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Kommunikation ist das, was ankommt

 

Kommunikation ist das, was ankommt
Gedanken zur Ersten Maiandacht

Wir haben in den vergangenen Wochen viel gesagt bekommen. Darüber, was wir tun und noch mehr darüber, was wir lassen sollen. Die allermeisten haben sich an die Vorgaben gehalten; haben Vorsicht geübt, Rücksicht genommen. Und damit ihren konkreten Beitrag zur Beruhigung dieser bewegten Zeiten geleistet. Woran das liegt: wohl daran, dass wir uns alle ein Anliegen zur gemeinsamen Aufgabe gemacht haben. Und auch daran, dass Verantwortliche in Wissenschaft und Politik die Bürger „mitgenommen“ haben. Das erhöht die allgemeine Bereitschaft, notwendige Maßnahmen mitzutragen. Wie heißt es so schön: Kommunikation ist das, was ankommt…Nein, wir werden nicht auch in diesem Gottesdienst Corona zum Hauptthema machen. Wir feiern heute eine Maiandacht. Diesmal noch verbunden über das Internet. Aber wir sind froh und dankbar, dass ab nächster Woche wieder gemeinsam Gottesdienste in unseren Kirchen möglich sein werden. Zeichen für eine gute Besserung, auf die wir weiterhin Acht geben wollen. Einen Rückfall will keiner von uns riskieren.

Was wir in Corona-Zeiten erfahren haben, können wir auch im Blick auf Maria sehen: Wie Kommunikation gut gelingt. Zu Beginn der Corona-Krise habe ich uns eingeladen, einmal bewusster hinzuhören auf unsere Kirchenglocken. Dieses Gebetläuten. Um 6:00, 12:00 und 19:00 Uhr. Das „Gebetläuten“, wie wir es nennen, lädt uns jeden Tag dreimal ein, miteinander den „Angelus“, den „Engel des Herrn“ zu beten. Je mehr ich dieses Gebet bete, desto mehr berührt mich dieser Erstkontakt des Himmels mit einem Menschen, mit Maria. Wie Gott auf sie zukommt und behutsam versucht, sie für sein Vorhaben zugewinnen. Keine Anordnung von oben. Keine Überredungskunst. Gott will Maria dort abholen, wo sie ist, mit ihren 14 Jahren in diesem kleinen Dorf Nazareth. Und er will sie mitnehmen auf den Weg des Heils. „Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit Dir“ (Lk 1,28). Was für eine Anrede – was dann für eine Anfrage! Maria erschrak über die Anrede. Verständlich! Und sie nimmt sich Zeit zum Nachdenken über das Unglaubliche. „Wie soll das geschehen?“ (Lk 1,34) Es kommt zu einem Austausch. Eine vertrauensbildende Maßnahme. Erst dann willigt Maria ein. Gott drängt den Menschen zu nichts. Er will, dass wir aus ganzem Herzen einwilligen. Vieles verstehen wir aufs Erste ja wirklich nicht. Auch Maria hat vieles nicht sogleich verstanden. Umso mehr dachte sie darüber nach. Als ihr die Hirten an der Krippe berichten, was sie auf  ihren Feldern erlebt hatten, staunte Maria wieder und bewahrte alles, was geschehen war in ihrem Herzen. Dieselbe Reaktion erleben wir, als sie den zwölfjährigen Jesus zur Rede stellt, nachdem ihn endlich im Tempel gefunden hatte.
Wie oft verstehen wir aufs Erste nicht. Darüber nachzudenken, es im Herzen zu erwägen, es aufzuheben für eine Zeit danach. Das ist ein wertvoller Rat, den wir uns von Maria geben lassen dürfen. So manches, was sich in unserem Leben ereignet hat, vielleicht gerade auch in diesen Wochen, werden wir besser verstehen, wenn wir diese Erfahrungen bewahren. In unserem Gedächtnis. Aber noch mehr in unserem Herzen. Dann kann uns aufgehen, dass wir diesen schwierigen Zeiten wohl auch so manch positive Erfahrung verdanken, die uns weiterbringen kann.

Maria konnte aber auch etwas unkommentiert stehen lassen. Wir müssen nicht zu allem gleich eine eigene Meinung haben. Ich denke da an diese Begegnung mit Jesus: Zusammen mit Verwandten steht Maria vor der Tür und will ihren Sohn sprechen. Jesus aber kommt gar nicht erst heraus. Sondern lässt ihr ausrichten: „Das hier sind meine Mutter und meine Brüder. Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter“ (Mk 3, 34 f). Jesus hat seine eigene Familie gegründet. Die Familie der Kinder Gottes! Maria kommentiert das nicht und streitet mit ihrem Sohn auch nicht herum. Grund dazu hätte sie auch auf der Hochzeit zu Kana gehabt. Als sie wahrnimmt, dass es ein Problem gibt, weil der Wein ausgeht. Jesus scheint sie mit ihrem Anliegen zunächst einfach stehen zu lassen. Maria bedrängt ihn nicht weiter. Und sagt dann doch zu den Dienern: „Was er euch sagt, das tut“ (Joh 2,5). Zu diesem Zeitpunkt hatte Maria keine Ahnung, was Jesus tun würde. Aber sie hat ihren entscheidenden Beitrag geleistet: Maria hatte Vertrauen zu Jesus. Einen echten Vorschuss an Vertrauen.
Sich Zeit geben, um nachzudenken – und dann einzuwilligen.
Im Herzen bewahren, um später tiefer verstehen können.
Nicht alles selbst entscheiden, weil wir nicht alles in unserer Hand liegt.
Und immer wieder dieser Vorschuss an Vertrauen.
All das können wir von Maria lernen. Und es tut gut. Im Miteinander von Mensch zu Mensch. Aber auch im Miteinander von Gott und Mensch. Und vor allem, das schenkt am Ende Kraft und Gelassenheit. Und beides begegnet uns in Maria. So findet sie auch den Mut und die Entschlossenheit am Kreuzweg mitzutragen. Am Kreuz hält sie bis zuletzt bei ihrem Sohn aus.

Wir kommen zu Maria, nach Ostern – vor Pfingsten. Und wir sehen sie im Kreis der österlichen Gemeinde. Wie sie zusammen mit den anderen im Abendmahlsaal zusammenkommt, um zu beten. Ja auch das ist eine besonders wertvolle Form des Austausches. Beten für andere und mit anderen. Gerade in den vergangenen Wochen haben wir es gespürt, dass Beten wirklich hilft; weil es Frieden schenkt und innere Gelassenheit. Weil Beten immer verbindet, gerade auch dort, wo Menschen äußerlich  gesehen getrennt sein müssen.
Der Heilige Geist, den auch wir in diesen Wochen vor Pfingsten einmal mehr erbitten, ist ein Geschenk für eine betende Kirche und ihre Gläubigen. Damit wir dann umso beherzter in die Hand nehmen können, was in unseren Händen liegt. Weil wir das einem anderen überlassen, was wir selbst nicht im Griff haben. Und das nicht nur zu „Corona-Zeiten“. Und wir alle spüren, warum wir uns gut und gerne im Mai Zeit nehmen für Maria und mit ihr.

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