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Mission possible!

Mission possible!
Gedanken zum Evangelium am 14. Sonntag im Jahreskreis

Wenn von den Jüngern Jesu die Rede ist, dann fallen uns zunächst die Zwölf Apostel ein. Aber es gab schon zu Jesu Zeiten mehr. Von 72 ist heute im Evangelium die Rede. Wir kennen keinen von ihnen mit Namen. Aber offenbar soll die Mission auf eine breitere Basis gestellt werden. Wie damals Johannes der Täufer sollen die Jünger Jesus den Weg bereiten. Keine leichte Aufgabe. Auf alle Fälle braucht es Mut und Überzeugungskraft. Und Gebet zur Unterstützung.
Klar wird auch: Selbstverständlich nimmt Jesus keine Einzelgänger. Christlicher Glaube war noch nie Privatsache und schon gar keine „One-man Show“. Jesus sendet bewusst im Zweierteam aus. Damit kommt es auf jeden an. Aber auf keinen allein. Zu zweit können sich die Jünger gegenseitig stützen und bestärken. Sie werden wohl auch unterwegs viel miteinander gebet haben.

Und was nehmen sie mit? Ausdrücklich nichts. Auch das hat einen guten Grund. Es geht allein um die Botschaft vom Reich Gottes. Und um die Kraft des Glaubens. Geld ist da nicht wirklich hilfreich. Wer glaubt, setzt seine Hoffnung allein auf Gott. Das fordert die Jünger heraus, aber zugleich auch die Menschen, die ihnen begegnen.
Die Mission soll zielstrebig ablaufen. Unterwegs sollen sie niemanden grüßen, sich nicht „verratschen“. Und wenn sie angekommen sind, sollen sie nicht gleich wieder gehen. Man kann mit dem Glauben schließlich nicht „mit der Tür ins Haus fallen“. Und erst recht nicht „Klinkenputzen“.
Der Türöffner in das Herz der Menschen ist eine Grußbotschaft: „Der Friede sei mit diesem Haus“. Wo man sie dann einlässt, sollen die Jünger auch bleiben. Worum es ihnen geht, ist klar definiert. Es geht um Frieden, Heilung und das Heil, das im Reich Gottes nahe gekommen ist. Es handelt sich also um eine echte Heilsbotschaft. Um sie anderen  nahebringen zu können, muss man erst einmal die Menschen kennenlernen, bei ihnen eine zeitlang bleiben.

Glaube ist kein Selbstläufer
An dieser Stelle endet die Kurzfassung des heutigen Sonntagsevangeliums. Ich habe den nächsten Satz der Langfassung bewusst noch vorgetragen. Glaube ist kein Selbstläufer. Nur wer suchet, der findet. Wer nicht anklopft, dem wird auch nicht aufgetan. Und wer nicht aufmacht, kommt nicht in Kontakt. Glaubensverkündigung setzt immer Offenheit und Interesse voraus – auf beiden Seiten. Wenn niemand verkündet und andererseits kein Interesse besteht, kann man es gleich bleiben lassen. Jesus drückt das mit höchst drastischen Worten aus: „Wenn ihr aber in eine Stadt kommt und man euch nicht aufnimmt, so geht hinaus auf ihre Straßen und ruft: Selbst den Staub, der von euerer Stadt an unseren Füßen haftet, lassen wir euch zurück; doch das sollt ihr wissen: Das Reich Gottes ist nahe!“ (Lk 10,10 ff) Es soll niemand zum Glauben gezwungen werden. Gott drängt sich nicht auf.

Die Strategie ist tatsächlich aufgegangen: So und nicht anders wurde der christliche Glaube erstmals verkündet. Jünger Jesu haben sich auf den Weg gemacht, haben angeklopft und wurden immer wieder eingelassen. Die Jünger erzählten von ihrem Glauben und die anderen hörten ihnen zu. Ganze Familien ließen sich taufen und haben den Glauben daheim dann auch gelebt. Am Sonntag haben sich die Christen in ihren Häusern zum Gottesdienst versammelt und andere dazu eingeladen. Ein geheimes Zeichen an der Haustür verriet, dass hier Christen leben. So entwickelte sich ein Netz von Hauskirchen. Erst als die Christen Anfang des 4. Jahrhunderts nicht mehr verfolgt, sondern staatlich anerkannt waren, wurden Kirchen errichtet.

Die Kirche ist missionarisch
Im Laufe der Jahrhunderte wuchs die Kirche zu dem, was sie heute ist. Eine weltumspannende Glaubensgemeinschaft. Die hierzulande allerdings von vielen nur noch als Institution wahrgenommen wird. „Amtskirche“ ist in meinen Ohren ein unerträgliches Schimpfwort. Und wir sollten uns Gedanken machen, wie es nur dazu kommen konnte.
Feststeht, dass die Kirche immer wieder einer Neuevangelisierung bedurfte. Eine christliche Frischzellenkur. Dem Heiligen Franz von Assisi ist das besonders gut gelungen.  Wohl deshalb, weil er sich haargenau an das Konzept gehalten hat, das Jesus seinen Jüngern ans Herz legt.

Halten wir also abschließend fest: Christsein verpflichtet. „Taufscheinchristen“ sind im Grunde genommen Karteileichen. Die verträgt ein Glaube, dem es um Auferstehung geht, nicht! Christen haben dagegen vielmehr eine Sendung. Eine Mission. Ja, die Kirche ist ihrem Wesen nach missionarisch, wie das Zweite Vatikanische Konzil betont. Wir stehen über Jesus Christus mit Gott und untereinander in Verbindung. Christlicher Glaube ist damit alles andere als Privatangelegenheit, seit jeher eine Gemeinschaftsaktion.
Worauf wir in Zukunft unser Vertrauen setzen? Auf Kirchensteuermittel, Einrichtungen und Organisationen? Wir sollten das lieber nicht tun. Jesus hat es nämlich auch nicht getan. Die Kirche ist kein betriebswirtschaftliches Unternehmen, keine NGO wie viele andere, sondern eine Gemeinschaft von Menschen, die mit Christus leben und durch ihn zum Glauben an Gott gekommen sind. Die eigentliche Kraft des Glaubens ist allein der Glaube, und der ist durch nichts zu ersetzen.

Das Evangelium von heute ist nicht von gestern, sondern für morgen! Jeder und jede wird mehr denn je gebraucht. Nach 2000 Jahre Christentum geht es freilich nicht mehr um eine Erstbekehrung, sondern um eine Wiederbekehrung, eine Wiedererweckung gelebten christlichen Glaubens. Erfolgreiche Initiativen haben sich dabei schon immer an Jesus Christus orientiert. Und auch heute machen sich Menschen mit ihrem Glauben auf den Weg.
Reden wir mal nicht über Fußball, Geld, Autos oder übers Reisen. Bringen wir wieder mehr Gott in der Welt zur Sprache. Das wird umso besser gelingen, je mehr Gott lebt in unseren Herzen. Denn nur wovon das Herz voll ist, kann der Mund dann auch reden.

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