Ungemütlicher Advent!
Ungemütlicher Advent!
Gedanken zum Ersten Adventsonntag – (Evangelium Lukas 21, 25-28. 34-36)
Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen, und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres. Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.
Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen sehen. Wenn (all) das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.
Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euch nicht verwirren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht, (so) wie (man in) eine Falle (gerät); denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.
Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt.
Wir sagen euch an den lieben Advent:
„Es werden Zeichen sichtbar…“
„Die Kräfte des Himmels werden erschüttert…“
„Eure Erlösung ist nahe…“
„Wachet und betet allezeit…“
Das nenne ich eine klare Ansage! Es ist die Ansage Jesu zu Beginn des Advents. Wenn einer sagen kann, worum es geht im Advent, dann wohl er. Denn es ist sein Advent. Seine Ankunft. Ja, „Advent“ heißt: „Ankunft“. Oder sagen wir besser seine Wiederkunft. Schließlich geht es heute nicht mehr um Jesu Geburt als kleines Kind. Wir leben mittlerweile im Jahr 2018 nach Christi Geburt. Und
Und an so was wie „Wiedergeburt“ glauben wir auch nicht frei nach dem Motto: „Alle Jahre wieder, kommt das Christuskind…“ .
Nehmen wir den Advent so, wie er christlich gedacht ist: In der Erwartung der Wiederkunft Jesu Christi, der der uns erlöst hat am Kreuz; der aufgenommen wurde in den Himmel; und „der wiederkommen wird in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden uns die Toten.“ Das bekennen wir im Glaubensbekenntnis.
Und was seiner Wiederkunft vorausgeht, haben wir soeben gehört – aus seinem Mund. Dramatische Szenen! Alles andere als die Einladung, es sich so richtig schön gemütlich zu machen. Ehrlich gesagt: es ist wohl nichts weniger adventlich, als die Art und Weise, wie heute hierzulande der Advent begangen wird!
„Es werden Zeichen sichtbar…“
„Die Kräfte des Himmels werden erschüttert…“
Denn vor der Wiederkunft des Herrn werden schreckliche Zeichen sichtbar. Es kommt zu wahrhaft globalen Erschütterungen. Unvorstellbar? Von wegen! Bereits die ersten Christen haben blutrote Wolken der Verfolgung aufziehen sehen – ein ungeahntes Martyrium wird folgen. Erschütterungen erleben wohl auch Bewohner von Inseln, die dem Untergang geweiht sind… Oder Menschen in Küstenregionen, die auf die nächsten verheerenden Unwetter gefasst sein müssen. Folgen des Klimawandels. Und Zeichen unserer Zeit. Wir haben allen Grund, wach zu sein! Weil wir tatsächlich der Erlösung bedürfen. Oder glauben wir im Ernst, dass es mit der Welt und dem Menschen am Ende noch ein „Happy End“ geben wird? Oder sollten wir nicht lieber auf den Jesuitenpater Alfred Delp hören, diesen Märtyrer unserer Tage. Seine Worte lassen aufhorchen: „Advent ist eine Zeit der Erschütterung, in der der Mensch wach werden soll zu sich selbst.“
Wenn wir aufgewacht sind, werden wir zugeben, dass Jesus ja schon gekommen ist. Seine Menschwerdung ist ein echtes Hilfsprogramm Gottes für die Welt. Es setzt auf „alle Menschen, die guten Willens sind“ (Lk 2, 14). Das jedenfalls ist die himmlische Botschaft von Weihnahten. Und wir Menschen brauchen Gott auch, weil wir die Welt am Ende nicht selbst retten können. Dass Himmel und Erde vergehen werden, das ist ein wissenschaftlicher Fakt. Und dass dann eine neue Zeit anbricht… Das war schon immer die christliche Zukunftsperspektive! Ja, wir erwarten einen neuen Himmel und eine neue Erde. Wie das einmal sein wird, lässt sich kaum vorstellen, aber es wird nichts beim Alten bleiben. „Seht ich mache alles neu!“ (Off 21, 5) lautet die Zusage am Ende des letzten Buch der Bibel in der Apokalypse des Johannes.
„Eure Erlösung ist nahe“ – „Wachet und betet allezeit…“
Nach alledem wird eines klar: Wir dürfen es uns im Advent nicht zu gemütlich machen. Vor Rausch und Trunkenheit wird im Evangelium ausdrücklich gewarnt. Sie können den Menschen ebenso um seinen klaren Verstand bringen wie all die vielen unnötigen Sorgen, die uns umtreiben. Wir brauchen Nüchternheit, damit wir erkennen, worauf es ankommt, wenn er kommt. Ob wir´s glauben oder nicht: das heutige Evangelium ist ein zutiefst adventliches Evangelium, obwohl es so gar nicht danach schmeckt.
„Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt“ (Lk 21, 36). Die ersten Christen haben den Herrn genau verstanden und seine Worte auch ernst genommen. Und gebetet: „Maranatha!“ „Komm, Herr Jesus!“. Dieses Gebet findet sich auch heute noch auf den letzten Zeilen der Bibel (vgl. Off 22, 20).
„Da hilft nur noch beten“ – im Advent. Stimmt. Die Adventszeit ist nicht nur eine Zeit der Nüchternheit, eine Fastenzeit… Sie ist auch eine Gebetszeit. Fasten und Beten ist angesagt im Advent. Nicht Lebkuchen und Punsch…
Menschen, die beten, stellen sich bewusst auf Gott ein. Sie versuchen in seiner Gegenwart zu leben. Und ein Leben mit Gott verändert das Leben des Menschen. Und dann auch das Leben der Welt. Albert Schweitzer hat es einmal so wunderbar auf den Punkt gebracht: „Gebete ändern die Welt nicht. Aber Gebete ändern die Menschen. Und die Menschen verändern die Welt.“
Es ist wie mit einem Heilmittel. Es muss erst eingenommen werden, um zu wirken. Und Beten wirkt.
„Das Gebet ist der Weg, der es Gott erlaubt, uns wirklich menschlich zu machen.“ (James Houston) Und genau darum geht es Gott. Dass wir Mensch werden. Nichts anderes hat er übrigens an Weihnachten selbst getan. Ich glaube, dass uns Jesus so antreffen will, wenn er wiederkommt: als Menschen, die versucht haben, wirklich Mensch zu werden. Alles andere dürfen wir dann getrost Ihm überlassen.