l

Opium fürs Volk?

Opium fürs Volk?
Gedanken zum 6. Sonntag i. J: (Lk 6, 17.20-26)

Wenn wir mal ehrlich sind, wer von uns würde sich auf diese Einladung einlassen: Selig gepriesen zu werden, weil man arm ist, hungert, weint, beschimpft oder gar gehasst wird. Es geht doch eigentlich ums ganze Gegenteil. Aber alle, denen es ums ganze Gegenteil geht, haben nichts Gutes zu erwarten. Nicht die Reichen, nicht die Satten und auch nicht die, die was zu lachen haben. Ja nicht einmal die, die gelobt werden.

Also, wie positionieren wir uns zur heutigen Ansprache Jesu? Vergessen wir nicht, wir haben gerade das Herzstück der Bergpredigt, die Seligpreisungen, gehört.
Natürlich kann das sehr schnell als Steilvorlage genommen werden, um das Christentum in Verruf zu bringen. So wie es etwa Karl Marx getan hat. Für ihn war Religion überhaupt „Opium fürs Volk“. Die Menschen sollten gefügig gehalten werden von denen, die sie unterdrücken und ausbeuten. Und das Betäubungsmittel, das Opium ist die Vertröstung auf den Himmel, den es für einen Atheisten wie Karl Marx ohnehin nicht geben konnte.

Es lohnt sich also, etwas nachzudenken, wie Jesus seine Seligpreisungen gemeint haben könnte.
Fakt ist: Jesus hat nie und nimmer Menschen vertröstet. Ganz im Gegenteil. Er hat gehandelt. Und zwar aufgrund des Glaubens. Kranke hat er geheilt, den Seesturm gestillt und den Hunger der Tausenden auch, indem er Brot vermehrt hat. Not, die an ihn herangetragen wurde, hat er stets gewendet. Das ist also das erste für uns: Not muss gewendet werden. Das war, das ist absolut notwendig.

Aber auch das ist Fakt: es gibt viel Not, die offenbar nicht gewendet wird. Warum? Weil viele Menschen ganz anders ticken. Es gibt die Satten, die nichts übrighaben für den Hunger in der Welt. Die Reichen, denen die Armut anderer am eigenen Geldbeutel vorbeigeht. Menschen, über andere schadenfroh lachen, denen es zum Lachen nicht zu Mute ist.

Gerade weil es, leider Gottes, Menschen gibt, die nicht wie Jesus ticken, sieht unsere Welt so aus, wie sie eben aussieht. Daran ist nicht der Glaube schuld. Und als gläubige Christen dürfen wir uns damit nie abfinden. Und das haben echte Christen auch nicht getan. Kein Christ, der seinen Glauben ernst genommen hat, war „bekifft“. Die Junkies sind schon eher die anderen, sehr geehrter Karl Marx! Christen setzten sich ein für eine bessere Welt.

Einen überzeugenden Hinweis liefern die ungezählten Missionarinnen und Missionare, und das schon seit Jahrhunderten. Sie gingen dorthin, wo die anderen ferngeblieben sind und haben versucht zu helfen. Und das nicht bloß mit frommen Worten. Missionare haben die Menschen nicht vertröstet auf den Himmel, sondern sich hineingekniet, aufgebaut und sich unter den Jeep geworfen, wenn der nicht mehr anspringen wollte.

Eine Missionsstation bestand und besteht auch heute aus einer Kirche mit Pfarrhaus, einer Krankenstation und einer schulischen Einrichtung. Natürlich geht es einer Glaubensgemeinschaft um den Glauben. Aber auch um die Hilfe im Krankheitsfall. Jesus ist gekommen, um Krankheiten zu heilen. Und es geht um Bildung. Damit die Menschen ihr Leben irgendwann einmal selbst in die Hand nehmen können und nicht auf Dauer abhängig bleiben von der Hilfe anderer.

Aber auch hierzulande: Welche Politiker haben unser Land auf den Ruinen des 2. Weltkrieges denn aufgebaut? Und welche Politiker nach dem Fall der Mauer das Land zusammengeführt?

Schauen Sie mal nach, welche Politiker Sie schätzen und welche eher nicht. Und Sie werden erkennen, es sind erstaunliche viele unter ihnen, die aus christlicher Verantwortung heraus denken und handeln.
Von wegen Religion – Opium fürs Volk. Christlicher Glaube ist für uns Christen eine Verpflichtung, Verantwortung zu übernehmen für eine bessere Welt ganz im Sinne Gottes. Wobei wir nie vergessen sollten, dass die Welt in der wir leben vergeht. Weil am Ende gottlob der Himmel auf uns wartet.

Aber am Ende sind die Seligpreisungen ein Blick in eine himmlische Wirklichkeit. Eine besondere Einladung für alle, die in ihrem irdischen Leben zu kurz gekommen sind. Ein göttlicher Lastenausgleich sozusagen.
Denen es schon jetzt gut, vielleicht zu gut geht, mag der Himmel eher eine Drohung sein. Der „Brandner Kaspar“ lässt grüßen…

Auf alle Fälle sind die Seligpreisungen ein Ansporn für alle, die schon in dieser Welt ihren Beitrag leisten wollen, worum wir im Vaterunser doch alle beten: Dein Reich komme, dein Wille geschehe. Amen.

 

Fürbitten
Herr Jesus Christus, Du siehst über die Not in dieser Welt nicht hinweg. Du willst Not wenden und setzt dabei auch auf uns.

Wir beten für alle, denen das Leben viel schuldig geblieben ist und die zu kurz kommen.
Wir beten für alle, die gedankenlos und oftmals auch auf Kosten anderer leben.
Wir beten um gute Ideen für all jene, die gegen bestehendes Unrecht angehen wollen.
Wir beten um einen festen Glauben an den Himmel, der den Enttäuschten Hoffnung schenkt und uns Christen anspornt zum Einsatz für das Gute.

Herr Jesus Christus,
die Seligpreisungen öffnen uns die Augen für die Welt, so wie sie ist und wollen uns motivieren mitzuhelfen, damit sie besser wird. Für Deine klaren und wahren Worte danken wir Dir. Amen.

Share