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„Rabimmel rabammel rabum“

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„Rabimmel rabammel rabum“
Gedanken zum Volkstrauertag (Ev. Mt 25, 31 – 46)

Wie an Allerheiligen, Halloween, so fällt auch zu St. Martin vielen nicht mehr viel ein. Viel mehr fällt manchen zu einem gar nicht ein, der seit 1700 Jahren nicht vergessen, und durch die Jahrhunderte als Heiliger hochverehrt wurde. Schade, Sankt Martin hätte so viel mehr zu bieten. Gerade auch im Blick auf den heutigen Volkstrauertag, an dem wir auch heuer wieder den Frieden ins Gebet nehmen. Martin hat uns einiges dazu zu sagen.

315 in Sombately ist er in Ungarn geboren, dort war sein Vater, ein römischer Militätribun, gerade stationiert.

Bei der Geburt stand für den Vater schon fest: „Mein Sohn geht einmal zum Militär.“ Der Name „Martin“ kommt ja nicht von ungefähr vom römischen Kriegsgott Mars. Kinder, die im Krieg aufwachsen, die gibt es auch heute. Und auch Kindersoldaten, die systematisch in das Kriegshandwerk eingeführt werden… wie etwa in Somalia oder im Jemen. Sie haben wohl noch so etwas wie Frieden erlebt.

Inzwischen umgezogen nach Pavia –schon damals wurden Truppen oft verlegt- gewinnt der Zehnjährige dann aber Kontakt zu Christen und wird Taufbewerber. Natürlich heimlich…

Die Christen waren für viele Zeitgenossen damals so unglaublich anziehend, weil sie so ganz anders miteinander umgingen. „Seht, wie sie einander lieben!“, berichtet schon die Apostelgeschichte. Christen standen für praktizierte Nächstenliebe. Und: sie waren friedliebende Menschen. Im Übrigen auch sehr loyale Staatsbürger. Nur den Göttern wollten sie nicht opfern. Was vielen im Martyrium das Leben kostete.

Christen waren und sind die besten Werbeträger für Jesus Christus. Das können und sollen wir Christen auch heute sein. Vor allem dann, wenn das gesellschaftliche Klima rauer wird.

Zum Militär musste Martin in jungen Jahren dann aber doch. Widerwillig und aus Zwang. Nach zwei Jahren dann jenes Ereignis, das die meisten aus ihrer Kindheit kennen: Martin teilt seinen Mantel mit einem frierenden Bettler vor den Toren Amiens.

Der Mantel seiner Uniform gehörte ihm eigentlich nicht. Es geht nicht nur um das Eigentum, sondern darum, dass Martin sich unweigerlich zum Gespött machen würde. Aber er teilt. Nächstenliebe kann man nicht nur in Gedanken hegen und pflegen. Sie beweist sich immer auf frischer Tat.

In der folgenden Nacht träumt Martin. In einer Vision erscheint ihm Christus. Bekleidet mit der Hälfte des Mantels, den er dem Bettler gegeben hat. Die Worte Jesu haben wir soeben im Evangelium gehört: „Ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben“ (Mt 25, 26). Und: „Was ihr einem der geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25, 40). Ja, auch in Kriegs- und Krisenzeiten hat es schon immer auch viel Menschlichkeit gegeben. So etwas ist immer tröstlich.

Dabei lernen wir von Martin auch, was richtig teilen heißt: Ich gebe von dem, was ich selbst nicht brauche, dem, der nicht hat, was er braucht. Das hilft schon viel. Und diese ausgleichende Gerechtigkeit hat viel mit Frieden zu tun. Gerechtigkeit schafft Frieden und sichert ihn auch.

Die Begegnung mit dem Bettler krempelt das Leben des Martin endgültig um. Er quittiert seinen Dienst.  Nicht mehr ein Soldat des Kaisers will er sein, sondern ein Soldat Christi. Mit welchen Waffen man da kämpft? Nach seiner Taufe geht Martin als Einsiedler ins Gebet. Das Gebet ist eine geistliche Waffe, weil Gebet Menschen ändert und die Menschen dann die Welt, ganz im Sinne Gottes. Seine Mutter bewegt er, sich auch taufen zu lassen. Er gründet das erste Kloster der Christenheit, ein zweites Kloster dann in Tours.

Martin ist ein Mann des Glaubens ganz im Dienst am Nächsten. Sowas spricht sich herum. Als der Bischofsstuhl von Tours neu besetzt werden soll, wollen alle nur ihn. Ob das mit dem Gänsestall wirklich so war, eines stimmt bestimmt: Martin wollte alles, nur nicht Bischof werden. Aber er hat sich dann doch in die Pflicht nehmen lassen.

Auch das ist eine wichtige Botschaft. Zu allen Zeiten braucht es überzeugende Menschen, die sich in die Pflicht nehmen lassen. Nicht aus Eigennutz im eigenen Interesse, sondern für andere im Interesse des Gemeinwohls. Wir erinnern uns: Nach dem Fall der Mauer haben sich viele, gerade auch christliche Politiker, der großen Aufgabe gestellt, zusammenzubringen, was zusammengehört.

Sankt Martin haben die Menschen seit über 1700 Jahre nicht vergessen. Auch das ist doch eine gute Botschaft! Wir Menschen haben ein gutes Gedächtnis für das Gute. Und zu allen Zeiten, haben Menschen an die Macht und die Kraft des Guten geglaubt. Das ist ja auch der innere Grund, warum es nach Krieg und Not immer wieder aufwärtsging. Weil Menschen ihren Glauben an das Gute und ihren guten Willen nicht aufgegeben haben.

 

Vergessen wir nicht: Auch unser Land wurde aus den Ruinen des zweiten Weltkriegs aufgebaut auf dem christlichen Fundament unseres Grundgesetzes. Alle Jahre wieder gilt es daran zu erinnern. Wenn dieses Fundament bröckelt, gerät vieles ins Wanken.

Insofern scheint es alles andere als ein guter Einfall, wenn man für den G7 Gipfel ein Kreuz aus dem Münsteraner Friedenssaal entfernen lässt, das da seit bald 500 Jahren immer stand. Dieses Kreuz hat auch die fünfjährigen Verhandlungen zum Westfälischen Frieden nach dem 30-jährigen Krieg begleitet. Die Außenministerin sagt, das sei nicht absichtlich geschehen. Dann wurde es von Mitarbeitern ihres Ministeriums offenbar gedankenlos entfernt? Auch dies sollten wir uns nicht leisten. Wir können auf das Kreuz nicht verzichten. Es bleibt, was es ist: ein Beweisstück für die Macht der Hingabe gegen allen Hass und alle Gewalt. Und überhaupt: welches Zeichen würden wir anstelle denn setzen? Umso dankbarer dürfen wir in Biberbach sein, dass gestern Familie Dir ein erneuertes Kreuz am Ölberg einsegnen ließ.

Und auch diese Nachricht ließ unlängst aufhorchen: An der Kuppel des rekonstruierten Berliner Schlosses, prangt ein Schriftzug mit Bibelzitaten aus der Zeit des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. Er lautet: „Es ist kein ander Heil, es ist auch kein andrer Name den Menschen gegeben, denn der Name Jesu, zu Ehren des Vaters, daß im Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.“

Für Kulturstaatsministerin Claudia Roth Ausdruck eines alten monarchischen Machtanspruchs. Der stehe auch unseren Vorstellungen von Demokratie entgegen. Deswegen soll der Spruch nun auch überblendet werden.

Der Landesvorsitzende des Evangelischen Arbeitskreis für Berlin und Brandenburg, Günter Nooke, meinte dagegen: die Vorbehalte gegen den Schriftzug seien Ausdruck von „Intoleranz gegenüber dem christlichen Glauben sowie den eigenen geschichtlich-kulturellen Wurzeln“.

Ich füge gerne hinzu: Menschen, die vor Gott das Knie beugen, werden nicht so leicht andere Menschen und deren Rechte mit Füßen treten. Denn wir alle sind Ebenbild Gottes. Darauf beruht die unverletzliche Würde des Menschen, die allen gleichermaßen zukommt. Weil sie von Gott gegeben ist – und darum von Menschen nicht genommen werden kann.

Friedenssicherung war schon immer Wertarbeit. Dafür stehen unser christlicher Glaube und Christen, die glauben und dafür eintreten. Wie damals Martin, so auch heute – wir. Amen.

 

Fürbitten
Herr Jesus Christus, Du selbst bist der Friede und Du schenkst uns Deinen Frieden: Wir bitten Dich:

  • Weil wir aus der Erfahrung lernen, bitten wir um ein gutes Erinnerungsvermögen.
  • Weil Krieg und Gewalt so viel zerstören, bitten wir um Einhalt aus Vernunft.
  • Weil Wunden heilen müssen, bitten wir um die Gabe der Versöhnung.
  • Weil sich die Welt den Frieden selbst nicht geben kann, bitten wir um Deinen Frieden.

Herr Jesus Christus, Du hast uns Deinen Frieden anvertraut als Gabe und Aufgabe zugleich. Das verpflichtet und befähigt zugleich. Und dafür danken wir Dir. Amen.

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