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Kein Glaube aus dem Ärmel

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Kein Glaube aus dem Ärmel
Gedanken zum, 27. Sonntag im Jahreskreis (Lk 17, 5-10)

 Wie nah sind wir noch dran am Ernte-Dank-Fest… in unserer hochtechnisierten Zeit? Kaufen wir nicht fast alles fein säuberlich plastikverpackt im Supermarkt? Und doch, es bleibt eines wohl allen klar: Von nix kommt nix. Auch mit Mitteln der Agrarindustrie lässt sich die Ernte nicht „künstlich“ erzeugen. Nichts kommt von ungefähr.
Das gilt übrigens nicht nur für „die Früchte der Erde“;  das gilt auch für den Glauben. Auch der Glaube kommt nicht von ungefähr. So wie man die Äpfel nicht einfach gleich vom Baum schüttelt, sondern erst einen Apfelkern in die Erde legen muss. So schüttelt man den Glauben bei Bedarf nicht einfach aus dem Ärmel. Auch der Glaube muss wachsen.
Was geschieht, wenn man sich nicht mehr um den Glauben kümmert, sehen wir in unsere Land: Glaubenswissen verdunstet, das Glaubensleben trocknet aus.
Um den Glauben muss man sich schon annehmen. Man hat nie zu viel davon. Die Jünger haben schon geglaubt, aber es war ihnen offenbar noch zu wenig. Sie wollten mehr. Und darum gehen sie mit der Bitte zu Jesus. „Herr, stärke unseren Glauben!“ (Lk 17,5) Bei Jesus kommen sie da genau an den Richtigen. Was wird Jesus ihnen wohl raten?

Glaube wächst durch Glauben
Die Antwort ist aufs Erste gar nicht so einfach zu verstehen: Jesus sagt: „Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre, wie ein Senfkorn, würdet ihr zu dem Maulbeerfeigenbaum sagen: Heb dich samt seinen Wurzeln aus dem Boden und verpflanz dich ins Meer,  und  er würde euch gehorchen.“  (Lk17, 6)
Wie ist das denn zu verstehen? Doch wohl so: Wenn du deinen Glauben stärken willst, dann versuche mehr glauben! Eigentlich leuchtet das doch ein. Fragen Sie im Fitnessstudio den Trainer: Wie kann ich fitter werden? Die Antwort wird lauten: Mach mehr Fitness! Und Menschen, die tiefer in der Liebe wachsen, lieben einfach mehr…
Die Sache ist wohl nicht komplizierter: Wenn dein Glaube wachsen soll und stärker werden, dann glaube mehr; so gut du eben kannst. Und du wirst Erfahrungen mit dem Glauben machen. Diese Glaubenserfahrungen werden dir zeigen: der Glaube hält, was er verspricht. Menschen, die immer  vertrauensvoll aus dem Glauben heraus gelebt haben, bestätigen: Glaube wächst durch Glauben. Und macht manchmal selbst das Unglaubliche wahr… – wenn wir nur dran glauben.

Das Lasso hilft nicht!
Damit wird eines klar: der Wille zum Glauben ist durch nichts zu ersetzen. Darum haben alle anderen Versuche, das Glaubensleben in unserem Land zu bestärken, keinen Erfolg gehabt. Was hat man nicht schon alles versucht. Wenn sie nicht wollen, hilft alles nichts. Was der Kirche in unserem Lande sicher nicht weiterhelfen wird: Noch mehr Action, noch mehr Events. Den Glauben kann man den Menschen auch nicht nachtragen, oder gar wie mit einem Lasso einfangen. Nein, die Menschen  müssen nur eins: sie müssen glauben wollen. So wie die Jünger (mehr) Glauben wollten.

 Gott ist und bleibt Gott!
Dabei hilft ein Grundeingeständnis, das dem selbstbewussten Menschen von heute nicht gerade leicht fällt. Es  gibt einen, der größer ist als ich: Gott. Gott gibt es nicht, weil ich es will. Mich gibt es, weil Gott es will.
Diese Größe Gottes, die uns durchaus Ehrfurcht gebieten darf, zeigt deutlich, wer der „Herr im Hause“ ist. Der Sklave wird seinem Herrn dienen (müssen). Selbstverständlich und ohne weitergehende Erwartungen. Der kleine Hinweis auf den Dienst des Sklaven im Haus des Herrn macht klar, wer Gott ist und was der Mensch. Nicht Gott braucht uns – wir brauchen Gott (vgl. Lk 17, 7-10).
Es ist darum keine Frage von Lust und Laune, ob ich meinem Gott diene. Dass ich dann vielleicht auch mal in den Gottesdienst gehe, weil ich gerade nichts Besseres vorhabe. Es ist meine Pflicht und Schuldigkeit. Denn im Gottes-Dienst zeige ich, dass Gott für mich Gott ist, dem ich diene.
Aber eben dann doch nicht als Sklave – aus Zwang. Jesus sagt ja an anderer Stelle, dass er uns nicht mehr Sklave nennt: „Ich habe euch vielmehr Freunde genannt.“ (Joh 15,15) Die Beziehung zu Gott ist damit nicht mehr eine Beziehung der Unterordnung und Abhängigkeit, sondern vielmehr der Freundschaft, ja noch mehr: Liebe. „Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.“ (1 Joh 4,16)
Damit ist aber die Beziehung zu Gott noch einmal stärker geworden – nicht äußere Abhängigkeit, sondern die inniger Verbundenheit echter Liebe macht den wahren Glauben aus. Gott mein Gott, ich liebe Dich, nicht weil ich Dich brauche. Ich brauche Dich, weil ich Dich liebe. Von einer Sonntagspflicht zu reden, ist deshalb ebenso verquer, wie von einem Zwangskuss zu sprechen. Ich muss nicht in die Kirche – ich will. Der Beliebigkeit ist damit keineswegs das Wort geredet. Im Gegenteil: Freundschaft verbindet. Liebe vereint. Es wird vielmehr eine neue Dimension der Verbundenheit erreicht. Ein Mensch, der wirklich glaubt, ist ein Mensch, der wirklich liebt. Weil Gott die Liebe ist, die Liebe meines Lebens.
Und darum liegt es eben doch auf der Hand und Jesus am Herz: Unser Glaube wächst, je mehr wir glauben. So wie die Liebe wächst, je mehr wir lieben. Und beides berührt sich im Innersten zutiefst…!

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