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„Leistung, Leistung über alles?“

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„Leistung, Leistung über alles?“
Gedanken zum Evangelium am 3. Fastensonntag (Lk 13. 1-9)

Das heutige Evangelium sollte man mal auf dem Frankfurter Börsenparkett vorlesen oder in einer Vorstandssitzung von VW. Da denkt man für gewöhnlich anders! Noch ein Jahr brach stehen lassen, wo doch schon drei Jahre nichts zu holen war? Keine Rendite, keine Dividende. Worauf sollen wir noch warten. Weg damit! Und überhaupt: wir leben in einer Leistungsgesellschaft: Und  „Leistung“ ist schon physikalisch gedacht: „Arbeit pro Zeit“. „Hire and fire.“ Den Feigenbaum hätte man wohl gleich klein gemacht… und verbrannt. “Hire and fire” gibt’s auch im Umgang mit Menschen am Arbeitsplatz, die ihre Leitung nicht bringen…
Aber wem geht´s eigentlich gut damit, wenn´s in der Gesellschaft immer mehr um Leistung geht. Dividenden und Boni hin oder her, ob sich die Manager und Vorstandmitglieder in unserer großen DAX-Unternehmen wohl wohlfühlen in ihrer Haut. Eins dürfte wohl allen klar sein: Leistung macht Druck. Oft geht’s ja schon los in der Grundschule. Und das G 12 wurde auch deswegen eingeführt weil dann die Schulabgänger ein Jahr längere Arbeitsleistung versprochen hatte. Aber Hand auf´s Herz: Wer fühlt sich eigentlich wirklich wohl dabei?

In einer Leistungsgesellschaft bleibt ja vor allem eines auf der Strecke: die Menschlichkeit, Gnade und Barmherzigkeit. Aber ist nicht gerade das die Leistung, um die es uns gehen sollte? Eine menschliche Gesellschaft in einer menschlichen Welt. Die eigentliche Leistung des Menschen ist doch Menschlichkeit! Und menschlich ist, dass jeder seine Fehler und Schwächen hat. „Nobody is perfect.“ Und sollte einer perfekt sein, so ist er wohl wenig menschlich und auch nicht sonderlich sympathisch.

Mit Schwächen stark umgehen…
Beim heutigen Evangelium kann jeder mitreden. Vielleicht sind Sie sogar betroffen. Natürlich kann man sich freuen über seine Stärken und Erfolge. Und hoffentlich sind wir Menschen voll des Lobes, wenn anderen etwas gut gelungen ist. Aber wir sollten auch unsere Schwächen nicht verstecken müssen. Warum? Weil es sie gibt! Und es ist wohl die größte Stärke des Menschen, wenn er gelernt hat, mit Schwächen gut umzugehen. Mit den eigenen und Schwächen der anderen.
Das Gleichnis vom Feigenbaum gibt einige gute Tipps. Fakt ist: der Feigenbaum wird nicht gleich umgehauen. Aber man stellt auch eine klare Diagnose: Der bringt schon drei Jahre keine Frucht. Und beschließt: da muss was getan werden! Aber mit der nötigen Umsicht. Schnell mal umhauen ist wirklich keine Kunst. Der Feigenbaum soll also stehen bleiben. Noch ein Jahr. Noch eine Chance.
Aber diese Zeit muss genutzt werden. Die Hände in den Schoß zu legen, reicht nicht und Beten allein wäre wohl auch zu wenig. Rings um den Feigenbaum wird aufgehackt, das Erdreich gelockert und gedüngt. Auf uns Menschen bezogen könnte das heißen: Vielleicht so manche Verkrampfung und Anspannung lösen. Je mehr Menschen unter Druck stehen, desto mehr verkrampfen sie. Dadurch wird keine Leistung besser. Versuch es,  mal mit mehr Lockerheit an die Sache ranzugehen und deine Kräfte zu mobilisieren. Und es wird gedüngt – das heißt unterstützt. Nicht nur fordern – fördern ist angesagt.

Ein guter Vorsatz
Ob es am Ende was gebracht hat, wissen wir nicht. Wir wollen es hoffen! Aber den Versuch ist es in jedem Fall wert. Vielleicht haben wir es selbst shon mal erlebt: Aus schlechten Zeiten, aus Krisen, kann man gestärkt hervorgehen und an Misserfolgen kann man wachsen. Wenn, ja wenn man dagegen was macht. Einen Versuch ist es jedenfalls wert. Ich finde, das Evangelium passt ideal in die Fastenzeit. Fastenzeit ist eine Zeit, in der wir schauen, was noch mehr wachsen muss in unserem Leben. Wir haben nicht ewig Zeit. Die Fastenzeit will uns helfen, etwas gezielt anzugehen.  Das muss man zunächst einmal selbst wollen. Ein Vorsatz muss her. Und dabei darf man sich helfen lassen. Unterstützen wir uns gegenseitig! Und dann können wir auch auf Gott vertrauen: dass er das Seine tut, wenn wir uns nach Kräften bemühen. Das nennen wir dann Gnade. Und das Evangelium ist heute wirklich eines, das von Gnade und Barmherzigkeit erzählt und nicht dem Kahlschlag das Wort redet. Der Begründer des Wienerwalds, Friederich Jahn,  hat es einmal ganz prägnant auf den Punkt gebracht: „Fang nie an aufzuhören. Hör nie auf anzufangen.“  Was wäre bei mir dran? Packens wir´s an.

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