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Kurz vor dem Ziel…

Kurz vor dem Ziel…
Gedanken zum IV. Adventssonntag (Ev.: Lk 1, 26-38)

…nochmal zurück an den Start. Wundern wir uns nicht alle darüber, dass wir am 4. Advent, so kurz vor Weihnachten, ein Evangelium hören, das eigentlich doch an den Anfang gehört? Warum das ganze nochmal an den Anfang? Ganz einfach: weil es Sinn macht! Es macht Sinn, sich im Laufe des Lebens immer wieder zu fragen: „Was habe ich eigentlich alles angefangen und warum?“ Für diese Frage ist es selten zu spät.

Wir alle haben uns schon oft für etwas entschieden. Reden wir jetzt nicht vom Handy- oder Autokauf. Reden wir über unsere großen Entscheidungen. Unsere Lebensentscheidungen. Da gibt es ja einige Möglichkeiten: im Beruf, bei der Partnerwahl, auch das „Ja“ zum Kind gehört sicher dazu…!

Manchmal stellt man solche Entscheidungen später infrage. Vielleicht insgeheim… Reden wir auch hier nicht vom Handy, das schon bald seinen Geist aufgibt; oder dem Auto, das so seine Macken hat.  So was kann ganz schön ärgern. Aber ist doch weiter nicht schlimm. Aber wenn man im Beruf ständig Stress hat, mit dem Partner Streit und die Kinder so ganz anders geraten, als man sich das gedacht hat. Das kann einen „wurmen“. Und wo der Wurm drin ist, da muss er raus. Fragt sich nur, was dabei hilft…

Lange Vorrede – das Evangelium macht Sinn! Maria hat ja auch einmal „Ja!“ gesagt. Damals in Nazareth vor rund neun Monaten. Inzwischen ist sie hochschwanger. Und –kurz vor Weihnachten- mitten auf dem rund 150 km weiten Weg nach Bethlehem.

Wir hören zwar nichts davon; aber wäre es überraschend, wenn nicht auch Maria inzwischen immer wieder ins Nachdenken gekommen wäre! Nach dem Motto: „Wie konnte ich nur darauf einlassen? Warum musste ich mir das antun?“ Und Joseph natürlich auch. Sein Leben mit Maria hatte der wohl ganz und gar anders geplant.

Maria wird sich wohl immer wieder zurückerinnert haben an die Begegnung mit dem Engel Gabriel. Um sich des Anfangs zu vergewissern. Wir tun es heute mit ihr… Und was für ein Anfang! Der Himmel bringt eine ungeahnte Botschaft auf die Erde. Und er überbringt sie ganz persönlich. Für uns gar nicht mehr so selbstverständlich in Zeiten von Facebook, Twitter und Co. Wann reden wir noch mit anderen, geschweige denn, wann werden wir persönlich aufgesucht. Maria ist „heimgesucht“ worden.

Und das auf sehr zuvorkommende Weise: „Gegrüßet seist du, Maria, du bist voll der Gnade.“ Geradezu behutsam wird ihr ein Antrag gemacht. Nicht: „Da, schnell unterschreiben!“ Maria bekommt Bedenkzeit. Und ihre Bedenken werden ernst genommen und mit dem Verweis auf ihre Verwandte Elisabeth hilfreich beantwortet. Maria schenkt Glauben, fasst Vertrauen und sagt „Ja“. Sie hätte auch „Nein“ sagen können.  Eine himmlische Berufung, ein begnadeter Anfang.

Berufung ist immer etwas ganz Persönliches und etwas zutiefst Einmaliges.
Jeder von uns hat eine -seine- Berufung zum Leben. Wofür habe ich mich in meinem Leben bereits entschieden? Und welche Entscheidungen sind Lebensentscheidungen geworden? Ausdruck meiner ganz persönlichen Berufung…?

Die Berufung zum Leben, die Berufung zum Glauben. Gewiss…! Die Wahl meines Berufes, in dem ich ganz und gar aufgehe? Die Berufung zur Ehe, zur Elternschaft? Du bist man meine Frau, mein Mann – fürs Leben! Wie viele auch in der Kindererziehung sind, in Kindergarten und Schule…; eine Mama und ein Papa sind immer einmalig: „Du bist meine Mama, mein Papa“„Und du bist unser Kind.“

Natürlich gibt es immer wieder im Leben Krisen. „Durchhänger“, in denen man so manches überdenkt. Vielleicht ist es manchmal auch nur noch zum Davonlaufen. Aber was bringt´s am Ende? Werde ich dadurch glücklicher?

Da hilft schon eher der umgekehrte Weg. Sich zurückzubesinnen an den Anfang: die Überzeugung, das Vertrauen, die Begeisterung und Freunde, an diesen Zauber, der dem Anfang innewohnt.

Maria hat die Gnade des Anfangs durchgetragen durch eine schwere Schwangerschaft. So wenige Tage vor der Geburt werden es wohl die schwersten Tage gewesen sein. Und doch: weil sie den Zauber des Anfangs nicht vergessen hat, konnte in Bethlehem etwas Neues beginnen. Gottes Sohn erblickt das Licht der Welt und wird für sie zum Licht der Welt. Aus einer schweren Geburt wird die glücklichste Geburt der Welt!

Im Stall von Bethlehem wird Maria wieder „Ja“ sagen. Ihr Kind in den Armen von Herzen annehmen. Auch diesem Ja-Wort wird Maria treu bleiben. Bis zum Kreuz, von dem ihr Sohn abgenommen wird, zurückgelegt wird in ihren Schoß. Aber auch das wird ein neuer Anfang sein, der sich am Ende vollendet in österlicher Freude – mit ihrer Aufnahme in den Himmel.

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft zu leben.“

Worte aus dem Gedicht „Stufen“ von Herrmann Hesse. Der Gedanke an den Zauber, die Gnade des Anfangs beschützt unser Jawort und will uns helfen, unsere Berufung zu leben und weiter zu entfalten. Darum war es an diesem vierten Adventssonntag durchaus sinnvoll und auch hilfreich, nochmals an den Anfang zurückzukehren. Und mit Maria dem treu zu bleiben, zu dem wir einmal aus gutem Grund „Ja“ gesagt haben. Denn jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben. Auch darum singen sie an Weihnachten all überall ein Lied davon. Auch wir kennen und lieben es: „Stille Nacht heilige Nacht, heilige Nacht… Christ der Retter ist da.“

Freuen wir uns auf eine gnadenvolle Zeit, und halten wir Weihnachten, diesem zauberhaft neuen Anfang Gottes in der Welt die Treue. In guten und in schweren Tagen! Amen.

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