm an den Jordan und lassen sich taufen als Zeichen der Umkehr. Auch Jesus reiht sich ein, wird Teil der Gemeinschaft.

Gewiss, Jesus war unverheiratet. Aber er war kein Single und schon gar kein Einzelgänger. Wie auch Gott kein Single ist. Wir glauben ja an einen dreifaltigen Gott, der in sich Gemeinschaft lebt, weil er die Liebe ist.

Jesus beruft Jünger. Jeden beruft er ganz persönlich. Aber zugleich ist die Berufung zur Nachfolge immer auch eine Berufung in seine Gemeinschaft. Am Ende umfasst sein Jüngerkreis die zwölf Apostel.

Die Zahl Zwölf kommt dabei nicht von ungefähr. Sie bezieht sich auf die 12 Stämme Israels. Die zwölf Jüngern werden so zum gemeinsamen Fundament für das Volk des Neuen Bundes. Und dieses neue Volk Gottes ist nicht mehr nur auf Israel beschränkt. Jesus fordert seine Jünger auf, hinauszugehen in alle Welt, um sein Evangelium zu verkünden. Das werden sie dann auch tun.

Jesus ruft also in eine Gemeinschaft, in seine Gemeinschaft. Sein Vater ist unser Vater. Damit ist er unser Bruder. Damit wird eines klar: Christentum ist seinem innersten Wesen nach eine Familienreligion. Begründet durch die Taufe in der Gemeinschaft mit Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist.

Diese Gemeinschaft tritt immer wieder zusammen. Und sie tut das ganz im Sinne Jesu: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“

Diese Gemeinschaft, nennen wir sie „Kirche“, versammelt sich am Tag des Herrn, um den Tisch des Herrn und feiert Eucharistie. „Tut dies zu meinem Gedächtnis“. Diesen Auftrag Jesu an seine Jünger beim letzten Abendmahl erfüllen wir in jeder heiligen Messe. Jeder erhält so Anteil am Leib Christi und wird so Teil des Leibes Christi, der die Kirche ist.

Im Bild vom Weinstock bringt Jesus ein schönes Bild für diese Verbundenheit mit ihm und untereinander: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.“

Fassen wir also zusammen: Jesus ruft in die Gemeinschaft. Er ist in unserer Mitte; er ist unsere Mitte. „Glaube ja, Kirche nein?“ Das funktioniert christlich gesehen nicht. Oder anders gesagt: „Ein Christ ist kein Christ“. Christen glauben zusammen und halten zusammen zu dem, der zu uns hält hält: Jesus Christus. Er ist der Eckstein, der alles zusammenhält. Amen.

 

Fürbitten an Kirchweih

Herr Jesus Christus, miteinander leben – miteinander glauben und beides immer wieder zu feiern: das Leben und den Glauben. Dazu lädt uns der Kirchweihsonntag ganz besonders ein.

Wir sind dankbar dafür, dass wir eine Kirche in unserer Mitte haben, die unserem Glauben ein Zuhause gibt. Wir bitten darum, dass wir die Kirchen immer wieder mit unserem Glauben, unsere Hoffnung und unserer Liebe erfüllen.

Wir sind dankbar für all die Menschen, die zum Bau und Erhalt unserer Kirchen beigetragen haben. Lass auch uns erkennen, wie wir die Zukunft unseres Glaubens lebendig mitgestalten können.

Wir sind dankbar für alle, die mit uns gemeinsam im Glauben verbunden sind. Lass uns in unseren Begegnungen immer wieder erfahren, wie sehr wir zusammengehören, weil Du uns verbindest.

Wir sind lebendig verbunden mit der Kirche des Himmels in der am Ende in Gott alles vollendet sein wird. Lass unsere Verstorbenen bei Dir für immer leben.

Herr Jesus Christus, Du willst uns immer wieder begegnen, damit wir mit Dir und untereinander immer mehr zusammenwachsen. Dafür danken wir Dir. Amen.

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