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Kirchweih in Frage

Kirchweih in Frage
Gedanken zum Kirchweihsonntag

„Wird der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?“ … Was meinen Sie?
Ein netter achtjähriger Bub fragte mich unlängst, ob es Gott gibt. Ich gab ihm die Antwort ganz einfach zurück. Und er legte ein Bekenntnis ab: „Gott gibt es nicht, weil  den kann man nicht sehen.“ Und dann folgte ein kleines Glaubensgespräch… „Schau mal: Ich sehe was, was du nicht siehst, und das gibt’s wirklich. Die Luft zum Beispiel. Halt mal die Luft an! Ja, irgendwann musst du wieder Luft holen, obwohl du die Luft gar nicht siehst… Die gibt´s also wirklich! Und den Stecker musst du nur in die Steckdose stecken. Und mit dem Strom, der da rauskommt, tut sich was. Auch den sehen wir ja nicht einfach so. Und Gott? Glaub´ mir, wenn du an Gott glaubst, kannst du viel mit ihm erleben.“

Kirchweih – worum geht es Jesus?
Wir feiern Kirchweih in Bayern. Was früher mit großem katholischen Selbstbewusstsein, mit Gans und Knödel gefeiert wurde, ist heute fragwürdig geworden. Im Evangelium stellt Jesus sogar höchstpersönlich vor die Frage: „Wird der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?“
Die Antwort überlässt er am Ende offen – und überlässt sie uns.
Eines dürfte freilich von vorneherein klar sein: Der Glaube war immer wieder in Frage gestellt. In 2000 Jahren Kirchengeschichte gab es gute und schlechte Zeiten:

  • Ende des 17. Jahrhunderts, als die Türken Wien belagerten, nachdem Ungarn schon 150 Jahre unter muslimischer Besatzung litt.
  • Die Säkularisation, die auf einen Schlag die Kirche enteignete, Klöster aufhob und mit Verboten in das kirchliche Leben eingriff.
  • Der Kirchenkampf unter Bismarck. Das heutige Kirchenbashing in den Medien lässt mich daran denken, wie sehr die katholische Kirche auch Ende des 19. Jahrhunderts angefeindet wurde und staatlichen Schikanen ausgesetzt war.
  • Die Zeit des Nationalsozialismus mit der Verfolgung unzähliger Gläubiger. Veranstaltungen der Hitlerjugend fanden nicht zufällig zu Gottesdienstzeiten stattfanden, um eine Generation ohne Gott heranzuziehen.
  • Der Stalinismus, der die Menschen nicht nur in die Arbeitslager nach Sibirien, sondern auch die Gläubigen in den Untergrund verbannte.
  • Und dann sind da bis heute dieser Materialismus und der Konsum, der Menschen so einnimmt, dass sie für den Glauben nichts mehr übrig haben.

Der Glaube ist die entscheidende Frage
Halten wir fest: der Glaube war immer wieder äußerlich bedroht. Und doch hat er immer überlebt, weil es genügend Christen gab, die standhaft treu geblieben sind. Das kann nicht verwundern. Unser Glaube ist ja aus der Verfolgung und auf dem Boden der Märtyrer erwachsen und groß geworden. Seine Überlebenskraft hat der Glaube seither immer wieder unter Beweis gestellt:

  • Die Türken wurden auch durch das entschlossene Gebet des Sel. Marco d´Aviano abgewehrt. Der glaubensstarke Wundertäter hat zu Beginn unserer Biberbacher Wallfahrt auch in dreimal Augsburg gepredigt.
  • Nach der Säkularisation konnte durch viele Initiativen klösterliches und kirchliches Leben in seiner Vielfalt wiederbelebt werden.
  • Das „Tausendjährige Reich“ ist auch an den christlichen Widerstandskämpfer gescheitert; und große Politiker der ersten Nachkriegsjahre haben das Land bewusst wieder auf die christlichen Grundwerte aufgebaut.
  • Und da sind die vielen frommen Großmütter, die ihren einfachen Glauben an ihre Enkel weitergegeben haben.

„Alles vermag, wer glaubt“, so endet das Segensgebet des Sel. Marco d´Aviano. Wir haben also keinen Grund zu resignieren. Wenn, ja wenn auch wir glauben. Aber das hat schon der Prophet Jesaja prognostiziert: „Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht“ (Jes 7,9). Auf den Glauben kommt es an! Darum ist es die einzige Sorge Jesu, ob er am Ende (noch) Glauben findet.
Die Kirche als Institution und Organisation, all das mag in Deutschland gut gewachsen sein. Darauf können wir uns aber nicht verlassen. Denn darauf kommt es Jesus am Ende offenbar nicht an. Er spitz alles auf die eine Frage zu: Glauben wir noch an den Glauben? Offenbar ist das gar nicht ausgemacht. Denn schon vor Jahren resümierte die Chefin des Instituts für Demoskopie in Allensbach, Renate Köcher: „Ich habe den Eindruck, dass die beiden großen Glaubensgemeinschaften den Glauben an ihre Zukunft verloren haben.“ Das wäre verhängnisvoll. Dann wäre uns verloren gegangen, was uns eigentlich ausmacht. Die Kirche ist ja kein Verein. Wir sind eine Glaubensgemeinschaft, eine Gemeinschaft die ein gemeinsam gelebter Glaube verbindet.

Wording und Werte
Es geht nicht also nicht um eine Außenrenovierung, sondern vielmehr um eine Innenrenovierung unseres Glaubens. Wie das geht? Das Gleichnis heute bringt Jesus, um seinen Jüngern eines klar zu machen: „…, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten“ (Lk 18,1). Die Frucht des Gebets ist der Glaube. Wer glaubt betet und wer betet findet tiefer in den Glauben. Das scheint auch angesagt, wenn wir die Zeichen der Zeit in unserer Gesellschaft auf uns wirken lassen:
Heute ist von einer Verrohung der Gesellschaft die Rede. Gedanken werden zu Worten und Worte zu Taten. Worte prägen aber wiederum das allgemeine Bewusstsein. Das „üble“ Wording heutzutage kommt wohl auch daher, dass uns der christliche Wortschatz abhanden gekommen ist. Pflegen wir den christlichen Wortschatz, das tut dem allgemeinen Sprachgebrauch nur gut.
Und dann wird auch der Verfall der Werte beklagt. Auch dieses Defizit kommt nicht von ungefähr. Glaube ist ja auch deshalb wertvoll, weil er Werte schenkt, die lebenswert sind. Und klar, Werte braucht der Mensch: Die Menschenwürde und Menschenrechte, die Bewahrung der Schöpfung. Der barmherzige Umgang mit Schuld und Vergebung. -Damit ist jene höhere Gerechtigkeit gemeint, von der der ungerechte Richter nichts wissen wollte, weil er weder Gott geehrt noch die Menschen geachtet hatte.- Und das ist die Bereitschaft, den Frieden Christi, den die Welt sich selbst nicht geben kann, weiterzugeben.
All das darf uns nicht verloren gehen, weil wir es so dringend brauchen. Christlicher Glaube hält all das bereit!
Heute, an Kirchweih, geht es nicht um die Gans, es geht ums Ganze, es geht ans Eingemachte. Der Bub hat mir einmal mehr die Augen geöffnet, dass wir uns mehr um unseren Glauben kümmern müssen. Mit Herz und Verstand – und dem Mut zum Bekenntnis, wie es der 1. Petrusbrief einfordert: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“ (1 Petr 3,15). Sind wir das dem Achtjährigen nicht schuldig! Dürfen wir ihn mit seinem kindlichen Zweifel alleine lassen?
Schüren wir wieder das innere Feuer des Glaubens, damit der Ofen nicht ausgeht, damit wieder mehr Funken überspringen. Und der Menschensohn einen lebendigen Glauben findet, wenn er wiederkommt. Amen.

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