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Wahlnachlese

Wahlnachlese
Gedanken zum 30. Sonntag i. J. (Mt 20, 20-28)

Vor der Wahl äußert man sich als Pfarrer nicht. Aber nach der Wahl kann man dann doch mal was sagen.
Oder besser gesagt, wiedergeben, was die Leute, das Wahlvolk, so alles gesagt haben. Und das ist vor allem eines: vielen Politikern geht es nur um die Macht!

Machtfrage
Viele von denen da oben wissen gar nicht mehr, wie es uns da unten geht.  Der Kontakt zur Basis sei verloren gegangen. Die logische Folge: Politik wird am Volk vorbei gemacht. Und dann auch zu wenig kommuniziert. Man spricht offenbar nicht mehr dieselbe Sprache.
Wenn das stimmt, dann hat die Politik ein Problem mit der Macht und ein Problem mit dem Volk. Das ist doppelt problematisch. Denn wir leben in einer Demokratie und in einer Demokratie geht die Macht vom Volk aus. Dafür steht schon der Name: „Demokratie“ bekanntlich: „Herrschaft des Staatsvolkes“.
Der Wähler ist damit der eigentliche Machthaber im Staat. Die Regierenden und damit auch die Opposition stehen in der Verantwortung gegenüber dem Volk und handeln in seinem Auftrag.

So weit so gut. Aber wie kommt es bloß zu dem Vorwurf. Das Problem von vielen  Machthabern ist ihr Wille zur Macht. Viele sind da oben, weil sie unbedingt dorthin wollten. Dafür muss man die anderen hinter sich lassen. Das kostet viel Einsatz, nicht zuletzt von Ellenbogen.
Und es gibt nicht wenige, die sich über Jahre hochdienen. Sogenannte „Parteikarrieristen“.
Und wenn man endlich oben angekommen ist, geht es natürlich darum, die Macht zu halten.
Machterhalt kann man sicherstellen durch Machtmittel, wie es etwa in Präsidialdiktaturen üblich ist. Jüngstes Beispiel ist die Türkei.
Daneben gilt es genau darauf zu achten, dass kein anderer gefährlich werden kann. Man lässt niemanden neben sich hochkommen. Hält andere klein und abhängig. So wächst nichts nach.
Wenn dann gefragt wird, ob denn nicht ein Wechsel an der Macht überfällig  sei, kann gut gekontert werden: es gibt keinen, der in Frage kommt. Wie auch!
Aber am Ende sind alle Machthaber ihre Macht auch wieder los geworden. Selten freiwillig und nicht immer auf die feine Art. Machtkämpfe haben etwas Übles an sich. Und bringen den nächsten Machthaber hervor. Schade.
Was am Ende übrig bleibt von den einst Mächtigen? Wenig an Anerkennung, die sie oft zu Recht verdient hätten, aber am Ende doch verspielt haben. Weil sie eines eben nicht geschafft haben: rechtzeitig zu gehen.
Politiker im Allgemeinen und Regierende im Besonderen müssten sich in erster Linie als Staatsdiener verstehen. Wäre das wieder mehr der Fall, würden wohl mehr verdiente Männer und Frauen in die Politik gehen. Aus Verantwortung für ihr Volk. Aber es fehlt zur Zeit vor allem an diesen, wie man sagt, „Quereinsteigern“. Soweit eine kleine Wahlnachlese.

Bei euch aber soll es nicht so sein!
Wie geht die Kirche mit der Machtfrage um?
Die Antwort darf allein einer geben: Jesus. Und der ist eindeutig:  „Wer unter euch der Größte sein will, soll euer Diener sein, und wer unter euch der Erste sein will, soll euer Knecht sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, sich bedienen zu lassen, sondern zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele“ (Mk 20, 27 f).
Die Macht kommt also von unten. Klingt demokratisch, ist aber noch mehr christlich!
Die Kirche wird von nicht wenigen als Machtapparat gesehen und ihr wird Machtmissbrauch vorgeworfen. Sollte dieser Vorwurf gerechtfertigt sein, hätte die Kirche ein existenzielles Problem.
Der Kirche darf es nie um weltliche Macht gehen, sondern allein um geistliche Kraft. Die Kirche war geistlich immer kraftlos, wenn sie weltlicher Macht verfallen war.
Der Heilige Paulus hat sich seiner Schwäche gerühmt. Weil erst dadurch die Kraft Gottes zur Vollendung gelangt. Auch ein Heiliger Franziskus wurde nur deshalb so wirksam, weil er so machtlos war. Und die Kraft Jesu entfaltet sich nirgends mächtiger als ohnmächtig am Kreuz.
Die einzige Macht, die nach dem Willen Jesu wirken darf, ist die Macht der Liebe. Zu Gott und den Mitmenschen.

Nach der Wahl ist vor der Wahl!
Wir wählen am 18. November eine neue Kirchenverwaltung. Ein demokratisches Gremium, das auch Macht ausübt.
Und doch merken Sie schon im Vorfeld den Unterschied: Es gibt keinen Wahlkampf und erst recht keinen Machtkampf.
Keiner drängt sich vor. Alle Kandidaten sind verdiente Leute, die mitten im Leben stehen. Mitten drin im Kirchenvolk. Nicht abgehoben. Menschen die sich in Verantwortung nehmen lassen aus Liebe zu ihrer Kirche. Und das rein  ehrenamtlich. Ganz nebenbei bemerkt: Mit Frau Miller, Frau Reiser und Frau Eisele haben wir überdies eine überragende Frauenquote von 75% in den Führungspositionen der Kirchenpflege erreicht.
Worum es der Kirchenverwaltung geht? Um die Temporalien der Kirche.
Temporalien sind die zeitlichen Güter. Wir alle wissen, dass es uns im Glauben um die ewigen Güter geht. Wir sind berufen als geistliche Menschen zu leben, aber wir leben doch mitten in der Welt.
Das Geistliche hat immer den Vorrang. Aber damit sind die zeitlichen Güter nicht unwichtig. Vielmehr ist es eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe mit weltlichem Eigentum geistlich umzugehen! Natürlich könnten wir auch notfalls im Freien Gottesdienst feiern, wie das in den armen Kirchen oftmals der Fall ist. Aber gerade heute an Kirchweih dürfen wir froh und dankbar sein, dass wir wissen, wo wir hingehen können und wo unser Glaube ein dichtes Dach über dem Kopf hat. Freilich nützen alle Gebäude nichts, wenn sie leer stehen. Dann verfallen sie. Darum kommt es vor allem darauf an, dass wir unsere kirchlichen Gebäude mit Leben erfüllen. Das ist dann die weitergehende Aufgabe unseres Pfarrgemeinderates.

Es ist ein Kompliment an die Aufgabe, dass nahezu alle Mitglieder unserer Kirchenverwaltungen sich bereit erklärt haben, wieder zu kandidieren. Und ich sage für ihren Einsatz während der letzten 6 Jahre ein herzliches Vergelt’s Gott! Zugleich ist es sicher gut, wenn sich auch neue Kandidaten finden, die sich für die Aufgaben der Kirchenverwaltung interessieren. Denn auch das ist bemerkenswert. Keiner unserer Gewählten klebt an der Macht. Unser gemeinsames Bestreben ist daher immer, auch jüngere Pfarrangehörige nachwachsen zu lassen.
Für Wahlvorschläge liegen darum in unseren Kirchen Formblätter aus, die Sie ganz einfach im Pfarrbüro abgeben.
Auf Meinungsumfragen und Politbarometer können wir bis zur Wahl getrost verzichten. Nur eine Bitte, gehen Sie zur Wahl und schenken Sie Menschen Ihr Vertrauen, die es sicher verdienen!

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