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Letzter Wille.

Letzter Wille.
Predigtgedanken zum 7. Sonntag der Osterzeit von Pfarrer Ulrich Lindl

Haben Sie schon Ihr Testament gemacht? Sollte man zu gegebener Zeit drandenken. Den letzten Willen kundtun. Das kann man handschriftlich zu Hause tun. Datum und Unterschrift nicht vergessen… Oder man geht gleich zum Notar… Auf ein Testament wollte auch Jesus nicht verzichten. Diesen seinen letzten Willen hat uns Johannes in den Abschiedsreden überliefert. Am Ende fasst Jesus noch einmal alles zusammen, was ihm besonders wichtig ist. Das tut er nicht schriftlich und auch nicht beim Notar. Er bespricht alles mit seinem Vater in einem ganz persönlichen, fast intimen Gespräch. Beide sind sie schließlich eins. Es ist ein ergreifendes Zwiegespräch Jesu mit seinem Vater. Jesus nimmt all das noch einmal intensiv ins Gebet. Die Worte seines letzten Willens, gehören zum kostbarsten Vermächtnis, das wir von Jesus empfangen haben. Es gilt aufmerksam hineinzuhorchen.

Zwischen Weltflucht und Weltsucht…
Wie sollen Christen also in dieser Welt weiterleben? Am besten verstehen wir, was Jesus will, wenn wir uns klar machen, was er nicht will: Jesus will keine Weltflucht. Das hat es oft genug gegeben. So sehr Jesus immer wieder vom Himmel erzählt hat, er will nicht, dass seine Jünger als religiöse Traumtänzer abheben und dabei jede Bodenhaftung verlieren. Mit „Aussteigern“ konnte Jesus noch nie was anfangen.
Also bitte keine Weltflucht. Aber es gibt ja auch die andere Gefahr: Weltsucht. Die Welt kann auf die verschiedenste Weise ja regelrecht süchtig machen.
Vergnügungssüchtig etwa. Man jagt von einem Event zum anderen, Spaß bis zum Abwinken. Menschen amüsieren sich zu Tode…
Aber auch die Arbeit kann süchtig machen. Arbeiten bis zum Umfallen, zum „Workaholic“ werden.
Und das ist der Besitz, der buchstäblich besessen machen kann: vom Besitz besessen. Oder, was noch schlimmer ist: von der Macht – Machtbesessen.
Am Ende kommt immer das Gleiche heraus: Man wird abhängig, abhängig von dieser Welt. Man verkrampft sich im Irdischen. Und wird auf einmal hektisch und nervös, wenn du merkst, dass alles Irdische doch vergänglich ist. Und die Zeit läuft dir davon. Allein darauf können wir uns verlassen: die Welt hält am Ende eben nicht, was sie scheinbar verspricht.
Wenn Jesus uns also bewahren will, weltflüchtig oder weltsüchtig zu werden, worum geht es ihm dann? Was ist der goldene Mittelweg zwischen Weltsucht und Weltflucht?

Worum es Jesus geht
Schauen wir in das geistliche Testament Jesu und wir sehen den richtigen Weg.
Erstens: Die Jünger -und damit auch wir-, liegen Jesus am Herzen. „Ich habe sie behütet“, sagt er in geradezu liebevoll fürsorglichen Worten, „damit keiner von ihnen verloren geht.“
Diese Fürsorge haben sie auch nötig. Nicht nur einmal spricht Jesus davon, dass seine Jünger verfolgt und um seines Namens willen gehasst werden. Es ist eben keine heile Welt, in der wir leben. Das hat Jesus selbst am eigenen Leib zu spüren bekommen. Und doch steht er zu dieser Welt und setzt sich für sie ein.
Gerade darum ist er ja selbst in diese Welt gekommen, um zu heilen, was verwundet ist.
Das ist das zweite: Jesus sieht die Lage der Welt, in der wir leben, realistisch aber keineswegs hoffnungslos. Jesus glaubt an das Gute im Menschen, das diese Welt zum Besseren wenden kann. Darum betet er auch ganz bewusst darum, dass seine Jünger nicht aus dieser Welt genommen werden sollen. Im Gegenteil: wie ihn der Vater in diese Welt gesandt hat, so sendet er am Ende seine Jünger aus. Mitten in dieser Welt liegt ihre – und unsere- Sendung.
Das ist das Dritte: Wir sind gesandt in diese Welt, an Christi statt: mit unserem Glauben, mit seinen Ideen, mit aller Kraft der Nächstenliebe. Schon in der Urkirche war das soziale Engagement der Christen aufgefallen. Und unser Abendland verdankt seine Demokratie, sein Gesundheitswesen, sein Schul- und Universitätswesen christlichem Denken.
Auch die Mission gehört darum zum Wesen von Kirche. Missio heißt Sendung! Damit wir uns in dieser Welt für diese Welt einsetzen. Dies gilt auch für streng kontemplative Klöster. Dort treten Menschen im Gebet für diese Welt ein. Also keine Spur von Weltflucht! Christen haben in der Welt viel zu sagen und für die Welt viel zu tun.

In der Welt – aber nicht von der Welt
So sehr wir in dieser Welt leben und für diese Welt uns einsetzen: Wir sind nicht von dieser Welt. Es wäre in der Tat traurig, wenn wir die Jahre unseres irdischen Lebens für voll nehmen müssten. Es wäre auch frustrierend, wenn wir nur auf unsere eigenen Kräfte bauen müssten. Es wäre hoffnungslos, wenn wir uns am Ende selbst erlösen und vollenden müssten. Nein, all das können wir nicht, all das müssen wir auch nicht. All das wollen wir nicht!
Als Christen sind wir nicht nur weltliche, sondern vor allem geistliche Menschen. Das Wort „Geistliche“ gilt ja nicht nur für Priester und Ordensleute. Es gilt für alle, die im Wasser und Heiligen Geist getauft und gefirmt sind.  Wir dürfen die Gedanken Jesu aufgreifen und mit ihm weiterdenken und versuchen, sie umzusetzen. Wir dürfen uns vom Geist Gottes inspirieren lassen. Wir sind berufen zur Heiligkeit, nicht zur Machbarkeit. Wir sind fähig, die Wahrheit zu erkennen und müssen uns nicht bloß an der Mehrheit orientieren, dafür hat er sich geheiligt: „Ich heilige mich für sie“, sagt Jesus, „damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind.“ Das schreibt Jesus in sein Testament und den Seinen ins Stammbuch.
Das ist die goldene Mitte: Wir stehen mit beiden Beinen auf dem Boden und haben dennoch einen Blick frei für den Himmel. Wir haben alle Hände voll zu tun, aber sind doch immer wieder frei genug, uns von Gott beschenken zu lassen.
Wir leben in dieser Welt. Aber unser Erstwohnsitz ist der Himmel.

 

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