„Liturgie für´s Leben – Das Kirchenjahr“
Zu diesem Beitrag ist KEINE Tonaufnahme verfügbar
„Liturgie für´s Leben – Das Kirchenjahr“
Der deutsche Begriff „Kirchenjahr“ ist erstmals 1589 bei Johannes Pomarius, einem lutherischen Pastor, belegt. Er zeigt die wachsende Trennung von christlich und weltlich geprägter Weltsicht, wie sich das Aufkeimen des menschlichen Selbstbewusstseins seit der Renaissance auch anderweitig auswirkt.
Das Kirchenjahr wird auch „Liturgisches Jahr“ oder „Herrenjahr“ bezeichnet und damit abgegrenzt vom „Kalenderjahr“.
Das katholische Kirchenjahr kennt als Eckdaten aus gutem Grund: Den 1. Advent und Christkönig. Im Lauf des Kirchenjahres gibt es sog. „geprägte Zeiten“. Die Zeit läuft nicht gleichförmig dahin. Sie ist bewegt aus dem Glauben.
Das fixe Sonnenjahr, die beweglichen Mondphasen und die Vegetationsphasen führten schon im Alten Orient zu bestimmten Kalendereinteilungen. Schließlich wurden in vielen Naturreligionen die Elemente der Erde und die Gestirne des Himmels selbst als göttlich verehrt. Die Jahresfeste wurden im Judentum teils übernommen, aber dann auch neu gedeutet in religiösen Festen, die sich durchaus auch an Naturereignissen orientierten. So beginnt etwa das jüdische Hauptfest Pessach am Frühlingsvollmond, feiert aber den Auszug aus der Sklaverei in Ägypten.
Der Sonntag bildet sowohl den Anfang der Woche als auch zugleich ihre Vollendung als „achter Tag“. Er verwandelt den siebten Tag –den jüdischen Sabbat- in eine „Freuden- oktav“. Im feierlichen Gedenken an den endgültigen Sieg des Auferstandenen und den Durchbruch der neuen Schöpfung (vgl. Joh 20,26) macht der Sonntag einen neuen Anfang und ist der erste Tag der Woche.
Gedenktage der Märtyrer wurden seit dem 2. Jahrhundert als weitere Festtage in das Kirchenjahr eingefügt. Der Todestag gilt dabei als „Geburtstag“ (dies natalis) für das ewige Leben.
Seit dem 5. Jahrhundert wurde das Kirchenjahr vor allem in Rom durch neue Feste bereichert. So wurde der Sonntag nach Ostern zum „Weißen Sonntag“. Und die Weihnachtszeit wurde durch Hinzufügung des Advents zu einem eigenen Festkreis.
Seit der Spätantike findet sich das Gedenken für die Verstorbenen des Vorjahres. Es wurde im 10. Jahrhundert auf den 2. November gelegt (Allerseelen), der auf das Hochfest Allerheiligen folgt.
Die Auffindung und Erhöhung des heiligen Kreuzes durch Kaiserin Helena wurde seit dem Frühmittelalter in zwei Kreuzfesten gefeiert: „Kreuzauffindung“ am 6. März bzw. 3. oder 7. Mai, und „Kreuzerhöhung“ am 14. September.
Ab dem Hochmittelalter fanden Feste, die bestimmte Glaubensgeheimnisse in den Mittelpunkt einer eigenen liturgischen Feier rücken, Aufnahme in das Kirchenjahr.
Fronleichnamsfest (seit 1264)
Dreifaltigkeitssonntag (allgemein verpflichtend seit 1334)
Herz-Jesu-Fest (seit 1856 in der ganzen Kirche)
Christkönigsfest (seit 1926)
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wurden zunehmend Sonntage im Jahreskreis zusätzlich unter einem bestimmten Anliegen begangen, etwa der „Erntedank-Sonntag“, der „Sonntag der Weltmission“.
Weitere Fest- und Gedenktage des Kirchenjahres gelten kirchengeschichtlichen Ereignissen, die für einzelne Konfessionen, Ordensgemeinschaften oder Gemeinden – etwa Kirchweihefeste – prägend wurden.
Das Kirchenjahr hat sich somit durch die Jahrhunderte gelebten Glaubens weiter entwickelt.
Der Sonntag
Die frühe Kirche feierte das Herrenmahl wöchentlich als „Brotbrechen“ (Abendmahl/Eucharistie). In Anlehnung an die neutestamentliche Anrede „Herr“ für Jesus Christus wird der Sonntag seit altersher auch als „Tag des Herrn“ oder „Herrentag“ bezeichnet.
Als Folgetag des jüdischen Sabbats war der Sonntag der erste, nicht der letzte Wochentag. So wie der Sabbat als arbeitsfreier Tag das Ziel der Schöpfung Gottes bestimmt war, feierten die Christen den Sonntag als Tag der Auferstehung. Kaiser Konstantin der Große stellte die Vorrangstellung des christlichen Glaubens heraus und bestimmte im Jahr 321 den Sonntag gesetzlich zum wöchentlichen Ruhetag. Der Sonntag verdrängte den Sabbat und wurde zusammen mit dem Samstag im Alltagsbewusstsein zum „Wochenende“.
Der Sonntag macht deutlich: Die Zeit des Lebens ist Geschenk aus Gottes Ewigkeit. Der Mensch ist das, was er vor Gott ist. Und gerade am Sonntag und an den Festen im Jahreskreis wird dies in der Glaubensgemeinschaft der Kirche erlebbar. Aus diesem anderen Zeitgefühl erwächst ein neues Lebensgefühl. Das den Menschen aus seinen Arbeitskitteln herausholt und feierlich in seiner Würde hinstellt vor Gott.
Die Woche und das ganze Jahr sind so wohl geordnet. Die geprägte Zeit gibt dem Menschen Halt und Orientierung.
Das Kirchenjahr im Überblick
Das Kirchenjahr hat Auswirkungen auf die Glaubenspraxis und die Liturgie der Kirche und hat auch das Alltagsleben nicht unberührt gelassen: Geprägte Zeiten prägen sich eben ein: Oftmals sind sie sprichwörtlich geworden: „Kathrein stellt das Tanzen ein.“ Oder haben, wie der Lichtmesstag als Stichtag für einen Stellenwechsel, das wirtschaftliche Leben geprägt.
Die Farben des Kirchenjahres erinnern, was gerade dran ist: Fasten oder Festen. Vorbereiten oder Feiern oder Nachbereiten. Dabei gibt es für alles einen guten Grund aus dem Glauben.
Zwei Festkreise bilden klar erkennbar die beiden Schwerpunkte: Der Weihnachtsfestkreis und der Osterfestkreis. Wobei den Festzeiten jeweils eine Fastenzeit vorangeht. Sie dienen vor allem der inneren aber auch der äußeren Vorbereitung.
Der Weihnachtsfestkreis
Das Weihnachtsfest wurde in Rom seit etwa 330, in Konstantinopel seit etwa 380 am 25. Dezember gefeiert. Dieses Datum lag nahe der Wintersonnenwende. Unschwer konnte die Brücke geschlagen werden: Die Menschwerdung Gottes ist der Anbruch der großen Wende vom Tod zum Leben, von der Finsternis zum Licht. Dies sollte auch konkurrierende inner- und außerchristliche Vorstellungen abwehren: Christus und nicht die unbesiegbare Sonne (Sol invictus) ist der wahre Gott.
Die beiden großen westlichen Kirchenlehrer Ambrosius von Mailand und Gregor der Große verknüpften das in der Geburtsnacht Jesu erschienene Licht mit dem Licht der Osternacht; die Niedrigkeit seiner Geburt in Krippe und Stall deutete in der Liturgie bereits auf seinen Tod am Kreuz hin. Daher trat die Weihnachtszeit nicht in Konkurrenz zur Osterzeit, sondern wurde ihr als ihr Vorläufer zeitlich vorangestellt. Sie eröffnete das Kirchenjahr.
Im 5. Jahrhundert entwickelte sich die Adventszeit, ursprünglich als 40-tägige Fastenzeit beginnend am 11. November, dem Gedenktag des heiligen Martins. Die vier Adventssonntage gingen dem Weihnachtsfest voran, wobei der 4. Advent mit dem 24. Dezember zusammenfallen konnte.
„Advent“ heißt „Ankunft“. Nicht die erste Ankunft ist gemeint, sondern vielmehr die zweite Ankunft, also die Wiederkunft Christi am Ende der Zeiten. Das Jahr soll dieser Begegnung dienen. Darum steht der Christkönigssonntag auch ganz im Zeichen der Vollendung dieser adventlichen Erwartung.
Die Adventszeit ist geprägt durch Fasten und Gebet. Es ist auch eine „staade Zeit“. Die Kartäuser üben noch heute ein „Großes Fasten“ von Kreuzerhöhung an. Auch ein Fasten ab St. Martin wird noch gepflegt. (Darum war die Martinsgans auch möglichst fett).
Die Rorateämer (in weißer liturgischer Farbe gefeiert) erinnern an die Verkündigung der Menschwerdung. Die liturgische Farbe in der Adventszeit ist violett. Das Gloria entfällt. Es wird als eigentlich weihnachtliches Lied am 25. Dezember wieder angestimmt.
Aber wie immer werden die Feste gefeiert, wie sie fallen, und das mit einem oft reichen Brauchtum: Barbara (4. 12.) mit den Barbararzweigen. Das Hochfest „Mariae Empfängnis“ (8. 12.), Lucia (13. 12.) mit einem Lucernar und Nikolaus mit Geschenken. Der Heilige Nikolaus wurde erst durch die reformatorische Kritik an der Heiligenverehrung durch das Christkind und später den Weihnachtsmann als Gabenbringer abgelöst…
Die Christmette ist eigentlich eine Vigilfeier. Das Hochfest wird erst am 25. Dezember begangen Darum wird an Heilig Abend noch manchmal auf Fleisch verzichtet.
Dem Hochfest folgt eine festliche Oktav bis zum 1. Januar, dem Hochfest der Gottesmutter Maria.
Die sog. „Zweiten Feiertage“ sind im liturgischen Kalender nicht vorgesehen. Darum feiern wir am 2. Weihnachtsfeiertag auch v.a. den Hl. Stephanus. Am 28. Januar begegnet das Fest des Hl. Evangelisten Johannes mit dem Brauch der Johanniswein-Segnung. Das Fest der Unschuldigen Kinder und der Sonntag der Heiligen Familie sind weitere Feste, die das Weihnachtsgeschehen ausbreiten.
Die Weihnachtszeit schließt ab mit dem Fest Taufe des Herrn, am Sonntag nach der Erscheinung des Herrn, dem Drei-Königs-Tag.
Für viele ist es aber noch weihnachtlich bis zum Fest der Darstellung des Herrn/ Mariae Reinigung am 40. Tag nach Weihnachten – „Maria Lichtmess“ (Video).
Der Osterfestkreis
Der Ostersonntag war die christliche Variante des letzten Pessachtages: Dem Auszug aus Ägypten entsprach die in der Osternacht gefeierte Rettung Jesu und mit ihm aller Menschen aus dem Tod. In dieser Form wurde der Ostersonntag zum Ausgangs- und Mittelpunkt des Kirchenjahres. Er blieb lange Zeit das einzige christliche Jahresfest, bei dem auch die Taufe der Katechumenen stattfand und der Märtyrer des vergangenen Jahres gedacht wurde.
Ostern ist ein sog. „bewegliches Fest“. Das Osterdatum wurde in der westlichen Tradition im Jahre 325 auf den Sonntag nach dem ersten Vollmond des Frühlings gelegt. Davon ausgehend berechnet sich die Osterzeit.
Der Fasching ist eine Zeit des ausgelassenen Lebens, vor der großen Fastenzeit. Die Fastnacht ist die Nacht vor dem Fasten, in der noch einmal ausgelassen gefeiert wurde.
In der Fastenzeit gibt es zwei strenge Fast- und Abstinenztage: den Aschermittwoch und den Karfreitag. Eine einmalige vollständige Sättigung und ein Fleischverzicht ist vorgeschrieben, alle die dem Fastengebot unterliegen (bis zum Alter von 60. Lebensjahr). Auch im Verlauf des Jahres wird als Freitagsopfer empfohlen der Verzicht auf Fleischspeisen, spürbare Einschränkung im Konsum, Hilfeleistung für den Nächsten.
Die Liturgie ist während der österlichen Bußzeit schlichter. Es findet sich kein Blumenschmuck. Die liturgische Farbe ist violett, Hungertücher laden ein zu einem „Fasten der Augen“, auf ein Prä- und Postludium soll verzichtet werden, Gloria und Halleluja entfallen.
Die 40-tägige Fastenzeit kennt Unterbrechungen. Etwa den 19. März, das Hochfest des Hl. Josef, der in Bayern bis 1969 als gesetzlicher Feiertag galt. Auch die fünf Fastensonntage zählen nicht zur Fastenzeit. Wobei kirchlich der Tag immer mit der Vesper am Vorabend beginnt. Der Spruch „An Sonntagen fasten nur die Hexen“ bringt auf den Punkt, dass wir uns auf Ostern als österliche Menschen vorbereiten. Das soll einem übertriebenen religiösen Eifer vorbeugen. Aber vor allem sind wir als Christen bereits österliche Menschen. Jeder Sonntag feiern wir Tod und Auferstehung. Auch in der Fastenzeit.
Wie in der Adventszeit ist auch in der Fastenzeit ein Sonntag von besonderer Vorfreude geprägt: „Gaudete“ (3. Advent „Freut euch im Herrn jederzeit!) und „Laetare“ (4. Fastensonntag). Die liturgische Farbe ist Rosa.
An Ostern erinnern wir das Geschehen von damals, feiern es in lebendigen Glauben und lassen es in der „großen Oktavzeit“, der Osterzeit – 49 Tage (7×7) bis Pfingsten einwirken in der hoffnungsvollen Vorfreude auf unsere eigene Auferstehung.
Die Heilige Woche beginnt am Palmsonntag mit dem Einzug in Jerusalem. In der Chrisam-Messe werden die Heiligen Öle geweiht Das Osterfest wird schon im 4. Jahrhundert als „Triduum paschale“ begangen. Gründonnerstag, Karfreitag und der Ostersonntag bilden eine einzige Feier. (Siehe Pilgerbericht der Egeria.)
Am Gründonnerstag darf der Priester nur eine Messe zum Gedenken an das Letzte Abendmahl zelebrieren. Die zentrale liturgische Feier des Karfreitags ist die „Liturgie vom Leiden und Sterben unseres Herrn“. Auch am Karsamstag findet keine Messe statt, eine Trauermette und Betstunden sind liturgisch sinnvoll.
Der Segen des Ostersonntags schließt es ab. Das Osterwasser erinnert als „Tauferinnerungswasser“ daran, dass die Taufe aus dem Ostergeheimnis hervorgegangen ist.
Dem Osterfest folgte seit dem 4. Jahrhundert eine Woche, bei der die zu Ostern Neugetauften täglich die Eucharistie feierten und in der apostolischen Lehre unterwiesen wurden. Sie endete mit dem Weißen Sonntag, der seinen Namen vermutlich von den weißen Taufgewändern ableitet, die in der frühen Kirche von den Neugetauften bis zu diesem Tag getragen wurden. Jeder Tag wird gefeiert wie ein Ostersonntag. Der Oktavtag wird -im Blick auf das gelesene Evangelium- seit Papst Johannes Paul II. auch als „Barmherzigkeitssonntag“ begangen. Die Novene hierfür beginnt am Karfreitag.
Ostern mit Leib und Seele – dafür stehen die Osterkörbe und das anschließende Osterfrühstück nach langem Fasten. Auch das Brauchtum: Osterlamm, Osterei, Osterhase, Hahn und Küken sollen Ostern leichter verständlich machen.
Es schließt sich die Osterzeit an. In Vorbereitung auf Pfingsten besonders mit der Pfingstnovene nach Christi Himmelfahrt. Im Andenken an den Gebetsauftrag Jesu, der vor seiner Himmelfahrt die Bitte um den Heiligen Geist ans Herz legt.
Die Zeit im Jahreskreis
Der Sonntag nach Pfingsten wird als Dreifaltigkeitssonntag gefeiert. Und auf den darauffolgenden Donnerstag fällt das Hochfest Fronleichnam.
Die Zeit im Jahreskreis erstreckt sich nach dem Fest der Taufe des Herrn bis zum Aschermittwoch, sowie vom Pfingstmontag bis zur ersten Vesper des ersten 1. Adventssonntags.
Die Sonntage des Jahreskreises -liturgische Farbe ist grün- werden vom Sonntag nach dem Fest Taufe des Herrn (2. Sonntag) bis zum Hochfest Christkönig (33./34. Sonntag) durchgezählt. Fallen bestimmte Hoch- oder Herrenfeste auf einen dieser Sonntage, verdrängen diese den Sonntag im Jahreskreis. Als solche sind zu nennen:
- März: Hochfest der Verkündigung des Herrn
Freitag der dritten Woche nach Pfingsten: Hochfest des Heiligsten Herzen Jesu
6. August: Fest der Verklärung des Herrn
14. September: Fest der Kreuzerhöhung.
Weitere Feste und Gedenktage werden teilweise nur in einzelnen Regionen, Diözesen, Ordensgemeinschaften oder einzelnen Kirchen gefeiert.
Schließlich sei darauf hingewiesen, dass ein grundgesetzlicher Schutz der Sonn- und Feiertage besteht. Darunter werden als stille Tage (Aschermittwoch, Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag, Allerheilgen, Volkstrauertag, Totensonntag, Buß- und Bettag und Heiligabend) besonders hervorgehoben. Unterhaltungsveranstaltungen sind nur mit ernstem Inhalt gestattet.