Jesus Christ, Superstar?
Jesus Christ, Superstar?
Lesung: Eph 2, 13-16; Evangelium: Joh 10, 22-39
Freundebücher, früher Poesiealbum genannt, sind schon was ganz Besonderes. Das liegt allein schon daran, dass da nicht jeder reinschreiben darf. Sondern eben nur Freunde. Und dann kommen viele Fragen. Vom Spitznamen bis hin zum Lieblingsessen und –trinken. Hobbies sollten natürlich auch verraten werden. Der Ziel und Zweck des Ganzen liegt auf der Hand: Man will seine Freunde möglichst gut kennenlernen und nicht von ungefähr wird ein Freundebuch auch noch lange nach der Schulzeit in Ehren gehalten. Freunde will man schließlich nicht so schnell vergessen.
Freunde fürs Leben…, das sind auch unsere Heiligen. Wir alle haben wohl so unseren „himmlischen“ Freundeskreis. So gesehen ist unsere Bruderschaft -zu der ja auch Schwestern gehören- ein echter Freundeskreis. Und der wächst und gedeiht ganz prächtig, mittlerweile zählen über 300 Mitglieder dazu! Das liegt wohl ganz entscheidend auch an unserem gemeinsamen Freund, dem wir so manche Gebetserhörung über die Jahre hinweg verdanken. Freunde halten eben zusammen!
Was wir von unserem Freund Albanus wissen? Was würde er wohl in unser Freundebuch schreiben? Den Geburtsort müsste er uns verraten. Wir kennen ihn nicht. Und wir sind auch nicht sicher, ob er nun in Italien oder auf Naxos geboren wurde. Kein Wunder, Albanus ist schließlich schon vor 406 gestorben.
Gewiss würde Albanus den Namen Theonast erwähnen. Der war damals Bischof auf Naxos, wurde sein geistlicher Lehrer und blieb lebenslang sein Wegbegleiter. Da hatten sich die Richtigen gefunden. Mit vereinten Kräften verteidigten sie den rechten Glaubens. Denn der war zu ihrer Zeit in großer Gefahr. Das Gefahr hieß: „Arianismus“. Eine große Herausforderung für eine noch junge Kirche, die erst seit wenigen Jahren aus dem Untergrund der Verfolgung getreten war.
Nach seiner Priesterweihe wird Albanus gemeinsam mit seinem Lehrer sein ganzes weiteres Leben dafür einsetzen, das Bekenntnis zu Jesus Christus, als den wahren Sohn Gottes zu verteidigen. Zunächst in Albanien; dann schickt der Papst sie weiter zum Heiligen Bischof Ambrosius nach Mailand. Und der sendet sie aus nach Gallien. Über Augsburg kommen sie schließlich bis nach Mainz. Auch dort hatte sich der Arianismus unter den germanischsprachigen Christen weit verbreitet. Theonast setzt in einem mutigen Schritt den zuvor abgesetzten rechtmäßigen Bischof wieder ein. Aber schon kurz darauf überfallen die Vandalen Mainz. Der Bischof wird erschlagen, und auch Albanus, den sie im Gebet überraschen, festgenommen und enthauptetet.
Schon wenige Jahrzehnte später wird zu seinen Ehren eine Kirche in Mainz erbaut und im 7. Jahrhundert ein Kloster St. Alban errichtet. Kaiser Karl der Große lässt das Kloster neu errichten als Grablege für seine Ehefrau. In den folgenden Jahrhunderten werden dort auch die Bischöfe von Mainz beigesetzt.
Aber zurück zu dem, was Alban zeitlebens umgetrieben hat. Der Kampf um den rechten Glauben. Die Frage, um die gestritten wurde, war damals brandaktuell. Wer ist Gott Vater und wer ist der Sohn? Wie stehen beide zueinander? Was verbindet sie und was ist der Unterschied? Wir glauben doch an einen Gott. Dachte sich viele. Wer und wie ist dann Jesus zu verstehen. „Ist mir doch egal…“, würde man heutzutage wohl oftmals zur Antwort bekommen. Zu Zeiten des Albanus war das anderes. Man hat um Antworten mit allen Mitteln gerungen. Es war eben nicht gleichgültig, was man glaubte.
Hinter der Irrlehre des Arianismus steckt der Priester Arius. Ihm ging es um die Unantastbarkeit der Einzigartigkeit des einen unsichtbaren Gottes. Um sie zu verteidigen, stufte er den Sohn herab. Der Sohn steht mit de Vater nicht auf derselben Stufe. Der Sohn ist nicht vom Vater nicht gezeugt, sondern nur geschaffen. Ein Geschöpf also. Es gab somit eine Zeit, in der er nicht war. Der Sohn gehört also der geschaffenen Welt an, wiewohl er das erste und oberste aller Geschöpfe ist. So etwas wie der ideale Mensch. Gerade im Blick auf die Menschheit Jesu wurden seine geistig seelische Entwicklung und auch seine menschlichen Gefühle als Ausdruck dafür gewertet, dass der Sohn nicht wesensgleich mit dem unveränderlichen ewigen Gott sein können, sondern ihm nur ähnlich. Das war der „Knackpunkt“ mit ganz erheblichen Konsequenzen.
Diese arianische Sichtweise Jesu war leichter vermittelbar. Die Einheit mehrerer Personen in einem Wesen ist ja menschlich in der Tat schwer vorstellbar. Der Arianismus verbreitete sich rasant vor allem im oströmischen Reich und unter den germanischen Stämmen. Wer Jesus Christus herabstuft, der hat auch heute einen praktischen Vorteil – etwa im interreligiösen Dialog: mit dem orthodoxen Judentum, für die die Einheit Gottes hoch und heilig ist und auch mit dem Islam, der in Mohammed nur den entscheidenden Gesandten Allahs sieht. Wie er Jesus auch als Prophet anerkennt.
Aber die Frage ist und bleibt aktuell auch für uns: Wer war, wer ist Jesus Christus wirklich? Ein besonderer Mensch? „Jesus Christ, Superstar!“? Ein besonderer Prophet?
Jesus gibt darauf selbst eine Antwort: „Alles ist mir übergeben vom Vater. Niemand kennt den Sohn als der Vater, und auch den Vater kennt niemand als der Sohn, und wem es der Sohn offenbaren will.“ (Mt 11, 27). Und Jesus offenbart dieses Geheimnis seines Wesens: „Ich und der Vater sind eins.“ (Joh 10,30)
Wenn Jesus nur als Geschöpf ist, wäre nur ein Geschöpf gestorben. Wir hätten in Jesus einen weiteren unter vielen anderen Märtyrern. Nur noch mehr Menschenblut wäre vergossen. Aber Gott hat wirklich am Kreuz selbst für uns geblutet. Und nur so konnte er die Sünden einer ganzen Menschheit tilgen, weil er selbst ohne Sünden war. Nur so konnte er uns von unserem menschlichen Todesschicksal befreien. Nicht von ungefähr legt der Hauptmann im Anblick des so Gekreuzigten sein bewegendes Bekenntnis ab: „Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.“ (Mk 15,39)
Auf dem Konzil von Nicäa wurde darum eine klare Aussage getroffen: Der Sohn ist eines Wesens mit dem Vater. Es leuchtet auch ein: Wie der Glanz zum Licht ein und dasselbe Wesen ist, sind Vater und Sohn gleicherweise göttlichen Wesens. Bei dieser Lösung ging es im Tiefsten um unsere Erlösung. Denn ein Mensch hätte uns nie und nimmer erlösen können. Arius und zwei weitere Anhänger wurden ins Exil geschickt. Der Arianismus war aber noch lange nicht gebannt. Es sollte noch über 100 Jahre dauern, bis das Bekenntnis zu Jesus Christus als dem eingeborenen Sohn sich wieder ganz im Glauben der Christen durchsetzen konnte. Einer, dem wir das mit verdanken, ist der Heilige Albanus. Er hat für dieses Bekenntnis seinen Kopf hingehalten.
Bekennen wir heute also ganz bewusst im Credo: „Jesus Christus, Gottes eingeborener Sohn, aus dem Vater geboren vor aller Zeit. Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater.“