Licht – Verhältnisse…
Licht – Verhältnisse…
Gedanken zum Evangelium am 4. Fastensonntag (Joh 3, 14-21)
Wie sieht Gott aus? Haben Sie darauf eine Antwort? Vielleicht sagen Sie jetzt: auf diese Frage gibt es gar keine Antwort. Schließlich hat noch niemand Gott gesehen. Stimmt! Und doch hat wohl jeder von uns seine eigenen Vorstellungen von Gott. Und das ist gut so. Denn Gott ist ja nicht ein abstraktes „Etwas“, das da irgendwo im All „herumgeistert“, und auch keine anonyme Macht, keine unbekannte Größe. Als Christen dürfen wir an einen personalen, an einen persönlichen Gott, glauben. Und dem liegt viel daran, dass wir Menschen wissen, wer er ist und wie er zu uns steht. Darum hat sich Gott uns auch offenbart. In seinem Sohn Jesus Christus – als Mensch, menschlich eben. Weil er sich mitteilen möchte. Wie also sieht Gott aus?
Gott ist Licht
Eine Antwort aus dem Mund eines Kindergartenkindes klingt da wie eine Offenbarung: „Gott ist wie ein helles Licht“. Und genau so wird uns Gott heute im Evangelium vorgestellt: „Das Licht, Gott selbst, kam in die Welt.“ Was für ein wunderschönes Gottesbild: „Gott ist Licht!“ – „Ich bin das Licht der Welt“, hat Jesus versprochen. Lebenslicht!
Gottes Licht will uns einleuchten, unser Leben erhellen… So schön das alles ist, stellt sich doch die Frage: Gelingt ihm das auch? Dringt sein Licht ein in mein Leben? Und weiter gefragt: Kann es mir überhaupt recht sein, dass das Licht Gottes mein Leben, meine ganze Existenz bis in die letzten Winkel und Fasern hinein durchleuchtet?
Von Licht ist heute im Evangelium immer wieder die Rede. Aber auch von Finsternis. Dabei werden Licht und Finsternis einander gegenübergestellt wie die Wahrheit der Sünde und dem Bösen. Eine durchaus realistische Sichtweise! Unser Glaube spricht nicht nur von Erleuchtung, sondern auch von der Realität der Finsternis.
Im Zwielicht der Sünde
Und unsere eigene Erfahrung gibt dem Evangelium recht! Die Sünde sucht die Verborgenheit, sie will mit uns allein sein und scheut darum das Licht der Wahrheit. Und auch hier hat das Evangelium recht: „Jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht ans Licht, damit seine Taten nicht aufgedeckt werden.“ Es besteht „Verdunkelungsgefahr“. Mit alldem hat der Mensch so seine Erfahrung gemacht und eine erstaunliche Perfektion entwickelt.
Da werden Schwachstellen einfach ausgeblendet. Die eigenen Fehler entschuldigt man immer noch am liebsten. Man schaut einfach nicht hin, sondern weg. Oder wir schieben einfach ab auf andere – oder auf die Umstände. Die anderen sind schuld, meine Erziehung, die Umstände eben. Und es wird auch viel verdrängt: „Ich will´s einfach nicht wahrhaben…“. Aber einmal verdrängt in die Dunkelheit des Unterbewussten schwelen Schuld und Konflikte weiter und gewinnen so nicht selten eine schwer beherrschbare Eigendynamik.
Wie auch immer… Eines ist sicher: in der verborgenen Dunkelheit, im Zwielicht fühlt sich die Sünde wohl. Aber die Seele…? Wie geht es der eigentlich dabei?
Unser Glaube macht bei all diesen Verdunkelungsaktionen nicht mit. Er will uns vielmehr helfen, den ersten und wichtigsten Schritt zu tun: für klare Lichtverhältnisse zu sorgen. Die dunklen Ecken und Kammern in uns auszuleuchten mit dem Licht der Wahrheit. Denn nur die Wahrheit macht uns frei. Wer jetzt an „Big Brother“ denkt und befürchtet, Gott wollte uns wie mit einer „Überwachungskamera“ ausspionieren, der hat noch nicht bedacht, um welches Licht es sich in Wahrheit handelt. Es ist das Licht Jesu Christi, der versprochen hat: „Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln.“ Und dieses Licht erreicht uns am besten im Blick auf sein Kreuz.
Der Glaube sorgt für klare Lichtverhältnisse
Vom Kreuz aus sagt er uns: „Mensch, nimm die Sünde ernst. Sie ist todernst. Ich bin dafür gestorben!“ Wenn uns Christen immer wieder vorgehalten wird, wir redeten zu oft und zu viel von Sünde, kann ich nur antworten: „Gott sei Dank, das können wir auch!“ Wir müssen nichts vertuschen. Jesus Christus verhilft uns zu mehr Ehrlichkeit. Im Licht seiner Wahrheit lässt er uns einsehen: „Mensch, ja, du bist ein Sünder, steh dazu!“ Dies ist aber nur die halbe Wahrheit…. Denn wenn wir noch einmal tiefer hinschauen auf seine ausgebreiteten Arme, seine offenen Arme, sein blutendes Herz, vernehmen wir noch mehr: „Und nun komm´ als Sünder zu mir, der dich liebt und bereit ist, Dir zu verzeihen!“ Dies ist die ganze Wahrheit.
Genau darum geht es Gott doch letztlich: „Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er lebt.“ Dass wir leben. Paulus hat ganz richtig verstanden: „Gott, der voll Erbarmen ist, hat uns, die wir infolge unserer Sünden tot waren, in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, zusammen mit Christus wieder lebendig gemacht.“
Die große Schuld des Menschen ist seit der Erlösungstat Christi am Kreuz nicht die Sünde, die er begeht, -die Versuchung ist mächtig, und die Kraft ist gering! Die große Schuld des Menschen ist, dass er in jedem Augenblick die Umkehr tun kann, aber nicht tut.
Kein Mensch kann Großes vollbringen, wenn er nicht ganz und gar aufrichtig ist zu sich selbst. Dazu aber sind wir berufen als Kinder des Lichtes: in der Wahrheit zu leben und so Großes zu vollbringen.
Es lohnt sich also, die Sünde anzuschauen. Gemeinsam mit Gott. Denn mit Gott sieht man besser; vor allem, wenn die Lichtverhältnisse -wie bei der Sünde- nicht die besten sind. Gott sieht auch in der Dunkelheit menschlichen Lebens. Vielleicht wäre es die Gelegenheit im Sakrament der Beichte einmal wieder für klare Verhältnisse zu sorgen…
Wir Christen haben wahrlich keinen Grund, die Sünde im Dunkeln zu lassen. Wir sind dazu berufen, als Kinder des Lichtes zu leben und die Wahrheit zu tun. Kommen wir immer wieder zum Licht, auch deshalb, weil so auch sichtbar wird, dass viele unserer Taten in Gott vollbracht sind.