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Lass es dir gesagt sein!

Gedanken zum Evangelium am 5. Fastensonntag (Joh 5, 12, 20-33)
von Pfarrer Ulrich Lindl

„Alle meine Entchen“ kennt jeder. Und das kann auch jeder flöten, wenn die ersten Flötentöne beigebracht sind. Auch das kleine Einmaleins dürfte kein Problem sein. Das bekomm´ sogar ich noch hin.
Dabei kann man es dann auch belassen. Oder man bleibt dran: übt Flöte und bekommt einen Zugang zur Musik oder eben einen Einblick in die höhere Mathematik. Aber wie gesagt, man muss dran bleiben!
So gesehen ist das heutige Evangelium nichts für Anfänger.

Ein Evangelium für „Fortgeschrittene“
Wie immer, wenn wir aus dem Evangelium nach Johannes hören, begegnet uns so was wie „höhere Theologie“. Kein liebes kleines Jesulein also, nein wir werden konfrontiert mit dem Menschensohn. Und der spricht vom Gericht, das über diese Welt gehalten wird. Und von der Stunde, die gekommen ist, dass der Menschensohn verherrlicht wird. (vgl. Joh 12,23)
Und auch alles andere muss man erst einmal verstehen:
Das mit dem Weizenkorn, das mit dem „sein Leben verlieren wollen“ und das mit dem Dienen. Und es regt sich bei so manchen Zeitgenossen innerer Widerspruch:
Bedient werden will doch jeder, aber bedienen, dienen?
Gewinnen will jeder, zu den Verlierern gehören dagegen nicht.
Alt werden will jeder, aber übers Sterben redet man nicht.
Klingt alles nicht ganz einfach und auch nicht gerade verlockend…
Hochglanzwerbung lässt sich daraus jedenfalls nicht machen…
Es besteht durchaus Erklärungsbedarf bei diesem „Evangelium für Fortgeschrittene“.

Lass es dir gesagt sein!
Eines muss man Jesus schon lassen. Er macht uns nichts vor!
Mich hat das schon immer an Jesus fasziniert. Dass er uns so gar nicht nach dem Mund redet. Er sagt das, was wir offenbar brauchen. Lassen wir es uns von ihm gesagt sein.
Jesus geht es heute vor allem um eines: Um Hingabe, um ein hingebungsvolles Leben. Nicht nur. damit es uns einmal im Himmel besser geht. Das Evangelium will uns nicht auf das Jenseits vertrösten. Es ist vielmehr eine Schule der Lebenskunst. Die uns lehrt, was uns wirklich gut tut, nicht nur uns, sondern möglichst auch den anderen.
Zunächst einmal gebe ich Jesus Recht.
Menschen, die alles für sich haben wollen, laufen Gefahr zu verarmen. Auch ein goldener Käfig ist ein Käfig.
Menschen, die ihr Leben selbst gewinnen wollen, verkrampfen leicht und sterben am Ende doch.
Menschen, die nicht bereit sind zu dienen, dienen doch zu nichts.
Ob sich „DAX-Manager“ –deren Bezüge sind in den letzten 10 Jahren um 50% gestiegen- wirklich wohlfühlen können, wenn ihnen ein Mindestlohnempfänger seinen Gehaltszettel präsentiert?
Reden wir nicht dem Sozialneid das Wort. Aber reden wir von ein wenig mehr ausgleichender Gerechtigkeit. Denn wenn sich einige wenige Gewinner zu viel herausnehmen, bleibt für die anderen zu wenig übrig. Sie sind die Verlierer! Oxfam hat herausgefunden, dass 42 Milliardäre soviel besitzen wie die halbe Weltbevölkerung –und das sind zur Zeit rund vier Milliarden Menschen. Dabei wäre eigentlich genug für alle da… Heute ist übrigens Misereor-Sonntag!
Da lasse ich mir von Jesus schon zum Gegenteil raten:
Es ist einfach ein gutes Gefühl, wenn man etwas Gutes tun kann. Es gibt was Gutes: man tut es! Mein Leben dient anderen…
Und Teilen macht reich und bestimmt auch ein wenig glücklich.
Das Evangelium ist eine Schule der Lebenskunst, die dann auch beim Sterben hilft. Denn da ist ja noch die Sache mit dem Weizenkorn.
Unter die Erde müssen am Ende alle. Das ist totsicher.
Fragt sich nur, wie? Und was dann?
Hans Carossa hat es einmal so formuliert: „Was einer ist, was einer war, beim Sterben wird es offenbar!“
Und wie einer stirbt, das entscheidet sich vorab im Leben.
Und was einer mitnimmt, auch.
Menschen, die am Leben hängen, die sich an ihr Leben klammern, können schwerer loslassen.
Und was wir am Ende mitnehmen, ist wohl allein das, was wir zu geben bereit waren. Die Sterbestunde ist die große Hingabe des Lebens. So was will vorher ein wenig geübt sein in einem hingebungsbereiten Leben.

Alles eine Frage des Glaubens!
Freilich ist das alles eine Frage des Glaubens. Wenn wir nur an diese Welt glauben, an das, was kommt und vergeht, wenn am Ende nichts bleibt und wir tot sein werden und auch tot bleiben… Dann, ja dann sieht so manches anders aus. „Wenn die Toten nicht auferstehen, dann `lasst uns essen und trinken; denn morgen sind wir tot´“, sagt Paulus den Korinthern, die zu feiern wussten. Und greift ein Prophetenwort des Jesaja (22,13) auf.
Aber ob wir Menschen das wirklich glauben sollen und glauben wollen? Ob es sich dafür zu leben lohnt? Jesus will uns für den Glauben gewinnen. Den Glauben an das Leben, den Glauben an sein Überleben. Denn seine Stunde wird bald gekommen.
Was ich bei Jesus so stark finde? Bei allem ist so unglaublich glaubwürdig und damit so überzeugend.
Jesus hat seinen Worten immer Taten folgen lassen.
Er ist nicht an seinem Leben gehangen. Er war so frei, es zu verlieren!
Und er selbst ist ja das Weizenkorn, das in die Erde fällt, damit wir am Ende überleben.

Schluss
Es lohnt sich, an Jesus dran zubleiben. Das Evangelium ist genau richtig am 5. Sonntag der Fastenzeit. Es bleibt noch Fastenzeit übrig, zum Nachdenken und Umdenken.
Vor allem aber steckt das Evangelium voller Vorahnung, dass die Stunde kommt, da der Herr erhöht sein wird und Er dann alle an sich ziehen wird. Die Stunde seiner Verherrlichung. Es ist die Stunde unserer Erlösung!

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