So sollt ihr beten!
So sollt ihr beten!
Gedanken zum Evangelium am 17. Sonntag i. J. (Lk 11, 1-13)
Wie beten Sie? Warum beten sie? Und worum? Manche machen es ganz dringend, können im Gebet den Himmel geradezu bestürmen. Andere sind eher zurückhaltend und überlassen es Gott, was zu tun ist. Das Lieblingsgebet von Pater Rupert Mayer atmet dieses Grundvertrauen, dass Gott am besten weiß, was gut für uns ist. „Herr, wie Du willst, soll mir geschehen, und wie Du willst, so will ich gehen, hilf Deinen Willen nur verstehen.“
Jesu Gebet ermuntert zu Beidem. Zum einen empfiehlt er unserem Gebet einen Vorschuss an Vertrauen: Macht euch keine unnötige Sorgen… „Euer himmlischer Vater weiß ja, dass ihr das alles braucht“ (Mt 6, 32)
Andererseits ermutigt Jesus auch, wirklich inständig zu bitten: „Denn wer bittet, der empfängt“ (Lk 11,10). Ja, wir dürfen bei Gott schon anklopfen. Uns bei ihm bemerkbar machen! Denn „wer anklopft, dem wird aufgetan“ (ebd.). Und wir sollen am besten so bitten, als hätten wir es schon empfangen (vgl. Mk 11, 26).
Geht sich das wirklich aus? Wenn wir ehrlich sind: manche unserer Bitten blieben unerhört. Und manchmal war es wohl auch besser für uns, dass es anders gekommen ist, als wir es wollten. „Gott sei Dank!“ „Nicht mein Wille geschehe, dein Wille geschehe!“ (Lk 22,42), betet Jesus selbst in der der Nacht seiner Todesnot am Ölberg.
Auf eine gute Mischung kommt es also beim Beten an. Auf die richtige Einstellung.
Jesus – unser Vorbeter und Mitbeter
Mit Jesus beten lernen. Das heißt also zuerst einmal, auf ihn hören, was er zum Beten gesagt hat. Und dann geht es natürlich darum, selbst zu beten. Beten lernt man allein durch Beten. Und es gibt so manche Christen, die im Laufe ihres Glaubenslebens zu einer tiefen Gebetserfahrung gelangt sind.
Was dabei hilft? Jesus sagt es uns: Wenn wir beten, sollen wir nicht unnötig viele Worte machen: „Plappert nicht wie die Heiden!“(Mt 6,7).
Wir sollen uns Jesus zum Vorbild nehmen, der immer wieder die Einsamkeit gesucht hat, um zu zweit im Gebet zu sein mit seinem Vater.
Seine Jünger beobachten Jesus beim Beten. Von seinem Gebet muss eine besondere Ausstrahlung ausgegangen sein. Jedenfalls kommen seine Jünger zu ihm und wollen von ihm Beten lernen. Und Jesus lehrt sie auch ein Gebet – sein Gebet für uns. Das Vaterunser. Das Vaterunser macht uns zu Mitbetern mit Jesus. Das zeigt sich schon bei den ersten beiden Worten. Sein Vater – wird unser Vater.
Das Vaterunser
Das Gebet des Herrn fällt nicht gleich mit der Tür ins Haus. Es gilt erst sich Gott zuzuwenden, Ihm die Ehre zu geben. Im Gebet begeben wir uns ja ausdrücklich in die Gegenwart Gottes. Sein Name werde geheiligt, sein Reich komme, sein –eben nicht mein- Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Das ist die richtige Einstellung zum Gebet. Gott wird unsere Bitten nur erhören, wenn er für uns auch wirklich Gott ist. Gott ist kein Erfüllungsgehilfe, kein Gebetsjoker, den wir aus dem Ärmel ziehen, wenn wir mit unserem Lebenslatein am Ende sind. Gott ist Gott! Und dann darf es ruhig konkret werden.
Das Vaterunser ist keine ellenlange Litanei. Die Bitten des Gebets kann man an den Fingern einer Hand abzählen. Jesus zeigt uns in seinem Gebet, was für ihn wichtig ist und damit auch für uns: „Unser tägliches Brot gib uns heute.“ Nicht um Kaviar und Lachs wird gebetet sondern um das Brot, das täglich nötig ist. Es geht um das, was wir wirklich brauchen – und was brauchen wir wirklich nicht?
Das Vaterunser wendet sich gegen den Überfluss. Und es ist bereit, andere mit ins Gebet zu nehmen, die nicht das Nötigste haben. Das Vaterunser wird schon hier zu einem ausgesprochenen Wir Gebet. Niemand betet nur um Brot für sich. Wie wichtig diese Gebetsbitte gerade für unsere Zeit ist, dürfte wohl allen klar sein: Der Überfluss einiger weniger auf Kosten vieler anderer. Und wenn sich wenige zu viel herausnehmen, bleibt in Zukunft für alle zu wenig übrig.
Solidarisch geht es weiter mit der Bitte um Vergebung: Auch das geht nur wechselseitig und miteinander. Keiner kann sich schließlich selbst vergeben. Man kann nur um Vergebung bitten. Das tun wir auch und zwar alle. Schließlich ist niemand ohne Schuld. Und Vergebung bitten wir zuerst Gott. Und das können wir ehrlichen Herzens nur, wenn wir auch selbst bereit sind, anderen zu vergeben. Diese Dynamik des Vergebens bringt Bewegung in die Verhärtung von Schuld und Sünde. Jesus hat sie wie kein anderer vorgelebt.
„Und führe uns nicht in Versuchung“ (Mt 6, 13). Nehmen wir diese Bitte aus dem Matthäusevangelium heute ruhig dazu. Dass eines klar ist: Gott führt nicht in Versuchung. Den besten Schlüssel zum richtigen Verständnis der Vaterunser-Bitte gibt uns ganz in diesem Sinne der Jakobusbrief an die Hand: „Keiner, der in Versuchung gerät, soll sagen: Ich werde von Gott in Versuchung geführt. Denn Gott kann nicht in Versuchung kommen, Böses zu tun, und er führt auch selbst niemand in Versuchung. Jeder wird von seiner eigenen Begierde, die ihn lockt und fängt, in Versuchung geführt“ (1,13 f).
Jesus will uns vor dem Versucher bewahren. In der Wüste hat er auch gezeigt, wie das gelingt. Der Versuchung von Konsum, Macht und Überheblichkeit werden wir entgehen, wenn wir uns –wie er- an Gott halten. Und wenn wir dennoch einmal in Versuchung geraten sind, dann will uns Gott hindurch führen. Das Gebet in der Versuchung ist wohl der sicherste Weg. Wer betet, sündigt in der Regel nicht.
Seien wir aber auf der Hut! Die Macht des Bösen gibt es. Es gibt den Bösen, der das Böse will. An uns liegt es, dem Bösen zu begegnen, indem wir uns festmachen in Gott. Im festen Glauben an das Gute. Und dass das Gute am Ende stärker ist. Die größte Macht des Guten aber ist die Liebe. Sie hat uns auch am Kreuz von der Macht des Bösen – dem Tod- erlöst.
Die letzte Vaterunser-Bitte macht dies deutlich. Jesus selbst hat in seinen Abschiedsreden darum gebetet: dass wir vor dem Bösen bewahrt bleiben (vgl. Joh 18, 15)
Damit dürfen gewiss sein: Jesus ist unser Vorbeter, er ist unser Mitbeter und er ist auch unser Fürbitter. Der für uns eintritt bei seinem Vater, der auch unser Vater ist.